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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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dreiundneunzig Jahren erreichten?
    Mutters Vorfahren waren Holländer. Ten Eyck war ihr Name, und sie ließen sich im Jahre 1613 in New York nieder. Unter den Vorfahren meines Vaters fand sich das Geschlecht der Campbell. Die Campbells kamen von Schottland nach Virginia. Es waren alles nette, gut erzogene Leute ohne großen Wagemut oder besondere Abenteuerlust, wovon nur »Gammy«, meines Vaters Mutter, eine Ausnahme machte, denn sie trug ihre Korsetts verkehrt herum, den oberen Teil nach unten, und die Schuhe prinzipiell am falschen Fuß und heiratete einen Spieler mit gelben Augen. Der Spieler, James Bard of Bardstown in Kentucky, zog mit seinem Weib gen Westen, spielte Faro mit seinem Geld, dann mit dem seiner Frau und zu guter Letzt auch mit solchem, das von Rechts wegen seiner Gesellschaft gehört hätte, woraufhin er sich taktvoll aus dem Staube machte und in Zukunft totgeschwiegen wurde.
    Wir bekamen zwar diesen Großvater nie zu Gesicht, aber ob er’s wußte oder nicht, beeinflußte er unser Leben dessen ungeachtet in hohem Maße, da Gammy fest und treu an Vererbung glaubte und ganz besonders an Vererbung schlechter Eigenschaften. Mit Falkenaugen überwachte sie uns Kinder, ob nicht irgendwo die »erbliche Belastung« zum Vorschein käme. Sie lag meinem Vater wegen seines Spielerblutes dermaßen in den Ohren, daß er uns Kindern streng verbot, Karten anzurühren, nicht einmal Schwarzer Peter oder Alte Jungfer durften wir spielen, und obwohl es meiner Mutter nach vielen vergeblichen Versuchen schließlich gelang, ihm Sechsundsechzig auf Tausend beizubringen, starb er doch, ohne jemals eine Partie Bridge gespielt zu haben, eine Tatsache, um die ich ihn glühend beneide.
    Die Eintönigkeit der Familiengeschichte meiner Mutter nahm erst ein Ende, als sie Darsie Bard heiratete, den Lehrer ihres Bruders. Darsie Bard kam vom Westen und arbeitete, um sich das Geld für sein Studium in Harvard zu verdienen. Diese Eheschließung galt als äußerst peinlicher Zwischenfall in Mutters Familie, in deren Augen die Grenzen des Staates New York auch die Grenzen jeglicher Kultur bedeuteten und für die Leute aus dem Westen minderwertige Lebewesen waren, die das R über Gebühr rollten und sich ebenso gut dünkten wie andere Menschen. Mutters Mutter, die wir später »Liebe Großmama« nennen mußten, tobte, bekam auch Ohnmachts- und Wutanfälle, aber es nützte ihr nichts – Mutter verließ ihr Elternhaus, ohne mit der Wimper zu zucken, und begab sich mit ihrem Auserwählten, wie es Gott gewollt, nach Butte in Montana.
    Es war das Butte der Jahrhundertwende. Die große Zeit der Kupferkönige, da jedermann mit Leichtigkeit Millionär wurde, fünfunddreißigtausend Kumpels unter Tag schufteten und sich an jeder Ecke eine Schenke befand. Irische Dienstmädchen verwandelten sich über Nacht in Millionärsgattinnen und ließen sich zur Einrichtung ihrer Villen Innendekorateure aus Frankreich kommen. Rasenflächen wurden stückweise herbeigeschafft und gehegt und gepflegt wie Orchideen, damit sie in der schwefelhaltigen Luft gediehen. Perserteppiche sah man als Zeichen von Wohlstand und Vornehmheit an, weshalb bis zu dreien übereinander auf dem Fußboden ausgebreitet und weitere Vorräte stapelweise in Estrichkammern verstaut wurden. Südländische Herrensitze, Französische Schlösser, Walisische Steinvillen, Englische Fachwerkhäuser, Schweizer Chalets und amerikanische Bungalows schossen aus dem Boden, um den reichen Iren als Wohnstätten zu dienen. Jedermann war freundlich, lebte auf großem Fuße und unterhielt regen gesellschaftlichen Verkehr. Zu Ehren von Mutters Ankunft wurde im Silver Bow Club ein kleines Fest veranstaltet, und Mutter nahm erstaunt zur Kenntnis, daß die Damen der Stadt Pariser Modelle trugen und sich wie Frauenzimmer schminkten. Mutter war in dem Glauben erzogen worden, daß, kam man mit grünlicher Gesichtsfarbe zur Welt, der Gedanke an den Gebrauch von Rouge als einer Dame unwürdig weit wegzuschieben, die grünliche Gesichtsfarbe als Unglück hinzunehmen und die zukünftige Lebensaufgabe darin zu sehen war, armen Leuten Wohltaten zu erweisen. So war Mutter erzogen, aber Gott sei Dank verzichtete sie darauf, diesen Unsinn weiterzugeben. Dank der Vorsehung, die sie mit blühendem Teint ausgestattet hatte, kam sie gar nicht in Verlegenheit, ihren kindlichen Gehorsam in dieser Beziehung auf die Probe zu stellen, aber es verschaffte ihr eine gewisse Genugtuung, daß die Damen von Butte – und es gab eine

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