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Das einzige Kind

Das einzige Kind

Titel: Das einzige Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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hatten doch abgemacht, daß Glenns Fahrrad im Keller eingeschlossen wird.«
    »O verdammt. Das habe ich ganz vergessen.«
    Er machte ein beschämtes Gesicht und betastete einen riesigen Pickel an seinem linken Nasenflügel.
    »Hör mal, Christian«, sagte die Heimleiterin und setzte sich mit geradem Rücken und zusammengepreßten Knien neben ihn.
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    »Dieses Haus wird von der Heilsarmee betrieben. Wir geben uns alle Mühe, den Kindern ihre Gossensprache abzugewöhnen.
    Warum fällt es dir so schwer, meinen Wunsch, nicht immer diese Flüche hören zu müssen, zu respektieren? Verstehst du nicht, daß du mich im Grunde jedesmal beleidigst, wenn du solche Wörter benutzt? Kinder sind Kinder. Du bist ein Erwachsener, der Rücksichtnahme gelernt haben sollte. Kannst du das nicht einsehen?«
    »Tut mir leid«, murmelte er betreten, und plötzlich platzte der Pickel. Gelber Eiter quoll heraus, und Christian starrte seinen Zeigefinger fasziniert an.
    »Himmel und Ozean«, stöhnte Agnes, erhob sich und wollte gehen.
    Während sie ihren Mantel anzog, drehte sie sich zu Maren um, die sich durch den kleinen Auftritt nicht von ihrem Krimi hatte ablenken lassen.
    »Ich muß bald unter vier Augen mit dir sprechen«, sagte Agnes und fügte – mit einem Blick auf Christian, der noch immer darüber staunte, wieviel Eiter doch in einen Pickel paßte
    – hinzu: »Wir müssen über die Dienstpläne für Februar und März reden. Kannst du einen Vorschlag ausarbeiten?«
    »Mhm«, sagte Maren und legte ihr Buch für einen Moment beiseite.
    »Es wäre schön, wenn du das bis morgen schaffen könntest.
    Dann sprechen wir morgen nachmittag darüber.«
    Maren schaute wieder auf, lächelte und nickte.
    »Alles klar, Agnes. Der Vorschlag ist morgen nachmittag fertig. Kein Problem. Gute Nacht.«
    »Wünsche ich euch auch. Gute Nacht!«
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    Es war eine prachtvolle Villa. Die Mittel für die Renovierung hatten zwar nicht ausgereicht, um die ursprünglich achtfach unterteilten Fenster im Erdgeschoß zu erneuern, weshalb sie durch Plastikfenster mit aufgeklebten Sprossen ersetzt worden waren, aber trotzdem prangte das Haus stolz mit seinen spitzen Giebeln hinten in seinem großen Grundstück. Es war aus beige verputzten Steinen, die grünen Holzverkleidungen jedoch gaben ihm ein Schweizer Gepräge. Vor fünf Jahren waren die beiden Stockwerke neu aufgeteilt worden; nun gab es zwei
    Wohnzimmer, einen Besprechungsraum, Küche, Bad,
    Waschküche und ein Zimmer, das sie Bibliothek nannten, das im Grunde aber eine Art Archiv war. Im ersten Stock gab es für die Kinder sechs Schlafzimmer, aber einige davon waren für zwei Personen eingerichtet, und deshalb dienten derzeit zwei Einzelzimmer als Schulzimmer und als zusätzlicher
    Aufenthaltsraum. Außerdem gab es noch ein Schlafzimmer für Angestellte. Das Arbeitszimmer der Heimleiterin lag am Ende des Ganges, rechts von der Treppe. Gegenüber befanden sich ein großes Badezimmer mit Wanne und ein kleineres mit Dusche und Toilette. Außer den beiden gut ausgenutzten Stockwerken gab es noch einen Keller und einen hohen, geräumigen Dachboden. Nach einer Feuerwehrinspektion waren vor einigen Jahren an den Fenstern jeweils am Ende des Flurs Leitern angebracht und jedes Schlafzimmer mit einer Rettungsleine versehen worden.
    Die Kinder liebten Feuerübungen. Alle, außer Kenneth.
    Und jetzt Olav. Kenneth saß mitten auf dem Gang, weinte und klammerte sich an den an der Wand befestigten Feuerlöscher.
    Olav stand breitbeinig und sauer da, die Unterlippe weiter vorgeschoben als sonst.
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    »Ja Scheiße«, sagte er wütend. »Ich rutsch doch nicht die Scheißleine runter!«
    »Dann nimm die Leiter«, schlug Maren vor. »Die Leiter ist nicht so schlimm. Und hör endlich mit dem Fluchen auf. Jetzt bist du schon seit drei Wochen hier, und dein ganzes Taschengeld ist dafür draufgegangen.«
    »Na los, Olav!«
    Terje stupste Olav in den Rücken. Terje war Anfang Dreißig und auf dem Papier stellvertretender Heimleiter.
    »Ich gehe vor dir her. Oder, besser gesagt, unter dir. Wenn du fällst, kann ich dich gleich auffangen. Okay?«
    »Ja Scheiße«, sagte Olav und trat einen Schritt zurück.
    »Ich wette zehn Kronen, daß der Trottel sich nicht traut«, rief Glenn von draußen hoch, er war schon viermal nach unten und wieder nach oben geklettert.
    »Was soll denn aus dir werden, wenn es brennt?« fragte Terje.
    »Willst du dann mit verbrennen?«
    Olav starrte ihn haßerfüllt an.
    »Das kann dir doch egal sein!

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