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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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helft? Wenn Ihr Euer Leben nicht mehr schätzt, sie schätzen das ihrige sehr wohl.«
    Ich blickte sie an, und sie sah wohl die Verblüffung in meinem Gesicht. »Wie alt, habt Ihr gesagt, seid Ihr?«
    »Ich sagte nichts.« Sie warf trotzig den Kopf in den Nacken. »Aber, wenn Ihr es denn wissen wollt, ich bin zwei Dutzend und vier Jahre alt. Seit drei Jahren trage ich den Rang einer Maestra. Seit meinem sechsten Jahr trainiere ich mit der Klinge, seit knapp einem Jahr bin ich an Steinherz gebunden.«
    »Und wann habt Ihr Eure Unschuld verloren?«
    Ich musste meinen Kopf nur leicht bewegen, um ihrem Schlag auszuweichen. Zum einen ahnte ich schon, wie sie reagieren würde, zum anderen kündigte sie ihre Absicht deutlich an.
    »Das geht Euch nichts an«, fauchte sie, während ihre Hand herabsank und sich zur Faust ballte. »So gut kennen wir uns nicht.«
    »Also gar nicht«, stellte ich fest. Sie funkelte mich wütend an, und ich hob abwehrend meine Hand. »Aber von diesem kostbar behüteten Gut spreche ich gar nicht. Worauf ich hinauswollte, ist, zu erfahren, wann Ihr Steinherz zum ersten Mal das Herzblut eines Feindes gegeben habt?«
    Sie blieb stumm.
    »Noch gar nicht?« Ich war erstaunt. Sie war weit gereist, und ich hätte nicht gedacht, dass sie auf keine Gefahr gestoßen war.
    »Musstet Ihr auf Eurem Weg nicht kämpfen?«, fragte ich sie ungläubig.
    »Doch«, zischte sie durch zusammengebissene Zähne. »Manche wollten einfach nicht glauben, dass ich mich verteidigen kann.«
    »Aber Ihr habt ihr Leben verschont?«
    Sie nickte langsam.
    »Was habt Ihr getan? Sie niedergeschlagen und ihnen anschließend aus dem Guten Buch vorgelesen?«
    »Ich habe die linke Ferse eines jeden gelähmt. Sie hatten es verdient.«
    »In Eurer Gnade habt Ihr sie also verkrüppelt. Manche hätten es wohl vorgezogen, gehängt zu werden. Andere wiederum werden jede Nacht zu Soltar beten, dass er ihnen eine Gelegenheit bietet, Euch in die Finger zu bekommen.«
    Eine instinktive Bewegung, so lange geübt, dass ich sie nicht einmal mehr bewusst wahrnahm, schüttelte meinen besten Dolch aus meinem Ärmel. Lea hatte gute Reflexe, Steinherz sprang in ihre Hand, gerade als mein Stahl ihre Kehle berührte. Sie stand da, in der klassischen Haltung eines Schwertkämpfers, bereit für den Drachenschlag, von schräg rechts oben nach links unten. Führte sie ihn aus, würde mein Körper in zwei Teile gespalten vor ihr auf den Boden sinken. Oder aber mit ihr, denn ich hätte noch die Zeit gehabt, ihr meinen Dolch durch die Kehle ins Hirn zu rammen.
    Ihre Augen sahen mich entschlossen an, die Augenbrauen zusammengezogen zu einem fahlen Strich. Sie war ruhig, der Mund entschlossen, sie wartete konzentriert auf ihre Gelegenheit. Fasziniert beobachtete ich, wie sich ein Tropfen Blut von ihrer blassen Haut löste und die Klinge meines Dolches herunterrann.
    Die Augen des Drachen am Knauf ihres Schwerts leuchteten, die Klinge wusste mehr als sie. Ich kannte Steinherz nicht, und bevor es mir meinen Plan vermasselte, handelte ich. Während sie mir entschlossen in die Augen sah, hatte ich meinen Fuß positioniert. Ich war vielleicht alt, nicht mehr der Schnellste, aber Alter und Erfahrung haben Jugend und Tollkühnheit schon immer geschlagen.
    Dennoch trennte mir Steinherz’ Klinge eine Locke ab, als ich mich zur Seite rollte und Lea niederfiel.
    Nein, ich stach sie nicht nieder. Es war der Knauf meines Dolches, der sie hinter dem Ohr traf, und genau dieser Zeitraum, den ich dafür brauchte, den Griff zu wechseln und zuzuschlagen, war es, der es Steinherz erlaubte, mein Haar zu berühren. Auf dem Boden lagen ein Teil meiner Kapuze, ebenfalls sauber abgetrennt, sowie Leas Bannklinge. Ich wusste es besser, als sie mit bloßer Hand zu berühren. Ich schob die Klinge mit dem Fuß beiseite und glaubte trotzdem ihre Wut zu spüren.
    Leandra lag vor mir, und als ich sie so ansah, regte sich tief in mir etwas lang Vergessenes, vielleicht sogar Totgeglaubtes. Sie lag reglos da, so wie mein Schlag sie niedergestreckt hatte. Ihr Haar glänzte im Licht der einsamen Talgkerze, die diesen Raum notdürftig erhellte, ihre Augen waren geschlossen, das Gesicht friedlich. Der Kettenmantel betonte jede Linie ihres Körpers, folgte dem sanften Schwung ihrer Hüfte, betonte die anmutigen Linien ihrer Beine und Arme.
    Sie sah aus, als ob sie schliefe.
    Ich bückte mich und nahm den Teil meiner Kapuze auf. Ich musste daran denken, die Kapuze wieder zu flicken. Mein Kopf fühlte sich

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