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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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So wird man glücklich
    Neben der Weisheit, daß Lammfleisch nur gut schmeckt, wenn es mit Knoblauch geschmort wird, und daß eine Dame sich nie am Kopf kratzt oder gar spuckt, trichterte meine Mutter meinen Schwestern und mir ein, es sei die unabänderliche Pflicht einer guten Hausfrau, dafür zu sorgen, daß ihr Gatte sich bei seiner Arbeit wohl fühlt. »Vergewissert euch, daß euer Mann den Beruf gewählt hat, der ihm liegt und der ihm Befriedigung verschafft, und nehmt freudig die Folgen in Kauf, die sich für euch daraus ergeben. Heiratet ihr einen Arzt, dann jammert nicht, weil er nicht pünktlich zu Tisch kommt wie ein Schuhverkäufer; heiratet ihr aber umgekehrt einen Schuhverkäufer, dann beklagt euch nicht, daß er weniger verdient als ein Arzt, sondern freut euch, daß seine Arbeitszeit feststeht.« So predigte die Mutter.
    Mutters Rat folgend, lasse man also seelenruhig seinen Gatten walten, wenn er eines Tages seine Beschäftigung in der Bank an den Nagel hängt und beschließt, sich seinen Lebensunterhalt fürderhin mit dem Polieren von Achaten zu verdienen. Man lerne ebenfalls Achate zu polieren; man trachte danach, alles Wissenswerte über Achate zu erfahren (und sie gegebenenfalls auch zu essen).
    »Das Wissen, bis ans Ende seiner Tage arbeiten zu müssen, ist bedrückend genug für einen Mann, auch ohne daß er sich noch zusätzlich mit der Erkenntnis herumschlägt, zu einer verhaßten Arbeit verdammt zu sein. Wie viele Männer grämen sich ihr Leben lang, weil sie ihren selbstsüchtigen Frauen zuliebe ihre Kräfte in stumpfsinniger Arbeit vergeuden.« Und Mutter belegte ihre weisen Lehren stets mit Beispielen. Da war der Bürstenmacher, der einmal monatlich an unsere Tür klopfte und Mutter erzählte, wie unsagbar glücklich er früher gewesen sei, als er sibirische Wölfe züchtete und in seinen Mußestunden in einem Symphonieorchester Geige spielte, bis er in einem Anfall geistiger Umnachtung Myrtle heiratete. Oder der Verkäufer in der Früchte- und Gemüseabteilung des A&P-Ladens, der seine Tage in glücklicher Genügsamkeit als Tierarzt vertändelte, bevor er eine Frau heiratete, die Tiere haßte, Früchte und Gemüse hingegen liebte. Ganz zu schweigen von den unzähligen Grubenarbeitern, die ihrem Verdienst in trostloser Abhängigkeit von den großen Gesellschaften nachgingen, weil ihre engstirnigen Frauen nicht gewillt waren, sich mit der finanziellen Unsicherheit eines selbständig erwerbenden Gatten abzufinden.
    »Na, wenn wir mal heiraten«, verkündeten wir, »können unsere Männer tun und lassen, was ihnen beliebt.« Und sie taten es auch.
    Diese »Ich-gehe-dahin-wo-Du-hingehst-tue-was-Du-tust-bin-was-Du-bist-und-werde-glücklich-sein-Philosophie« ließ sich bei Mutter wunderbar anwenden, denn sie begleitete meinen Vater, der Bergbauingenieur war, kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten und führte ein herrliches Leben. Bei mir sah die Geschichte etwas anders aus. Ich tat, wie Mutter uns geheißen, und ließ Bob die Beschäftigung wählen, von der er sich die größte Befriedigung versprach, stürzte mich voll Eifer und von ganzem Herzen mit ihm in die Verwirklichung seiner Pläne und fand mich leider Gottes dann irgendwo an der Küste des Stillen Ozeans, in der unwirtlichsten Ecke der Staaten, mit einem Zehn-Gallonen-Faß guten Whiskys, einigen sehr schmutzigen Indianern und vielen Hunderten gräßlich uninteressanter Küken.
    Irgend etwas stimmte da nicht. Entweder hatte Mutter ein wichtiges Kapitel überschlagen, oder der Fehler lag bei mir, denn Bob war glücklich bei seiner Arbeit, ich hingegen nicht.
    Ich brachte es einfach nicht fertig, Küken oder Indianer zu lieben und mein Leben in dieser unendlichen Wildnis zu genießen. Tag für Tag dachte ich verzweifelt: Was bin denn ich gegen zweieinhalb Millionen Morgen Land mit Bergen und Bäumen? Vielleicht hätte Mutter mit ihrem Pioniergeist Geschmack an diesem Leben gefunden. Vielleicht.
    Woher Mutter ihren Hang zum Pioniertum hatte, ist mir unerklärlich, denn mein gründliches Durchforschen der Familiengeschichte hat weder einen Nacheiferer Daniel Boones noch kühn in Planwagen gen Westen ziehende Familien oder unerschrockene Frauen, die zudringliche Indianer mit ihren Sonnenhüten aus dem Felde schlugen, zutage gefördert. Im Gegenteil, es scheint in unserem Familiennaturell eine gewisse Trägheit zu liegen. Wie ließe sich sonst erklären, daß so viele meiner Vorfahren das gesegnete Alter von siebenundachtzig oder gar

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