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Das Erbe der Pandora

Das Erbe der Pandora

Titel: Das Erbe der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Pugh
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Sie ist perfekt.«
    Kip Cross saß links von Today, seinen
Stuhl hatte er ein paar Zentimeter abgerückt, so daß er in der Gruppe und doch
etwas außerhalb war. Die Arme hatte er vor seinem breiten Brustkorb
verschränkt, seine langen Beine vor sich ausgestreckt und die Fußgelenke
überkreuzt. Er trug Plastiksandalen aus einem billigen Warenhaus — abgesehen
von Laufschuhen beim Joggen waren dies die einzigen Schuhe, die er je trug,
egal ob es regnete oder die Sonne schien. Er hatte angefangen, Sandalen zu
tragen, als er arm gewesen war. Seitdem waren sie Teil seines Images geworden.
    Kips Nase und Kinn waren markant,
seine tiefliegenden Augen dunkel. Sein frühzeitig ergrautes Haar trug er
kurzgeschoren. Die Frisur betonte seine hervorstechenden Gesichtszüge und ließ
ihn unberechenbar, fast ein wenig verrückt wirken.
    Kip war der Systementwickler von
Pandora, das Programmiergenie hinter den Graphik-Engines, welche die Spiele von
Pandora so einzigartig machten. Die Engine schafft die Illusion, daß die Bilder
auf einem zweidimensionalen PC-Monitor in einem dreidimensionalen Raum
existieren. Mauern haben eine Tiefe, Tunnel lösen Klaustrophobien aus,
Kreaturen haben Substanz. Die Spieler bekommen das Gefühl, als rasten sie durch
virtuelle Welten.
    Slade Slayer war Kips Schöpfung.
Pandoras Mannschaft von Graphikern und Game-Designern hatten ihm Leben
eingeflößt und sich die einfachen Handlungsstränge seiner Abenteuer ausgedacht:
töten oder getötet werden — mit Hilfe eines Arsenals von realen und erfundenen
Waffen in einer übermäßig gewalttätigen Welt. Aber Slade war Kips Baby. Alle
hielten den draufgängerischen, direkten, machohaften Slade Slayer für Kips
Alter ego — eine Theorie, die er beharrlich zurückwies.
    Kip lächelte Toni Burton an. »Toni und
ich haben uns alle Schauspielerinnen angehört, die sie getestet hat, und wir
beide waren der Ansicht, daß Bridgets Stimme die richtige Mischung aus
Liebenswürdigkeit und Gefahr enthält.« Seine eigene Stimme war tief, aber
weich.
    Toni Burton riß ihre lebendigen blauen
Augen auf und rümpfte spaßhaft die Stupsnase. Sie war süß und spielte die Rolle
bereitwillig. Sechsundzwanzig Jahre war sie alt und arbeitete seit fünf Jahren
bei Pandora, wo sie als Bridgets Sekretärin angefangen hatte, nachdem sie das
Studium am College abgebrochen hatte. Als sie merkte, daß Bridget den
Blickkontakt zwischen ihr und Kip beobachtete, wandte sie ihren Blick schnell wieder
dem Monitor zu.
    »Warum haben wir uns auf die Tests mit
all diesen Schauspielerinnen eingelassen, wenn du ohnehin die ganze Zeit über
meine Stimme benutzen wolltest?« fragte Bridget Cross ihren Mann. »Wir haben
drei Wochen verplempert.«
    Der Heavy-Metall-Soundtrack des Spiels
dröhnte im Hintergrund, zusätzlich zu den Waffen, die Today abfeuerte, und den
Schreien der Besiegten.
    »Ich war mir nicht sicher, ob ich
deine Stimme wollte«, erwiderte Kip. »Toni hat mich davon überzeugt, daß es die
richtige ist.«
    Toni lächelte Bridget vorsichtig an.
»Ich hoffe, du bist nicht sauer, Bridget. Kip und ich dachten, es wäre eine
nette Überraschung für dich, als Stimme von Cherry Divine quasi unsterblich zu
werden.«
    Bridget preßte die Lippen aufeinander.
»Ich bin sauer wegen der Zeit, die wir verloren haben. Jede Firma für
Computerspiele auf der Welt versucht, die nächste Pandora zu werden. Im Moment
dominieren wir den Markt, aber wenn wir jetzt Anteile verlieren, bekommen wir
sie nie zurück.«
    »Warte nur, bis die Leute sich die
Shareware-Version von Trottel verlieren immer heruntergeladen haben«,
meinte Today zuversichtlich. Er haute auf eine Taste, und das Bild auf dem
Monitor — eine 3-D-Darstellung einer im Dunkeln liegenden Straße — drehte sich
unmittelbar, so als hätte sich der Spieler ruckartig umgedreht, um nach hinten
zu schauen. Today drückte noch einmal auf die Taste, und das Bild schwirrte
wieder nach vorne.
    »Mann! Und wir dachten, wir hätten
jetzt schon viele Beschwerden wegen auftretender Seekrankheit«, sagte Mick Ha,
während seine Aufmerksamkeit zwischen dem Bildschirm und seinem Tennisschuh hin
und her wanderte, den er mit der Hand umfaßte. Der weiße Schuh war von den mit
einem schwarzen Stift geschaffenen Verzierungen in Form eines wütend knurrenden
Hundes bedeckt.
    Mick war der Chef-Graphiker von
Pandora, der die eleganten und doch verfallenen postindustriellen Szenerien von
Straßen, modernen und alten Bauten und ihre schwindelerregende

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