Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
dass er sein Verhalten nicht kontrollieren konnte.
Entschlossen gab sich Frank eine neue Essstruktur. Für ihn war es optimal, drei bis vier Varianten für die Hauptmahlzeiten zu haben, die ihn satt machten, und gleichzeitig alle fett- und zuckerreichen Speisen zu streichen. Er zählte keine Kalorien, achtete aber viel mehr auf die richtige Portion. Um sich vor Fressattacken zu schützen, achtete er darauf, spätestens nach drei Stunden eine Mahlzeit oder eine angemessene Zwischenmahlzeit zu sich zu nehmen. Außerdem lehnte er Einladungen ab, die ihn von seinem Vorhaben ablenken konnten. »Wenn man einen festen Rahmen hat, kann die Versuchung sich nicht dazwischenschleichen«, meint Frank, als er sein Grundprinzip erklärt.
Für ihn war es zudem eine persönliche Herausforderung, seinen Essdrang in den Griff zu bekommen. Er wollte gewinnen. Wie Penny sorgte Frank dafür, Essen mit starken Emotionen zu belegen. Beide legten sich ein ureigenes Drehbuch für ihr Essverhalten
zu und lernten damit, ihr Essen zu genießen und dabei ein gutes Gefühl zu haben–nicht nur vorübergehend wie bei geschmacksoptimierten Lebensmitteln, sondern langfristig.
Die New Yorker Diätberaterin Jordon Carroll versucht, ihre Klienten genau auf dieses Verhalten einzuschwören. [Ref 239] Sie hilft ihnen, kontrolliert und mit Genuss zu essen, ohne sich von Hinweisreizen, Stress und gesellschaftlichen Erwartungen ablenken zu lassen. Darum fordert sie die Ratsuchenden auf, nie zu sagen: »Ich halte gerade Diät.« Diese Einstellung steht nämlich für eine vorübergehende Einschränkung, während sie die Menschen dazu bringen will, ihr Verhalten dauerhaft umzustellen.
Carroll hat sich zwar nie mit den biologischen Hintergründen des konditionierten Überessens beschäftigt, verstand jedoch sofort, worum es ging, als ich ihr das Konzept beschrieb. »Wenn wir einem Objekt mehr Macht einräumen, behält es immer seine Macht über uns«, sagt sie.
Ihre Methoden zielen darauf ab, diese Macht durch einen persönlichen Ernährungsplan zu verringern. Für diesen Plan erkundigt sie sich zunächst nach den üblichen Arbeitsabläufen ihrer Kunden, beobachtet diese einige Stunden im Büro oder sieht auch mal zu, wie ein Börsenmakler in der New Yorker Börse über das Parkett hetzt. Außerdem sucht sie in ausführlichen persönlichen Gesprächen mit ihren Kunden nach individuellen Stressfaktoren und Schwächen. Auf dieser Grundlage stellt Carroll mit ihren Klienten Ernährungspläne zusammen, die so einfach und klar strukturiert sind, dass sie schnell in Fleisch und Blut übergehen. »Die Struktur lässt keinen Raum fürs Chaos«, erklärt sie.
Ihre Faustregel lautet: »Kleine Portionen und nichts zwischendurch. « Dazu schult sie den Blick für die Portionsgröße, bis die Leute in der Lage sind, etwa 60 Gramm Eiweiß zum Frühstück, 70 bis 120 Gramm zum Mittag und 120 bis 180 Gramm abends zu essen (120 Gramm für Frauen, 180 für Männer). Zusätzlich gibt es täglich vier Portionen Obst und Gemüse, und zwar jeweils eine halbe Tasse voll. So verhilft Carroll ihren Kunden dazu, immer die passende Menge zu sich zu nehmen.
»Und wenn mir der Kellner eine 300 Gramm Portion bringt?«, frage ich.
»Dann schneiden Sie ein Drittel ab und lassen es zurückgehen. Legen Sie es nicht auf einen anderen Teller, sondern lassen Sie es verschwinden.«
Das ist ein relativ flexibler Ansatz, denn man darf auch gern mittags mehr und abends weniger essen, sobald man die Portionsgröße richtig einschätzen kann. Und was ist mit der gelegentlichen Pizza oder einem Besuch bei Kentucky Fried Chicken? Anfangs lieber nicht, meint Carroll, aber auf die Dauer ist auch das wieder möglich, wenn man auf eine vernünftige Menge achtet.
Auch bei Carroll kommt es darauf an, dass die Ernährung auf den Einzelnen zugeschnitten ist. »Ernährung ist sehr individuell«, erklärt sie und betont, dass niemand etwas essen muss, was er nicht mag, oder für immer auf seine Leibspeisen verzichten soll. Andererseits müssen wir unseren wunden Punkt erkennen. Der eine kann sich vielleicht mit einem oder zwei Keksen begnügen, doch wer damit rechnen muss, die ganze Packung zu essen, fängt lieber gar nicht erst an. Letztendlich müssen Menschen, die zu konditioniertem Hyperessen neigen, ihr eigener Ernährungsberater werden.
39 | Gefahr erkannt, Gefahr gebannt: Von fixen Ideen und Rückfällen
Langfristiger Erfolg zeichnet sich dadurch aus, dass wir normal essen können, ohne dass
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