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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Einwilligung. Im Abfluss des Weinkellers findest du bestimmt noch einige.«
    »Nun«, meinte Carmen gedehnt, »dieser Punkt ist ja auch nicht so wichtig. Meine Heldin jedenfalls verändert sich auch äußerlich, ganz kurze Haare, dazu gefärbt, zieht sich anders an als früher, Jeans, Hemden, flache Schuhe, und ist, weil sie zusätzlich noch eine Brille trägt, nicht mehr zu erkennen. Auch nicht von Freunden und Bekannten. So wenig zu erkennen wie du, Sarah. Als ich dich fand, habe ich dich ja auch zuerst nicht erkannt. Und meine Heldin kehrt zurück. An den Ort zurück, wo ihr die schlimmsten Demütigungen widerfahren sind. Sie kehrt zurück und niemand merkt etwas davon. Mit Ausnahme der Hunde, sie allein erkennen sie und schlagen nicht an. Immer, wenn ein Fremder kommt, bellen sie und schlagen an. Nur nicht bei ihr, weil sie ihre Herrin erschnüffeln, auch mit kurzen und gefärbten Haaren. Und weil die Hunde sie mögen, sie von ihr immer das Fressen bekommen haben und sie die Hunde gestreichelt und nicht getreten hat. Kommst du so weit mit, Sarah?«
    »Natürlich.« Sie nickte. »Und ich muss zugeben, deine Geschichte klingt auch irgendwie logisch. Zumindest dramaturgisch logisch.« Sarah nickte bestätigend, in ihrem Gesicht war keine Regung. Lediglich ihre Nasenflügel entfalteten ein kleines Eigenleben und bebten.
    »Das freut mich.« Carmen sah sie abschätzend an. »Das freut mich besonders aus deinem Mund, Sarah. Aber warum gibst du dich so unbeteiligt?«
    »Tue ich das?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach Sarah weiter: »Ich könnte mir vorstellen, dass deine Sarah sogar in dem Gästehaus übernachtet und gewohnt hat, ohne dass es aufgefallen ist. Es gibt einen Fußweg von der Burg, den man nicht einsehen kann. Und in der Küche hat sie sich mit allem versorgt. Schließlich wusste sie doch am besten, zu welchen Zeiten die Haushälterin im Hause war. Und die Hunde hat sie auch gefüttert. Waren sie nicht gut genährt, als ihr sie gefunden habt?« Ohne eine Antwort abzuwarten, forderte sie Carmen auf: »Nun, wie geht es weiter?«
    »So genau weiß ich das nicht, Sarah. Aber meine Heldin hat um die Schwächen ihres Ehemannes, bleiben wir bei dem Namen Henry, gewusst, und um dessen Ordnungstick. Schließlich hat sie ihn über Jahre ertragen müssen. Um an ihr Ziel zu gelangen, hat sie angefangen, zuerst dessen Ordnungsgefüge zu zerstören, um Henry zu verunsichern, ihn zweifeln zu lassen, ihn besonders an sich selbst zweifeln zu lassen.« Carmen machte eine Pause und vermittelte den Eindruck, als grübelte sie. »Ach, was mir in diesem Zusammenhang gerade einfällt: Für wen sind eigentlich im Gästehaus diese medizinischen Bücher über die Anwendung und Auswirkungen von bestimmten Medikamenten? Und dann die über Schizophrenie und psychologische Sachthemen? Einführung in die Psychoanalyse? Etwa für den Gärtner?« Carmen lächelte so offen, dass Sarah keinen Hintergedanken zu erkennen glaubte.
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, die stehen schon immer dort. Zumindest, seit ich mich daran erinnern kann.«
    »So?« Carmen stülpte die Lippen auf. »Aber in einem Buch liegt noch der Bestellzettel. Und zwar vom Februar diesen Jahres. Ich glaube, es ist die Einführung in die Psychoanalyse.«
    Sarah hob bedauernd die Hände. »Keine Ahnung. Vielleicht wollte Henry wissen, wie es um ihn steht.«
    »Ja, so wird es wohl gewesen sein.«
    Sarah deutete hinaus auf das Meer. »Carmen, schau nur das Segelschiff. Das mit den drei Segeln, das große dort hinten. Hättest du nicht auch mal Lust, Urlaub auf einem Segelschiff zu machen?«
    »Auf See? Bei diesen hohen Wellen? Tag und Nacht? Nein danke, mir wird immer schlecht. Schon auf der Saar wird mir schlecht.« Carmen verzog das Gesicht.
    »Dann könntest du auch von keiner Brücke springen.«
    »Tabletten wären mir angenehmer. Aber wir schweifen vom Thema ab.«
    »Das möchte ich keineswegs, Carmen. Komm, lass uns dort unten zu der Bude gehen. Eine Cola und eine Portion Fritten. Ohne Gabel, mit den Fingern. Und viel Mayonnaise. Henry hat das gehasst. Wir nehmen richtig viel Mayonnaise.«
    »Und machen ein Foto und schicken es Henry.«
    Sie schlenderten hinunter und Carmen betrachtete Sarah verstohlen von der Seite. Nichts war aus ihrem Gesicht herauszulesen. Sie wirkte unbefangen und erholt, hatte wieder Kraft getankt und schien für die Zukunft gewappnet zu sein. Aber das brauchte sie eigentlich nicht, denn Sarahs Zukunft würde ihr, so wie es im Augenblick aussah,

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