Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Die Neigung zur Völlerei macht vor Staatsgrenzen nicht Halt. Die epidemische Ausbreitung der Fettsucht im ausgehenden 20. Jahrhundert nahm ihren Ursprung in den USA, doch mittlerweile sind auch viele Länder Europas in den Sog dieser Entwicklung geraten.
Hält der gegenwärtige Trend an, so rechnet man in Großbritannien bis 2025 mit 40 Prozent stark übergewichtigen Bürgern. Aus Frankreich werden ähnliche Zahlen gemeldet. Knapp 20 Millionen der etwa 63 Millionen Franzosen gelten als übergewichtig, davon knapp sechs Millionen als stark übergewichtig. Der Bestseller Warum französische Frauen nicht dick werden sollte also möglicherweise bald überarbeitet werden.
Deutschland hat einer aktuellen Studie zufolge den höchsten Anteil Übergewichtiger in ganz Europa. Gegenwärtig sind etwa 70 Prozent aller Männer und 50 Prozent der Frauen übergewichtig oder stark übergewichtig.
Doch auch heute sind die Portionen in weiten Teilen Europas noch kleiner als in den USA, Fastfood trieft nicht so vor Fett, und es gibt klarere Regeln, wo und wann gegessen wird. Die amerikanische Ernährungsweise erscheint vielen Europäern nach wie vor befremdlich. Professor Dr. Leddi Woods, eine der führenden Übergewichtsforscherinnen, erinnert sich an ihren ersten Besuch in den USA: »Es war wie ein Anschlag auf meine Sinne. Überall Essen. Wohin man auch kommt, überall lachen einem Unmengen grellbunter, übergroßer, überwältigend duftender Zuckerbomben entgegen.«
Solange amerikanische Essgewohnheiten hierzulande noch bizarr wirken, hat Deutschland eine Chance, auf die Essbremse zu treten. Doch leider scheint das nicht zu geschehen. »Seit ich gesehen habe, was sich in den USA abspielt, begreife ich in aller Deutlichkeit, welchen Weg Europa eingeschlagen hat«, erklärt Dr. Woods.
Ein anderer europäischer Kollege hat es noch treffender formuliert: »An den USA von heute sehen wir, wo Europa morgen stehen wird.«
Die Gründe für das starke Übergewicht sind praktisch überall auf der Welt dieselben, und der schwarze Peter geht an die Lebensmittelindustrie. Moderne Nahrungsmittelkonzerne wollen in erster Linie Profit machen, und das geht nur, indem sie mehr verkaufen–auch wenn die Märkte bereits im wahrsten Sinne des Wortes übersättigt sind.
In Deutschland ist das Risiko besonders hoch. Traditionell sorgen bereits Bier, Wurst, Brot und Backwaren dafür, dass sich der Bauch der Deutschen rundet. Inzwischen belastet auch die schnelle, bequeme Küche, die in der deutschen wie der amerikanischen Variante zu viel Fett, Zucker und Salz enthält, die Gesundheit der Nation. Die neue »Esskultur« trifft Deutschland an seinem wunden Punkt.
Aber die Leute müssen das doch gar nicht kaufen, oder? So einfach ist die Sache nicht. Wie die Ergebnisse in Das Ende des großen Fressens zeigen, machen Lebensmittel mit viel Zucker, Fett und Salz Appetit auf mehr davon und lassen uns somit ständig weiteressen. Die Lebensmittelkonzerne versetzen praktisch alle ihre Produkte mit Zucker, Fett und Salz, sorgen durch eine Ausweitung der Vertriebsnetze dafür, dass diese Nahrung überall erhältlich ist, und überzeugen uns durch geschicktes Marketing
davon, dass Essen zu jeder Tages- und Nachtzeit sozial erwünscht ist.
All das lässt das Essen so überwältigend reizvoll erscheinen, dass unser Gehirn regelrecht gekapert wird. Und genau das ist der Punkt, den wir bisher nicht verstehen. Millionen Menschen wurden und werden gezielt auf ständiges Essen konditioniert. Unsere Neuronen werden praktisch unablässig mit Hinweisen auf zur Verfügung stehende Nahrung bombardiert. Wir haben gelernt, die Nahrungsaufnahme in denselben Gehirnregionen zu verarbeiten, in denen das Belohnungssystem sitzt.
Nahrungsmittelkonzerne verstehen vielleicht wenig von Neurowissenschaft, doch sie wissen, dass bestimmte Zusätze–insbesondere Zucker, Fett und Salz–den gewünschten Effekt erzielen: Die Menschen wollen immer mehr davon. Die Vorstände der großen Konzerne interessieren sich nicht für unseren persönlichen Kampf um die Kontrolle über unser Essverhalten, sondern dafür, wie sie den Impuls fördern können, mehr von ihren Produkten essen zu wollen.
Mit unserem Wunsch, unser Verhalten zu ändern und der Versuchung des nächsten Bissens nicht zu erliegen, stehen wir also ziemlich allein da. Um dennoch erfolgreich zu sein, müssen wir unsere Einstellung zum Essen grundlegend verändern.
Einleitung: Im
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