JULIA EXTRA Band 0286
1. KAPITEL
Der einzige Ort, an dem er wirklich entspannen konnte, war hier auf der Insel Lefkis, doch heute lagen die Dinge anders …
Alexander Kosta, Retter der Insel? Der Bürgermeister, der gerade zu der Menschenmenge sprach, nannte ihn jedenfalls so. Besser das als die Wahrheit, dachte Alexander. Ein skrupelloser Tycoon, der keine Gelegenheit ungenutzt ließ, unter den Nagel gerissen hatte, klang bei Weitem nicht so gut.
Sein Blick wanderte über das helle Pavillon-Zelt und den Hafen hin zu dem tiefblauen Meer dahinter. Die Insel Lefkis war wunderschön und noch gänzlich unberührt. Als sie zum Verkauf angeboten wurde, hatte er nicht eine Sekunde gezögert.
Nichts entging seinem Adlerauge, und an diesem Tag schien es sich eine junge Frau in den Kopf gesetzt zu haben, ihn zu stören. Sie stand an Deck eines alten Fischerbootes und starrte ihn wütend an – der einzige Makel in einem ansonsten absolut perfekten Panorama. Er hatte die Anweisung gegeben, dass alle Schiffe mit flachem Kiel den Hafen zu verlassen hatten, um Platz für die Super-Yachten zu machen, doch sie war immer noch da.
Ellie Foster, oder Ellie Mendoras, wie sie sich nannte, um ihren toten griechischen Vater zu ehren, war von den Inselbewohnern auserkoren worden, ihre Bedenken gegen Alexanders Zukunftsvisionen für Lefkis zu äußern. Doch sie wusste nicht, aus welchem Grund er die Insel in Wahrheit gekauft hatte, und sie ahnte ganz eindeutig nicht, mit wem sie es hier zu tun hatte.
In einer Situation wie dieser bediente er sich seiner bevorzugten Waffe: seines Charmes. Er war sich sicher, dass seine Gegner schon bald zu einem Einsehen kommen würden. Der Wohlstand, den er der Insel bringen konnte, war viel zu verführerisch.
Erneut ließ er seinen Blick zu der jungen Frau wandern. Allein ihre Anwesenheit stellte eine Beleidigung dar. Sie war schäbig gekleidet in eine Art Arbeitsoverall, womit sie keinen größeren Kontrast zu all den glamourösen Frauen hätte bilden können, die ihn zahlreich umschwärmten. Noch dazu wirkte ihr Gesichtsaudruck mit jeder Minute grimmiger.
Alle anderen lächelten ihn an … Wenn er es sich recht überlegte, so gab es niemanden, der es jemals wagte, ihn nicht anzulächeln. Wozu auch? Sein ungeheurer Reichtum tat überall seine Wirkung. Alexander Kosta verkörperte die Erfolgsgeschichte, an der jeder teilhaben wollte. In einer Baracke geboren, hatte er schon in sehr jungen Jahren gelernt, dass die einzige Sicherheit im Leben das Essen war, das er auf den Tisch brachte, und die einzige Liebe, auf die er sich verlassen konnte, die käufliche war.
Heutzutage konnte er sich alles kaufen, was sein Herz begehrte, inklusive einer Insel. Er hatte Lefkis zu seinen Besitztümern hinzugefügt so wie andere Leute eine reizvolle Vase erwarben – und er hatte die Insel einem Mann weggenommen, der sowohl sein größter Feind als auch der größte Antrieb für seinen Ehrgeiz war. Es stellte schon ein kleines Wunder dar, dass Lefkis unter dem unbarmherzigen Regime seines Vorgängers Demetrios Lindos überlebt hatte.
Die Frau sollte mir dankbar sein, dachte Alexander, der erneut zu Ellie hinüberschaute. Die Motorbootrennen waren nur der Anfang. Er hatte noch ganz andere Pläne für Lefkis im Sinn. Es würde Hotels geben, luxuriöse Restaurants, Einkaufszentren … Jeder würde davon profitieren, inklusive des kleinen Störenfrieds auf dem alten Fischerkahn.
Als Alexander hörte, wie ein paar Einheimische protestierend vor sich hin murmelten, biss er die Zähne zusammen. Wenn diese Leute nicht einsahen, was er für sie tun wollte – wenn sie, Ellie Mendoras, sie daran hinderte zu erkennen, wie positiv die Veränderungen waren, die er beabsichtigte …
Sie stand kurz davor, von Bord zu gehen. Obwohl die Entfernung viel zu groß war, um ihre Gesichtszüge erkennen zu können, sprach ihr trotzig vorgeschobenes Kinn Bände. Hatte sie tatsächlich vor, sich ihm zu widersetzen? Die Frau hatte Nerven! Normalerweise wurde er an seinem Reichtum und Einfluss gemessen, und jeder horchte auf, wenn er etwas zu sagen hatte. Ellie Mendoras sollte ihm auf den Knien dafür danken, dass er rechtzeitig gekommen war, um ihre bedeutungslose kleine Insel zu retten.
Alexander beobachtete, wie Ellie mit entschlossenem Schritt den Kai hinunter auf ihn zumarschierte. Ihre selbstverständliche Annahme, sich auf der Seite der Guten zu befinden, während sie ihn zu den Schurken zählte, ging ihm richtig unter die Haut. Schließlich war sie ein
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