Das Elfenportal
Predigt über redliches Finanzgebaren und mieterseitige Pflichten. Herrgott, wie gern er diese knackige kleine Rede zum Besten gab. Der Gerichtsvollzieher wusste, was sich gehörte, und zerrte sie erst von Brimstones Bein weg, als er damit fertig war. Prächtig. Wäre ihr kleiner Hund nicht gewesen, hätte es seine beste Zwangsräumung aller Zeiten sein können. Ihr kleiner Hund hatte ihm auf den Schuh gepinkelt.
Die Männer des Gerichtsvollziehers brachten die Besitztümer der Witwe in sein Büro. Nicht dass sie viel besessen hatte, aber er stöberte gern in den Sachen seiner Mieter herum und machte alles kaputt, was nach persönlichen Erinnerungsstücken aussah. Die junge Witwe war wie alle anderen – sie hatte nichts als ein paar jämmerliche Fetzen Kleidung, eine Garnitur anständiges Kochgeschirr, ein paar billige Schmuckstücke. Aber dann stand da noch diese Holztruhe, die von weit besserer Qualität als ihre sonstige Habe war. Sie war mit Metallbändern beschlagen und mit einem Vorhängeschloss gesichert.
»Was ist das?«, fragte Brimstone einen der Männer des Gerichtsvollziehers misstrauisch.
»Keine Ahnung«, sagte der Mann gleichgültig. »Sie hat gesagt, dass wir sie nicht mitnehmen dürfen, weil sie ihr nicht gehört. Weil sie sie für ihren Onkel aufhebt oder so. Aber wir haben sie trotzdem mitgenommen.«
»Recht so«, lobte Brimstone ihn. Er betastete das Vorhängeschloss mit plötzlichem Interesse.
Das Schloss bereitete ihm einen Haufen Ärger, nachdem der Mann des Gerichtsvollziehers gegangen war. Es war zu sorgfältig gearbeitet, um es mit einem Dietrich zu öffnen, und die Metallbänder um die Truhe herum waren nicht aus Eisen, wie er zunächst vermutet hatte, sondern aus einem weit härteren Metall. Es strömte sogar eine Sicherheitsladung durch das Holz, so dass man es nicht einschlagen konnte, ohne beträchtliche Verletzungen zu riskieren. Brimstone musste die Ladung abfließen lassen, bevor er die Truhe in Angriff nehmen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war ihm natürlich bereits klar, dass sie etwas Wertvolles enthalten musste. So viel Aufwand betrieb niemand, bloß um seine Wäsche zu verstauen.
Als die Truhe sämtlichen anderen Versuchen trotzte, investierte Brimstone ein Stück Feuerstein, das das Schloss zu einem Stück Schlacke verbrannte, den Rest der Truhe jedoch unbeschädigt ließ. Es dauerte beinahe eine halbe Stunde, bis es so weit abgekühlt war, dass es sich anfassen ließ, und bis dahin pochte ihm das Herz vor Aufregung. Was hatte die Witwe darin verwahrt? Gold? Edelsteine? Familiengeheimnisse? Kunstgegenstände? Was auch immer, Brimstone wollte es haben. Dennoch hatte er, bevor er den Deckel hochklappte, nicht die geringste Ahnung, wie sehr er es haben wollte.
Als er in die Truhe starrte, traute er buchstäblich seinen Augen nicht. Das Buch lag auf einem Bett aus Stroh. Es war fest mit einem bernsteinfarbenen Band verschnürt, aber er konnte die abgeblätterten Lettern trotzdem lesen: Das Buch Beleth .
Brimstone zitterten die Hände, als er in die Truhe griff. Um sich zu beruhigen, atmete er mehrmals tief durch. Es mochte sich um eine Fälschung handeln. Der Himmel wusste, dass genug in Umlauf waren – er selbst hatte zwei bei Händlern erworben, die sich als hundsgewöhnliche Betrüger entpuppten. Aber als er das Band abstreifte und die Buchdeckel öffnete, wusste er sofort, dass es sich um das Original handelte. Das Siegel war braun und rissig vom Alter. Die handgeschriebenen Lettern waren von altertümlicher Art, die Tinte auf glaubwürdige Weise verblasst. Aber am bedeutsamsten war der Inhalt. Brimstone wusste genug über Magie, um die darin beschriebenen Rituale als authentisch zu erkennen. Er hatte es endlich gefunden! Er hatte Das Buch Beleth gefunden!
Drei Tage und drei Nächte lang hatte Brimstone das Buch nun studiert. Er verweigerte bis auf ein wenig Schleimsuppe jede Nahrung und enthielt sich sämtlicher starker Getränke. Dieses eine Mal gestattete er Chalkhill, die Geschäfte ohne seine Einmischung zu führen. In so kurzer Zeit konnte nicht einmal dieser Trottel viel Geld verlieren; und selbst wenn, so würde Brimstone es leicht wieder hereinholen, nun da er Das Buch Beleth besaß. Es war das Tor zur Hölle und der Schlüssel zum Reichtum. Wer Das Buch Beleth besaß, dem gehörte alles Gold der Welt. Was für eine Närrin diese Witwe war. Wenn sie nur gewusst hätte, was sie da aufbewahrt hatte, hätte sie die Miete tausendmal bezahlen können. Sie hätte
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