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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schaar
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Derartige Dienste und GPS-Geräte werden mit beachtlichem Erfolg vermarktet, etwa um Speditionen beim Flottenmanagement zu unterstützen. Anzunehmen ist allerdings, dass diese Techniken auch von eifersüchtigen Ehepartnern und von Privatdetektiven zur heimlichen Überwachung verwendet werden.
    Die von den Mobilfunkbetreibern an LBS-Anbieter übermittelten Lokalisierungsdaten dürfen nur mit Einwilligung der Teilnehmer verwendet werden. Diese gesetzliche Vorgabe schließt aber nicht aus, dass Lokalisierungsdienste missbräuchlich verwendet werden. Niemand kann etwa garantieren, dass der Dienst »Track Your Kid« wirklich nur zur Bestimmung des Aufenthaltsorts eines Kindes und nicht zur Kontrolle des Ehepartners eingesetzt wird. Wenn Privatpersonen heimlich den Aufenthaltsort anderer mit technischen Mitteln feststellen, ist dies nicht strafbar. So muss jemand, der aus reiner Neugier ein GPS-Ortungsgerät am Auto seines Nachbarn befestigt, nicht mit Bestrafung rechnen. Anders verhält es sich allerdings bei der Nutzung von Lokalisierungsdaten durch Unternehmen. Die geschäftsmäßige oder sogar gewerbliche Verarbeitung dieser Daten ohne Einwilligung der Betroffenen würde gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen und könnte mit Bußgeldern geahndet werden.
    Strittig ist vor allem die Nutzung von Lokalisierungsinformationen durch staatliche Stellen. Eine Stadtverwaltung, die Besuchern per Handy einen ortsgebundenen touristischen Informationsdienst zur Verfügung stellen will, muss sich um die Einwilligung der Betroffenen bemühen. Besonders prekär ist die heimliche Ortung durch Strafverfolgungsbehörden, Polizei und Nachrichtendienste, denn hier scheiden auf Einwilligung beruhende Lösungen aus.
    Können wir uns gegen die unerwünschte elektronische Feststellung unseres Aufenthaltsorts noch wehren? Im Zweifel nur, wenn wir auf die Segnungen der jederzeitigen Erreichbarkeit verzichten. Ein ausgeschaltetes Mobiltelefon sendet auch keine Standortdaten. Wenn wir ein neues Mobiltelefon kaufen, sollten wir uns überlegen, ob uns die eingebaute GPS-Ortung wirklich so wichtig ist.
    Bei der Weiterentwicklung der mobilen Informationstechnik sollte zudem deutlicher zwischen Kommunikations- und Ortungsfunktionen unterschieden werden. Mobile Netze lassen sich so ausgestalten, dass die Erreichbarkeit auch ohne genaue Standortbestimmung möglich ist. Zudem muss der Nutzer selbst kontrollieren können, ob, wann und durch wen sein Standort festgestellt wird. So ist es durchaus sinnvoll, dass der Autofahrer selbst darüber entscheidet, ob und in welchen Situationen ein ins Fahrzeug eingebautes Notrufsystem aktiv geschaltet wird. Auch hier geht es letztlich um die Frage, wie weit wir uns auf eine »fürsorgliche Überwachung« einlassen wollen.

2.5 Überall im Bild: Videoüberwachung
     
    Videokameras sind die sichtbarsten Symbole umfassender Überwachung. Eindrucksvolle Fotos von Videoüberwachungseinrichtungen zieren die Covers vieler einschlägiger Broschüren. Überall begegnen uns auch Piktogramme mit stilisierten Kameras, und wir werden darauf hingewiesen, dass Bahnhöfe, Tankstellen, Blumenbeete und sogar Toiletten »videoüberwacht« werden. Die damit suggerierte Sicherheit ist vielfach nicht mehr als ein leeres Versprechen.
    Als vor einigen Jahren in Großbritannien die Bilder einer Überwachungskamera dazu beitrugen, die minderjährigen Mörder eines Kleinkindes zu identifizieren, galt dies als Beweis dafür, dass die Videoüberwachung unsere Sicherheit erhöht. Seitdem hat die Videoüberwachungsdichte um ein Vielfaches zugenommen. Sämtliche Straßen der Londoner City werden durch Videokameras beobachtet. Ob damit allerdings wirklich ein erhöhtes Maß an Sicherheit verbunden ist, darf bezweifelt werden. So wurden die mit Explosivstoffen gefüllten Fahrzeuge, die im Sommer 2007 vor Londoner Nachtclubs abgestellt worden waren, nicht etwa durch Videokameras, sondern durch aufmerksame Mitmenschen entdeckt. Schließlich sprechen auch Kriminalstatistiken gegen die These, umfassende Überwachung führe zu umfassender Sicherheit. 19
    Unabhängig von derartigen Zweifeln schreitet der Ausbau der Videoüberwachung weiter voran. Ob auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Ladenpassagen, Kaufhäusern oder Schalterhallen von Banken, überall müssen wir damit rechnen, ins Blickfeld von Videosystemen zu geraten. Derartige Systeme sind mehr als ein »verlängertes Auge« des Sicherheitspersonals oder der Polizei, denn die Videoaufnahmen

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