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Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Titel: Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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    Ich hatte nichts davon geahnt. Aber am nächsten Morgen saß ein völlig anderer Jacob beim Frühstück. Als ich die Küche betrat, sah ich mich, wie ich Cornflakes in die Schüssel schüttete und Milch darübergoss. Jacob hatte meine Frisur, trug meine Kleider, benutzte mein Deo und bewegte sich wie ich. Hatte Vic nicht einmal gemerkt, dass nicht ich neben ihr im Kino saß?
    Als ich es erfuhr, sagte ich zu Jacob. »Wenn du das noch einmal wagst, bringe ich dich um.«
    Und sprach kein Wort mehr mit ihm.

22. Im Zeichen des Kreises
    Sonnenlicht sickerte durch die Ritzen der Jalousien und bildete auf dem Fußboden das Muster eines Gitters ähnlich dem vergitterten Fenster einer Gefängniszelle. Es waren nur Lichtstreifen, mehr nicht, aber es schien, als sei ich in ihnen eingesperrt.
    Seit drei Jahren hatte ich niemandem gegenüber Jacobs Namen erwähnt.
    Ich atmete flach und sah mich um. Alles schien wie zuvor. Keiner hatte seine Position verlassen. Doch ihre Blicke hatten sich verändert. Es war fast, als hätte Tom es geschafft, sie auf seine Seite zu ziehen. Einzig Rose sah mich mitleidig an. Aber genau das wollte ich nicht: Mitleid. Obwohl ich all die Jahre darauf gewartet hatte.
    Niemand hatte je darüber nachgedacht, dass auch ich ein Opfer war. Nein, ich war immer nur der Bruder, der Zwillingsbruder des Täters gewesen. Derjenige, der über dasselbe Erbgut verfügte. Also, wer konnte wissen, wozu ich fähig war? Und wie konnte ich mir selbst so sicher sein, an Jacobs Stelle nicht genauso gehandelt zu haben? Das war es, was ich von der Welt als Reaktion erfahren habe.
    Zwei Tage nach dem Amoklauf kamen sie. Klammheimlich und mitten in der Nacht. Das Knacken von Zweigen war vor dem Fenster meines Zimmers zu hören, ein dumpfes Klatschen, als der Inhalt des ersten Eimers unsere polierte Mahagonitür traf und eine Farbspur das Fenster hinunterlief. Sie kippten erst literweise blutrote Farbe über die Vorderfront, dann trafen Steine mein Fenster und durchschlugen die Scheibe. Sie prasselten neben meinem Bett auf dem Fußboden nieder. Um einen von ihnen war ein Zettel mit einem breiten roten Gummiband gewickelt. Auf dem nur ein Wort zu lesen war: »Mörder«.
    Die Erinnerung rührte an eine Stelle in meinem Innern, die so schmerzte, dass es an Folter grenzte.
    Danach hatte ich alles getan, um mich von Jacob zu entfernen. Indem ich ihn einfach leugnete. Indem ich wahrhaft um die trauerte, die den Tod gefunden hatten. Indem ich die dunkle Seite in mir begrub.
    Deswegen war ich auch nach Kanada gegangen. Hier oben wusste niemand etwas von mir oder davon, was ich dachte, warum ich Tag für Tag weitermachte und mit welchen Entscheidungen ich mich im Innern abquälte. Aber irgendwo in den entlegensten Winkeln meines Gehirns, das sich selbst zu schützen versuchte, war ich mir durchaus über meine Rolle in dieser ganzen Sache im Klaren. Wusste von der Verantwortung, die ich trug. Ich hatte die Wahrheit über Jacob nicht gesehen, obwohl sie schon lange deutlich gewesen war. Ich hatte nie versucht, Jacob zu retten.
    Deshalb trug ich nur Schwarz.
    Aber es war nicht meine Schuld, fuhr es mir durch den Kopf.
    Meine Familie war nie religiös gewesen. Dennoch kannte ich die Geschichte der berühmtesten Zwillinge der Bibel. Jacob und Esau. Esau, der sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht an Jacob verkaufte. Auch Jacob war der Erstgeborene. Auch Jacob hatte sein Erstgeburtsrecht mir überlassen. Aber war es seine Schuld? Justins Mutter saß am Steuer, als der Unfall passierte. Warum ich nicht dabei war? Ich war krank. Punkt. Das war der Grund. Deshalb hatte ich nicht im Wagen gesessen.
    Versteht ihr, hätte ich gerne gesagt, es hätte genauso gut ich sein können.
    Aber ich schwieg.
    Ich hielt einfach meine Klappe und überließ damit Tom die Regie.
    »Du hast uns nicht alles erzählt«, sagte er.
    »Das ist die ganze Geschichte.«
    »Oh nein. Da ist etwas, was du uns verschweigst. Was ist aus ihm geworden. Aus Jacob?«
    Er existierte nicht mehr.
    »Ich bin mit ihm befreundet, weißt du?«
    Ich schluckte. Meine Kehle war zu eng. Das Knie pochte und ich hatte wieder das Gefühl, dass das Bein langsam versteinerte.
    »Wir schreiben uns Briefe.«
    Ich hörte, wie Rose hinter mir tief Luft holte und erst leise, dann lauter sagte: »Hör auf, Tom.«
    Tom ignorierte sie. »Ich soll dich von ihm grüßen.«
    Wenn es tatsächlich beides gab in einem Menschen, das Gute und das Böse, dann schien in

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