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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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festhalten konnte. Die Röhren, die Tarini ihm versprochen hatte.
    Stolperzunge ließ sich über die Kante hinunter, während Yogita laut flüsterte, wie dumm die beiden wären, dass sie es niemals schaffen würden und so weiter.
    Er folgte dem Mädchen und schob sich über ein Rohr, das ihr Gewicht trug.
    »Wir erreichen gleich die Wand«, sagte sie. »Dort musst du die Augen öffnen, um zu sehen, wo du Halt findest.«
    Er nickte. Er spürte einen starken Luftzug am Rücken, der den Schweiß auf seiner Haut kalt werden ließ. Als er sich zwang, die Augenlider voneinander zu lösen, sah er nur den Rand des Raumes, in dem man ihn gefangen gehalten hatte, und die Gesichter der anderen Geiseln, die ihn fasziniert beobachteten. Ist doch gar nicht so schlimm , dachte er. Schräg links über ihm hing Tarini an einem Bündel metallischer Fasern, die aussahen, als wären sie dort aus der Wand gewachsen. Ihr Blick war voller Ermutigung und von der festen Überzeugung erfüllt, dass er es schaffen würde. Solange ich nicht nach unten schaue …
    Danach kletterten sie ohne allzu große Schwierigkeiten weiter. So viele seltsame Vorsprünge, Kabel und Rohre ragten aus der Wand, dass er das Gefühl hatte, den ganzen Tag weitermachen zu können, ohne zu ermüden. Aber sie kamen nicht sehr weit. Lichter huschten über die Wand, doch Tarini schien keine Angst davor zu haben. Also machte auch er sich deswegen keine Sorgen.
    »Hier musste ich beim letzten Mal aufgeben«, sagte sie.
    Die Wand über ihnen war auf halber Körperlänge völlig glatt. Nur glänzendes Metall, in dem Stolperzunge sein Gesicht sehen konnte, seine blasse Haut. Über der spiegelnden Fläche erkannte er ein Gewirr aus losen Kabeln und eine Kante, hinter der möglicherweise ein weiterer Raum lag. »Schau dir die Form an«, sagte Tarini. »Ich glaube, das ist das Ende eines Korridors.«
    Der Jäger nickte. Überall an der Wand schien es Eingänge zu Korridoren zu geben, aber nur dieser eine war in Reichweite. Oder fast in Reichweite … Ihm wurde klar, warum das Mädchen hier nicht weitergekommen war. Um die Kante zu erreichen, hätte sie so hoch wie möglich hinaufklettern müssen, um dann zu springen, in der Hoffnung, die Kante zu erwischen oder vielleicht eins der Kabel. Mit ihrer Körpergröße und Kraft hätte sie nur wenig Aussicht auf Erfolg gehabt, und wenn sie danebengriff … Der Jäger erschauderte und wünschte sich, seine bildliche Vorstellungskraft besser unter Kontrolle zu haben.
    In diesem Moment spürte Stolperzunge, dass die Rohre, an denen er sich festhielt, summend vibrierten. Ein Beben! , dachte er entsetzt. Doch es blieb bei einem leichten Zittern, das er lediglich mit den Handflächen spürte.
    »Oh, schau mal!«, sagte Tarini. »Da drüben!«
    »Ich … ich möchte nicht hinsehen. Könntest du mir einfach sagen, was los ist?«
    »Eine Brücke«, sagte sie. »Sie wächst von einem anderen Korridor nicht weit von hier zum Kriegsschiff. Vielleicht sollten wir umkehren. Wenn jemand hinübergeht, wird man uns sehen.«
    »Nein«, sagte er. »Wenn ich es jetzt nicht schaffe, dann …«
    Sie erwiderte etwas, aber er hörte ihr gar nicht mehr zu. Er hörte nur noch, wie sein Blut durch den Kopf rauschte. Er schob sich hinauf, so weit es ging. Seine Arme und Beine zitterten, aber er wollte nicht darüber nachdenken, ob die wachsende Brücke oder seine Angst der Grund dafür war. Er ging in die Hocke und war sprungbereit. Seine Muskeln erstarrten, aber er war es, der ihnen Anweisungen gab, nicht umgekehrt. Indrani brauchte ihn, genauso wie Flammenhaar, die Enkelin seiner Mutter. Er schrie und stieß sich nach oben ab. Es fiel ihm so leicht, über die Kante hinauszuschießen, dass er fast vergessen hätte, danach zu greifen. Seine schweißfeuchten Hände klammerten sich fest.
    »Ich kann dir einen Schubs geben«, hörte er von unten.
    Tarinis Unterstützung half ihm über die Kante, obwohl die losen Kabel über seinen Brustkorb und die Reste seines Gewands kratzten. Der Korridor war leer, den Vorfahren sei Dank! Ein weiterer verlief nicht mehr als zwanzig Schritte entfernt parallel zu diesem, und von dort schob sich die Brücke über den Abgrund. Er war überzeugt, dass er diesen Korridor durch einen der vielen Nebengänge erreichen konnte, die er hier sah.
    Ein Stück weiter schimmerte eine große Pfütze, die offenbar aus Schleim bestand. Erschaudernd stellte er sich vor, was geschehen wäre, wenn die Substanz bis zur Kante gereicht und er

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