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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schaar
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gefährdete Bereiche beschränken. Pauschalen Forderungen nach »mehr Videoüberwachung« sollten wir mit Fragen nach ihrem Sinn und Zweck und den Nebenwirkungen begegnen. Was spricht beispielsweise dagegen, sich beim Restaurantbesitzer danach zu erkundigen, warum eine Videokamera auf den Gastraum gerichtet ist und wo die Aufnahmen landen? Und wer hindert uns daran, den Bürgermeister danach zu befragen, wie sich das auf dem Marktplatz installierte Überwachungssystem tatsächlich auf die Sicherheit auswirkt? Wer Überwachung will oder durchführt, ist beweispflichtig, denn er greift damit in unsere Rechte ein.

Revolution der Videotechnik
     
    Die ersten, in den Siebzigerjahren eingeführten Videokameras dienten der Verkehrssteuerung und erlaubten lediglich Übersichtsaufnahmen. Dann wurden die Eingangs- und Schalterbereiche wichtiger öffentlicher Gebäude und Banken mit Videotechnik ausgestattet. Es folgten Geschäfte und Einkaufspassagen, öffentliche Verkehrsmittel, Taxis und Restaurants, Bars oder Hotelfoyers. Selbst in Schulen, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern sind heute bisweilen Videokameras installiert. In Schwimmbädern reicht die Überwachung bis in die Umkleidekabinen.
    Die Videotechnik bietet immer neue Einsatzmöglichkeiten. Anders als ihre schuhkartongroßen Vorläufer sind Videokameras heute klein und unauffällig. Für die Überwachung großer Räume werden sogenannte »Dome-Kameras« eingesetzt, voll schwenkbare Systeme mit starker Zoomfunktion, die noch auf hundert Metern winzige Details erkennen können. Geschäfte setzten in früheren Zeiten vor allem auf den Abschreckungseffekt der Videoüberwachung, bisweilen sogar durch Einsatz von Kameraattrappen. In Großbritannien wurden zudem im Frühjahr 2007 Versuche gestartet, Minihubschrauber (»Mikrodrohnen«) mit Videokameras auszustatten, die den öffentlichen Raum lautlos überwachen und einzelne Personen gezielt observieren können. Derartige Komplettsysteme sind bereits auf dem Markt erhältlich.
    Moderne Videosysteme arbeiten digital und nicht mehr analog. Damit fällt ein wesentliches Motiv für eine frühzeitige Löschung der Videoaufnahmen weg. Waren analoge Überwachungssysteme allein wegen ihrer beschränkten Speicherkapazität so ausgelegt, dass die Daten nach einigen Stunden oder wenigen Tagen überschrieben wurden, besteht diese Restriktion bei digitalen Speichermedien praktisch nicht mehr. Heute können die Aufnahmen über Monate und Jahre gespeichert bleiben, und dies zu äußerst geringen Kosten.
    Wenn Videokameras mit Computersystemen gekoppelt werden, können die Beobachtungen zudem elektronisch ausgewertet werden. In mehreren Bundesländern werden bereits Systeme eingesetzt, welche die Kraftfahrzeugkennzeichen aller vorbeifahrenden Fahrzeuge mit dem Fahndungssystem abgleichen und im Falle eines Treffers Alarm geben. Auch wenn eine derartige Fahndungsmaßnahme für sich genommen nicht allzu tief in den Datenschutz eingreift, ist sie doch problematisch. Es entsteht nämlich eine neue Infrastruktur, die – bei geringfügiger Änderung der Systemkonfiguration – eine Massenüberwachung ermöglicht. Dass es sich dabei nicht um die ausufernde Phantasie eines notorischen Datenschützers handelt, belegen entsprechende Vorschläge aus Großbritannien: Der britische Verband leitender Polizeibeamter forderte bereits 2005 eine landesweite Vernetzung von Kfz-Kennzeichenlesern, wobei jeweils die Kamerasysteme der Polizei, örtlicher Behörden, des britischen Straßenverkehrsamtes sowie private Überwachungsanlagen zusammengeschaltet würden, einschließlich der Kameras in Stadtzentren und Einkaufszonen. Die Daten sollen nicht nur mit Fahndungsdateien abgeglichen werden, sondern darüber hinaus für mehrere Jahre gespeichert bleiben. An der Umsetzung dieses Projekts wird bereits gearbeitet.
    Es ist zu befürchten, dass auch bei uns bald entsprechende Vorhaben zur Dauerbeobachtung lanciert werden. Umso wichtiger ist es, bereits bei der Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur kritisch hinzuschauen und nachzufragen. Sind die Überwachungssysteme erst einmal installiert, wachsen auch die Begehrlichkeiten, wie das nachfolgende Beispiel der Autobahnmaut zeigt.

Vom Mautsystem zum Fahndungsinstrument?
     
    Mautsysteme sollen den Verkehr besser steuern und diejenigen zur Kasse bitten, die öffentliche Straßen besonders in Anspruch nehmen. Ein solches Vorhaben erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. Protest regt sich vor allem gegen

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