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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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als breites Band verlief und im Nacken verknotet war.
    »Bitte.« Sie deutete auf einen Stuhl und wandte sich ab.
    »So ein Zufall«, hörte sie die Frau sprechen. Sarah zuckte zusammen, sie hatte die Stimme erkannt.
    »Nicht dass Sie denken, ich würde nach Ihnen suchen. Wegen des falschen Namens«, sagte die Frau. »Ich bin oft hier in Saarburg, trinke Kaffee, esse ein Eis, leider auch mal eines zu viel.« Sie lachte und schaute an sich herunter. »Außerdem ist es von Kanzem aus nur ein Katzensprung. Ich wohne in Kanzem.«
    Und als Sarah nicht antwortete: »Frau Rudolph mit ph. Oder besser Sarah von Rönstedt. Wie geht es Ihnen?«
    »Sie haben wirklich nicht nach mir gesucht, Dr. Sigallas?«
    »Dass Sie meinen Namen behalten haben, spricht für Sie, wenn man die Umstände bedenkt.« Die Ärztin lächelte. »Ich brauchte nicht nach Ihnen zu suchen, Frau von Rönstedt. Bevor Sie aufwachten, haben Sie ständig diesen Namen erwähnt. Den Ihres Mannes, ich glaube, es war … Henry, nicht?«
    Sarah nickte.
    »Sie haben ständig diesen Namen und andere Dinge gemurmelt. Auch mal geschrien, gestöhnt und geseufzt und dann wieder lange geschlafen.«
    »Und trotzdem haben Sie mich in dem Glauben gelassen, mit dem falschen Namen hätte ich Sie überzeugt.«
    »Gehörte mit zu meiner Therapie«, bagatellisierte die Ärztin.
    »Welche anderen Dinge habe ich noch gesagt?«
    »Weiß ich nicht mehr. Alles Nichtmedizinische vergesse ich sofort.«
    Sarah beobachtete Carmen Sigallas von der Seite. »Wirklich alles vergessen?«
    »Zumindest gegenüber Dritten. Aber hier sind wir doch unter uns.« Carmen bestellte heiße Schokolade mit einer doppelten Portion Sahne.
    »Sie haben noch nicht geantwortet.« Sarah spielte mit dem Kaffeelöffel.
    »Ich bin nicht beruflich in Saarburg«, versuchte Carmen zu scherzen. »Und ich bin auch nicht Ihre Therapeutin. Das wäre zu einseitig und unbefriedigend für mich, weil es bedeutet, ich darf Ihnen nichts von mir erzählen, ich müsste bestrebt sein, die Distanz zu wahren. Lassen Sie uns also einfach nur reden.«
    Nachdenklich betrachtete Sarah Carmens Gesicht mit der leicht gewölbten Stirn und der markanten Einbuchtung, dort wo die Augenbrauen in einen Abwärtsschwung übergingen, als wollten sie auf die zierliche Nase hinweisen, von der auch jetzt die Brille zu rutschen drohte. Dies verhinderte Carmen, indem sie diese von Zeit zu Zeit nach hinten schob.
    »Sie vertrauen niemandem.«
    »Ist das eine Frage oder eine Feststellung?«, wollte Sarah wissen.
    Carmen beugte sich nach vorn, legte ihre Hände auf den Tisch und schaute Sarah eindringlich über die Brille hinweg an. Sarah war der Blick unangenehm.
    »Es ist nicht so«, begann Carmen, »dass ich mit meinem Kittel, den ich ausziehe, auch meine Patienten in eine Schublade fallen lasse, um sie irgendwann wieder am nächsten Tag oder später hervorzuholen. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Vielleicht Pflichtbewusstsein, Interesse oder auch Neugier. Aber ich kann nun mal bei gewissen Vorfällen nicht anders und versuche, auch als Privatperson, wenn ich denn wie heute die Möglichkeit habe, zu hinterfragen, um die vielschichtigen Gründe und Facetten in Erfahrung zu bringen. Warum tut ein Mensch so etwas? Warum tut jemand wie Sie so etwas?«, wurde sie deutlicher. »Eine Frau, von der man denkt, sie habe keine Sorgen, alles könne sie sich leisten, die halbe Welt liege ihr zu Füßen.«
    Sarah senkte den Kopf. »Noch habe ich nichts getan.«
    »Nun, das eigentliche Tun ist nicht wo wichtig. Wichtig ist für mich allein der Vorsatz und der Entschluss, den Gedanken in die Tat umzusetzen. Wann es dazu kommt und beim wievielten Mal es schließlich dazu kommt, das ist eine andere Frage.«
    »Schade, dass wir hier keine Couch haben, Dr. Sigallas.«
    Carmen ging nicht auf die Bemerkung ein und trank von der Schokolade. Sie beugte sich noch mehr nach vorn, ihre Stimme wurde ernster. »Frau von Rönstedt, in Ihnen ist ein emotionales Desaster, ein verzehrendes Feuer … es tobt ein schlimmer Krieg. Nennen Sie es, wie Sie es wollen. Und wie in jedem Krieg gibt es auch in Ihrem Verluste. Und zwar Sie.« Carmen deutete auf Sarah. »Sie werden diesen Krieg verlieren – wenn Sie es nicht bereits getan haben. Denn Sie selbst sind Ihr Hauptgegner.« Und nach einer kleinen Pause, in der sie bedächtig mit dem Löffel die Schokolade rührte: »Ich glaube, mittlerweile haben Sie bereits die Phase erreicht, in der es Ihnen gefällt, zu verlieren. Weil sich damit Ihre

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