Das Erbe der Apothekerin - Roman
Konrad!«
Konrad überholte auf den Stiegen seinen etwas behäbig gewordenen Vater und riss die Tür des Schlafzimmers auf, wo Magdalena blass und erschöpft, aber zufrieden lächelnd in den verschwitzten Kissen lag.
»Wie geht es dir, meine herzallerliebste Lena?«, fragte er, fiel an der Seite des Bettes auf die Knie und ergriff ihre beiden Hände. Dann küsste er sie voll Dankbarkeit und legte ihr eine goldene Kette um, die einst seiner eigenen Mutter gehört hatte.
»Mir geht es sehr gut, dank Muhme Gertrude«, antwortete Magdalena leise mit leuchtenden Augen. »Schau, sie bringt dir unseren Sohn!«
Konrad stand auf und wandte sich der stadtbekannten Wehmutter und Heilerin zu.
»Hier nehmt, Herr Konrad! Ihr seid jetzt der glückliche Vater eines prachtvollen Knaben«, sagte sie und reichte ihm den sauber gewaschenen und in eine weiche Windel gebetteten Säugling. Als der Vater sein Kind auf den Armen trug, schlug Gertrude den Stoff auseinander. »Seht selbst, Herr, und überzeugt Euch vom Geschlecht Eures Nachwuchses«, lachte sie. Dann bedeckte sie erneut den winzigen Körper des bereits kräftig brüllenden Säuglings.
»Und Ihr, Herr Albrecht«, wandte sie sich an den inzwischen ebenfalls eingetroffenen ältlichen Kaufmann, »Ihr seid
nun stolzer Großvater und habt die Gewissheit, dass Euer Handelshaus die Zeit überdauern wird – zumindest die, die Euch und Eurem Sohn auf unserer Erde zugemessen ist.«
»So Gott, der Herr, es will«, gab Albrecht zur Antwort und wischte sich heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Konrad übergab, wie es der Brauch verlangte, seinem Vater das Bündel mit dem kleinen Menschlein, damit er es als Erben des Hauses und Mitglied der Familie Grießhaber begrüßte. Der nahm vorsichtig das Kind in den Arm und betrachtete aufmerksam den Kleinen, der zu schreien aufgehört hatte.
»Du bist also mein Enkelsohn«, brachte der Senior des Hauses mit rauer Stimme hervor. »Nach altem Brauch soll der Erstgeborene in unserer Familie immer wie der Vater seines Vaters heißen, also Albrecht. So sei es auch dieses Mal.«
Konrad beugte sich zu seiner Frau nieder und küsste sie liebevoll.
»Ich danke dir von ganzem Herzen, du, meine Rose von Konstanz«, sagte er leise, so dass nur die am nächsten stehenden Verwandten Gertrude und Margret ihn verstehen konnten.
»Ich habe auch noch eine Überraschung für dich«, flüsterte er ihr ins Ohr und grinste breit.
»Was ist es denn? Bitte, Konrad, spann mich nicht auf die Folter! Du weißt, wie neugierig ich bin.«
»Oh ja, das weiß ich«, lachte der frischgebackene Kindsvater und sah sich nach seinem eigenen Vorfahren um, der gerade mit zittrigem Finger über das Näschen seines Enkels strich, ehe er das Kind Gertrude zurückgab.
»Jemand lässt dich, mein Schatz, ganz herzlich grüßen und dir ausrichten, dass ihre innigen Gebete für dich, das Kind
und eine glücklich verlaufende Geburt zur Mutter Gottes in den Himmel aufsteigen werden. Offenbar hat es geholfen! Und dieser Jemand – wie du bemerkt hast, handelt es sich um eine Frau – bittet dich ernsthaft, sie, so bald es dir möglich ist, mit deinem Sohn aufzusuchen.«
»Wie lieb von der Dame«, antwortete Magdalena erfreut. »Aber ich weiß immer noch nicht, um wen es sich dabei handelt, Konrad.«
»Warte! Ich gebe dir eine Hilfe: Auch alle anderen Damen, die mit ihr zusammen in Gemeinschaft leben, dachten an dich in deiner schweren Stunde, haben dich in ihre Gebete eingeschlossen und wünschen sich, dich recht bald wiederzusehen. Na?«
»Nein! Das kann doch nicht sein! Du sprichst doch nicht etwa von der Mutter Oberin, von der Ehrwürdigen Mutter Notburga, und ihren Mitschwestern?«
»Genau so ist es, mein Liebes! Die Leiterin von Sankt Marien am See hat dir längst alles verziehen. Die Ehrwürdige Mutter bedauert zutiefst den Betrug durch deinen Oheim, und sie wünscht sich nichts mehr, als dass du ihr vergeben mögest, dass sie so nachlässig war und sich nicht genauer über deinen Vormund erkundigt hat.«
»Amen.«
Das kam von Großvater Albrecht. Mit energischem Schritt, aber großer Verlegenheit im Gesicht, näherte sich der alte Kaufherr dem Lager seiner Schwiegertochter.
»Auch ich habe dir Abbitte zu leisten, meine Tochter«, begann er und ließ sich neben ihr am Rand des Bettes nieder, wo Konrad ihm jetzt bereitwillig Platz machte.
»Ich habe allerhand Schuld auf mich geladen, Magdalena, indem ich an Mauritz Scheitlins Angaben nicht gezweifelt habe, obwohl
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