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Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Kapitel 1
    Die nahende Morgendämmerung erhellte schwach den nächtlichen Himmel, als die Erwählten die Gärten des Lebens betraten. Draußen lag in tiefem Schlaf die Stadt der Elfen Arborlon, ihre Bewohner noch in die Wärme und Geborgenheit ihrer Lager gehüllt. Für die Erwählten jedoch hatte der Tag bereits begonnen. Ihre wallenden weißen Gewänder bauschten sich leicht in der sommerlichen Brise, als sie zwischen den Posten der Schwarzen Wache hindurchschritten, die starr und unbewegt vor dem gewölbten schmiedeeisernen Tor mit den kunstvollen Einlegearbeiten in Silber und Elfenbein standen, wie über Jahrhunderte hinweg die endlose Zahl ihrer Vorgänger vor ihnen. Rasch eilten die Erwählten zwischen ihnen hindurch, und nur ihre leisen, hüstelnden Stimmen und das Knirschen ihrer mit Sandalen bekleideten Füße auf dem Weg störten die Stille des neuen Tages, als sie in die tiefen Schatten des Föhrenhains traten.
    Die Erwählten waren die Hüter und Pfleger des Ellcrys, dieses seltsamen und wunderbaren Baumes, der in der Mitte die Gärten überragte. Dieser Baum, so berichtete die Legende, schützte das Elfenreich vor bösen Mächten aus grauer Vorzeit, die schon vor Jahrhunderten das Volk der Elfen beinahe vernichtet hätten und die seither, seit einer Epoche, die weit vor dem Erwachen der Menschheit lag, von der Erde verbannt waren. In den folgenden Jahrhunderten hatten sich stets Erwählte gefunden, den Ellcrys zu hegen und zu pflegen. Sie befolgten eine Tradition, die von Elfengeneration zu Elfengeneration weitergegeben worden war, und die Elfen erblickten in der Aufgabe, welcher die Erwählten sich zu unterziehen hatten, eine hohe Ehre und feierliche Pflicht.
    Von Feierlichkeit jedoch war bei dem Zug, der an diesem Morgen durch die Gärten eilte, kaum etwas zu verspüren. Zweihundertdreißig Tage ihres Dienstjahres waren vorüber, und das jugendliche Feuer in ihren Adern ließ sich nicht länger unterdrücken. Das anfängliche Gefühl tiefer Ehrfurcht vor der hohen Verantwortung, die man ihnen übertragen hatte, war längst verflogen, und die Erwählten der Elfen waren nunmehr nichts weiter als sechs junge Männer, im Begriff, sich einer Aufgabe zu entledigen, die sie seit dem Tag ihrer Erwählung täglich erfüllt hatten. Alt und vertraut war ihnen diese Aufgabe inzwischen geworden - die Ehrerbietung des Morgengrußes an den Baum beim ersten Schimmer der aufgehenden Sonne. Nur Lauren, der Jüngste der Erwählten dieses Jahres, war still und in sich gekehrt. Er blieb ein paar Schritte hinter den anderen zurück und beteiligte sich nicht an ihrem übermütigen Geplauder. In Gedanken versunken hielt er sein rotbeschopftes Haupt gesenkt, und auf seiner Stirn stand eine tiefe Falte der Nachdenklichkeit. So sehr war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, daß es ihm sogar entging, als das Geplapper vor ihm verstummte und einer der anderen sich umwandte, um sich zu ihm zu gesellen. Erst als eine Hand seinen Arm berührte, hob er überrascht den Blick und bemerkte, daß Jase ihn forschend betrachtete.
    »Was ist mit dir, Lauren? Fühlst du dich unwohl?« fragte Jase. Er war einige Monate älter als die anderen Erwählten, und sie akzeptierten ihn deshalb als ihren Führer.
    Lauren schüttelte den Kopf, doch der Ausdruck innerer Beunruhigung wich nicht gänzlich von seinem Gesicht.
    »Nein, nein, es geht mir gut.«
    »Aber irgend etwas bedrückt dich. Du grübelst schon den ganzen Morgen. Ja, und gestern abend warst du auch so still und schweigsam«. Jase legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter und drehte ihn herum, so daß er ihm ins Gesicht sehen mußte. »Komm schon, heraus mit der Sprache. Niemand erwartet von dir, daß du am Morgendienst teilnimmst, wenn du dich nicht wohl fühlst.«
    Lauren zögerte, dann seufzte er und nickte.
    »Also gut, es geht um den Ellcrys. Gestern abend bei Sonnenuntergang, kurz bevor wir gingen, hatte ich den Eindruck, daß Flecken auf seinen Blättern sind. Es sah aus wie Welke.«
    »Welke? Im Ernst? Solche Krankheiten befallen die Ellcrys doch nie - das zumindest hat man uns erzählt«, erwiderte Jase zweifelnd.
    »Es kann ja sein, daß ich mich getäuscht habe«, gab Lauren zu. »Die Dämmerung brach schon herein. Ich hab' mir selbst gesagt, daß der Eindruck wahrscheinlich nur von den Schatten hervorgerufen wurde, die auf den Blättern lagen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer werde ich, daß es sich wirklich um Welke handelt.«
    Aus der Gruppe

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