Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Ursachen und Wirkungen dieser Krise
verhindert haben.
Wir wollen gleich zu Beginn betonen, dass wir keinem speziellen Wirtschaftswissenschaftler anhängen. Fast jede ökonomische
Denkrichtung kann einen Beitrag zur Erklärung der jüngsten Krise leisten, weshalb wir uns in unserer Analyse auf ein breites
Spektrum von Autoren beziehen. Keynes hat in diesem Zusammenhang genauso seinen Platz wie viele andere. In diesem Buch bringen
wir vielmehr unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass ein Verständnis und eine Bewältigung der Krise einen ganzheitlichen |16| Ansatz erfordern. Wir müssen die Ideologie an der Garderobe abgeben und das Thema aus einer weniger leidenschaftlichen Sicht
betrachten. Krisen können viele Formen annehmen, und was in einer Situation greift, muss in einer anderen noch lange nicht
funktionieren.
Dieser Pragmatismus bestimmt auch unsere Einschätzung, was die Zukunft des Finanzsystems betrifft. Was sollte uns mit Blick
auf diese Zukunft beispielsweise größere Sorgen bereiten: die Inflation oder die Deflation? Was sind die langfristigen Folgen
von politischen Maßnahmen wie Konjunkturprogrammen oder gar Notfallmaßnahmen, wie sie die Notenbanken der Vereinigten Staaten
und anderer Länder eingeführt haben? Welche Zukunft hat das angelsächsische Modell des ungezügelten Laissez-faire-Kapitalismus?
Wie sieht die Zukunft des US-Dollars aus? Markiert die gegenwärtige Krise den Anfang vom Ende des amerikanischen Imperiums
und den Aufstieg Chinas und anderer Schwellenländer? Wie lässt sich das Weltwirtschaftssystem reformieren, um den Schaden
künftiger Krisen zu begrenzen? Mit diesem Buch erheben wir den bescheidenen Anspruch, Antworten auf diese Fragen zu finden,
indem wir die jüngste Krise vor dem Hintergrund anderer Krisen betrachten, die sich im Laufe der Jahrhunderte in aller Welt
ereignet haben. Wirtschaftskrisen nehmen einen ähnlichen Verlauf und haben absehbare Folgen. Sie sind sehr viel verbreiteter
und umfassender, als wir uns gern glauben machen. Auf den folgenden Seiten werden wir uns zwischen Vergangenheit und Gegenwart
hin und her bewegen, um zu zeigen, dass die eben formulierten Fragen im Zusammenhang früherer Krisen bereits gestellt und
beantwortet wurden.
Gleichzeitig wollen wir einige bedrohlich klingende und oft missverstandene wirtschaftliche Konzepte erläutern, wie beispielsweise:
Moral Hazard, Hebelung, Runs, Regulierungsarbitrage, Leistungsbilanzdefizit, Schuldverbriefung, Deflation, Kreditderivate,
Kreditklemme, Liquiditätsfallen und so weiter. Wir hoffen, dass auf diese Weise möglichst viele Leser von diesem |17| Buch profitieren, nicht nur Finanzexperten der Börsen und Banken, sondern auch Führungskräfte im In- und Ausland, Studierende
der Wirtschafts- und Finanzwissenschaften, Politiker und politisch interessierte Bürger, vor allem aber gewöhnliche Anleger
in aller Welt, die sich zu ihrem Schaden in den Wirren der internationalen Finanzordnung verheddern.
*
Dieses Buch spannt einen direkten Bogen von der Geschichte früherer Krisen und den Wirtschaftswissenschaftlern, die sie analysiert
haben, über die tiefen Wurzeln der aktuellen Krise und die Art und Weise, wie sich diese Katastrophe nach einem ausgesprochen
vorhersehbaren Muster entwickelt hat, das ihren überlieferten Vorgängern entspricht, bis in die Zukunft. Es legt die dringend
nötigen Reformen des Finanzsystems dar und bewertet die Wahrscheinlichkeit weiterer Krisen in den kommenden Jahren. Im ersten
Kapitel nehmen wir unsere Leser mit auf eine Reise durch die Geschichte. Wir beginnen mit einem Überblick über die vielen
Booms, Spekulationsblasen und Krisen, die in der Vergangenheit die Wirtschaft heimgesucht haben. Dabei gilt unser besonderes
Augenmerk dem speziellen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krise. Wir beginnen mit dem Tulpenwahn, der Holland in den
1630er Jahren erfasste, und gehen von da aus weiter über die South Sea Bubble des Jahres 1720 zur ersten globalen Finanzkrise
des Jahres 1825 und beschreiben schließlich die Krisen des 20. Jahrhunderts: die Panik von 1907, die Weltwirtschaftskrise
der 1930er und die vielen Krisen in Schwellenmärkten und höher entwickelten Volkswirtschaften seit den 1980er Jahren. Wir
zeigen, dass Krisen keineswegs die unerwarteten Ausreißer sind, als die sie die modernen Wirtschaftswissenschaften gern darstellen.
Sie sind auch keine seltenen »schwarzen Schwäne«, um einen
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