Das Ende des Dollar-Privilegs
Staaten Anfang 1973 beschlossen, um weitere zehn Prozent abzuwerten, wuchs der Druck auf schwache europäische Länder und Italien war gezwungen, sich zurückzuziehen.
WACHABLÖSUNG
Bis zum März 1973 war klar geworden, dass die Vereinigten Staaten kaum noch so taten, als würden sie den Dollar stabilisieren wollen. Edward Heath, dessen auffallendste Leistung als Premierminister darin bestanden hatte, dass er das Vereinigte Königreich in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gebracht hatte, reiste zu Gesprächen über dieses Thema nach Bonn. Da das Pfund kurz zuvor aus der Schlange geflogen war, bat Heath Deutschland um Hilfe bei der Lösung des Währungsproblems und bezeichnete diese Hilfe als „gemeinsame europäische Antwort“. Vermutlich hatte er im Sinn, dass Deutschland seine Dollarreserven dafür einsetzen würde, das Pfund zu stützen. Brandt reagierte darauf mit der Aufforderung, Heath solle sich erst für die Stabilisierung des Pfunds gegenüber den anderen europäischen Währungen einsetzen, indem er der Schlange wieder beitrat. So gerieten die beiden Seiten in eine Sackgasse. Heath und seine Berater waren nicht bereit, eine Wechselkursabsprache der Art zu treffen, wie sie in der Vergangenheit schon öfter zusammengebrochen war, wenn Deutschland keine unbegrenzte Unterstützung versprach. 119 Aber Brandt und sein Finanzminister Helmut Schmidt waren nicht bereit, dem Pfund unbegrenzte Unterstützung zu gewähren, weil sie befürchteten, dadurch würden sie bloß die britische Inflationspolitik bestätigen. Das sollte nicht das letzte Mal sein, dass diese spezielle Pattsituation eintrat. Als der Dollarkurs im März 1973 frei zu schweben begann, einigten sich die verbliebenen Mitglieder der Währungsschlange auf gemeinsam gegen den Dollar schwebende Wechselkurse. Da es kein Abkommen über die Zusammenlegung von Reserven oder die allgemeine politische Richtung gab, wurde das System von Deutschland gelenkt. Die Bundesbank legte die Zinsen fest und andere Notenbanken folgten ihr. Aber wenn die Bundesbank in die eine Richtung zog und gewisse Regierungen in die andere, konnte es zu akuten Spannungen kommen. Als 1973 die Rohstoffteuerung zunahm, zog die Bundesbank die Zinsschraube an. Da Frankreich nicht mitmachen wollte, erlitt es Kapitalabflüsse und war 1974 gezwungen, aus der Schlange auszusteigen. Zwar trat es 1975 wieder ein, aber 1976 trat es wieder aus. Jedes Mal warf Frankreich Deutschland vor, es passe seine Politik nicht an allgemeinere europäische Bedürfnisse – anders gesagt französische Bedürfnisse – an. Die Deutschen warfen den Franzosen mangelhafte Disziplin vor.
All das entmutigte den Vorkämpfer der europäischen Integration, der die Währungsschlange als Schritt in Richtung Währungsunion gesehen hatte. Der ehemalige Finanzminister Helmut Schmidt, der 1974 die Kanzlerschaft übernahm, nachdem ein enger persönlicher Berater von Brandt als ostdeutscher Spion enttarnt worden war, war überzeugter Europäer. Außerdem kannte sich Schmidt gründlich mit der Wirtschaft aus, weil er Volkswirtschaft studiert hatte und nach der Universität in der Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg gearbeitet hatte. Jetzt sah er in einer Übereinkunft zur Stabilisierung der Währungen einen Weg zur tieferen europäischen Integration. Außerdem sah er das als Möglichkeit, die wirtschaftliche und finanzielle Dominanz Deutschlands herunterzuspielen, die anderswo in Europa auf Ablehnung stieß. Den deutschen Exporteuren konnte Schmidt ein Währungsabkommen als Schutz vor weiteren Einbußen der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund von Aufwertungen der D-Mark verkaufen. Fragte sich nur, ob er es auch der Bundesbank würde verkaufen können.
Schmidts französischer Kollege Valéry Giscard d’Estaing wurde Staatschef, als Pompidou 1974 plötzlich an einem Lymphom verstarb. Giscard war ein Modernisierer. In der Wahlnacht hatte er beim politischen Establishment Anstoß erregt, weil er seinen Gegner, den Sozialisten François Mitterrand, nicht nur auf Französisch, sondern auch auf Englisch gegrüßt hatte. Er wies die männlichen Gäste seiner Amtseinführung an, gewöhnliche Anzüge anstelle der traditionellen gestreiften Hosen zu tragen, und bei der Ankunft im Elysée-Palast nahm er eine einsatzfähige Armee-Einheit statt der Republikanischen Garde mit ihren Silberhelmen ab.
Und jetzt wollte er einen ähnlichen Pragmatismus in Währungsangelegenheiten einführen. Giscard hatte
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