Das ewige Lied - Fantasy-Roman
Sonderpreis“, versprach Grinabald. „Nur fünf Goldmünzen für den Beutel.“ Das erschien Jayel in der Tat günstig. Für alchemistisches Werk wurden normalerweise bis zu zehn Goldmünzen gefordert. „In Ordnung“, sagte sie daher, öffnete ihren Geldbeutel, den sie unter dem Gewand trug, und schob fünf der großen, golden schimmernden Münzen über den Tresen. „Ihr werdet es nicht bereuen“, versprach Grinabald und füllte das Pulver in einen kleinen Lederbeutel, den er Jayel in die Hand drückte. „Nehmt aber immer nur eine kleine Prise, das ist durchaus ausreichend. Wenn Ihr mehr verwendet, sieht der Kerl mehrere Tage lang nichts, und das wäre Verschwendung, wo Ihr doch nur wenige Minuten braucht, um euch aus dem Staub zu machen…“
Jayels Mutter wäre entsetzt über die Ausdrucksweise des Alchemisten gewesen, doch Jayel machte es nichts aus. Sie hatte in der Bardenschule gelernt, dass die Ausdrucksweise jedes Menschen etwas ganz Persönliches ist und sich über das ganze Leben hinweg ausprägt. Und Grinabalds Sprache zeugte von harter Arbeit, tiefsitzender Erfahrung und einer guten Portion Lebensfreude.
Jayel bedankte sich und nahm behutsam die große Flasche Tinte an sich. Sie war schwer, doch zum Glück war es bis zum Handelskontor nicht allzu weit. Jayel verabschiedete sich und verließ langsam und vorsichtig den Laden. Behutsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und war darauf bedacht, niemanden der Vorbeihastenden anzurempeln. Durch diese Fortbewegungsweise dauerte der Weg natürlich länger, und die Flasche in Jayels Armen schien immer schwerer und schwerer zu werden. Allmählich wünschte sie sich, ihren Bruder doch nicht fortgeschickt zu haben; ihm würde es sicherlich leichter fallen, die schwere Flasche zu transportieren…
Aber schließlich konnte Jayel schon das Handelskontor sehen. Es waren nur noch etwa 100 Schritte bis zur Eingangstür, und dort würde einer der Angestellten ihr die Flasche abnehmen.
Erleichtert ging Jayel weiter. Doch im nächsten Moment hörte sie neben sich ein Pferd wiehern, dann traf sie ein heftiger Schlag an der Schulter und sie stürzte. Jemand warf sich vor sie, und so fiel Jayel nicht auf die harte Erde, sondern auf … nun ja, auf jemanden. Aber die schwere Flasche konnte sie nicht halten: Sie polterte zu Boden und zerbrach genau neben dem Kopf von Jayels Helfer. Dunkelblaue Tinte spritzte…
Jayel war wie erstarrt. Die Tinte ihres Vaters. Wieder einmal war sie in Schwierigkeiten geraten. Aber, so sagte sie sich im nächsten Moment, diesmal konnte sie wirklich nichts dafür. Jayel starrte auf den Boden, wo die zerbrochene Tintenflasche lag. Daneben saß ein Mann auf dem Boden. Jayel sah an sich herab. Ihr rotes Kleid war mit blauer Tinte bespritzt. Sie sah auf den Mann, der sich langsam aufrichtete. Er war schlank, in schwarze Gewänder gehüllt und trug einen Stab bei sich. „Ein Magier“, schoss es Jayel durch den Kopf. Er hatte schulterlange, gelockte schwarze Haare und braune Augen. Mehr konnte sie von seinem Gesicht nicht erkennen – es war über und über mit blauer Tinte bedeckt.
„Der Alchemist hat etwas hinzugefügt, was diese Tinte besonders haltbar macht…“, hörte Jayel im Geiste die Stimme ihrer Mutter. Ihre Knie wurden schwach. Ein Glück, dass sie schon saß. Aus eigener Erfahrung wusste Jayel, dass schon „normale“ Tinte sehr schwer zu entfernen war. Wie oft hatte sie sich in der Schule die Hände mit Bimsstein wund gescheuert, um die Flecken zu entfernen.
„Ihr müsst meinen Bruder entschuldigen“, sagte plötzlich eine tiefe Stimme hinter Jayel. Im nächsten Augenblick fühlte sie, wie sie von zwei kräftigen Händen gepackt und in die Höhe gehoben wurde. Im Nu stand sie wieder auf ihren Beinen. Jayel sah sich um. Eine Menschentraube hatte sich um sie und den Mann am Boden geschart. Neben ihr stand ein Pferd und hinter ihr ein Mann. Er war es, der sie hochgehoben hatte, und zu ihm gehörte auch die dunkle, etwas arrogante Stimme, die auch zu seinem Gesichtsausdruck passte.
„Ihn entschuldigen..?“, wiederholte Jayel mit matter Stimme etwas verwirrt. „Was … was … was ist denn überhaupt passiert?“
„Nun ja…“ Der Mann hinter ihr stellte sich in Rednerpose und begann so laut zu sprechen, als wollte er den ganzen Marktplatz mit der Geschichte amüsieren. Obwohl er mit Sicherheit nur einige Jahre älter war als Jayel, behielt er immer noch den selben arroganten und altklugen Tonfall bei. „Mein
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