Das Experiment Angel - Maximum Ride ; 1
sind.«
Auf den Gesichtern spiegelten sich Überraschung, Schock, unglaubliche Aufregung, aber auch Angst. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, deine Eltern kennenzulernen, wenn du zwischen sechs und vierzehn bist? Ich konnte es nicht. So viel steht fest.
»Worauf wartest du?«, fragte Iggy. » Bitte , den Umschlag. Mach ihn auf. Und dann soll mir jemand sagen, was drinsteht.«
Ich zitterte vor Aufregung, als ich die Blätter herausholte, die ich im Institut ausgedruckt hatte. Hier waren die Antworten auf die Mysterien unseres Lebens, richtig? Die anderen drängten sich um mich, lehnten sich über meine Schultern und halfen mir, die Seiten zu glätten.
»Max, was hat Jeb damit gemeint – du hättest deinen Bruder getötet?«, fragte Nudge aus heiterem Himmel. Diese Frage war so typisch für sie – wieder in ihrer eigenen Welt. »Er hat doch nicht etwa gemeint, dass Ari dein Bruder war, oder? Ihr wart doch nicht – ich meine – das ist ja dreifach ätzend …«
Ich hielt die Hand hoch und bemühte mich, nicht loszuschreien. In mir explodierten fast die aufgestauten Gefühle. »Ich weiß es nicht, Nudge«, antwortete ich und zwang mich, ruhig zu reden. »Aber darüber kann ich mir im Moment keine Gedanken machen. Komm, wir wollen diese Seiten lesen. Wenn jemand etwas Interessantes findet, soll er schreien.« Ich verteilte die zerknitterten Blätter.
»Wer ist dein Daddy?«, rief der Gasman. »Wer ist deine Mammi?«
134 Angel fing an, ganz langsam zu lesen. Sie sprach die Worte laut aus. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie nach ungefähr zehn Sekunden.
Dann setzte sich der Gasman auf. »Hier bin ich!«, rief er. »Hier bin ich!«
Der Gasman reichte mir seine Blätter. Ich las schnell. Tatsächlich, da stand sein Name: »F28246eff (der Gasman).« Mir blieb beinahe das Herz stehen.
»Hier ist eine Adresse!«, sagte ich und fuhr mit dem Finger über die Seite. »Das ist in Virginia.«
»Ich habe auch eine Adresse und ein paar Namen«, sagte Fang. »Und meinen Namen. Und – o Mann – da sind auch Fotos.«
»Lass sehen! Zeig mal her!«
Alle drängten sich um Fang, der normalerweise Mr Cool, der Eisberg, persönlich war. Jetzt zitterte er am ganzen Leib. Wir alle zitterten wie Espenlaub.
Nudge deutete auf das Foto in Fangs Hand. Darauf sah man einen Mann und eine Frau, die Mitte dreißig zu sein schienen. »Er sieht genau wie du aus, Fang. Und sie auch. Das müssen deine Mom und dein Dad sein! Da gibt es gar keinen Zweifel!«
Dann stockte ihr die Stimme. Plötzlich weinten wir alle. Nur Fang natürlich nicht. Er murmelte nur: »Vielleicht ja, vielleicht nein.«
Dann lasen alle wie verrückt und blätterten die Seiten durch. Alle suchten nach ihren Eltern. Niemand machte einen Mucks. Bis –
» Hier sind sie! Meine Mom und mein Dad!«, schrie der Gasman. »Einhundertsiebenundsechzig Cortlandt Lane in Alexandria, Virginia! Angel, schau! Das sind sie. Es ist ein Wunder. Sie sehen aus wie ich – und wie du, Angel!«
Angel starrte einen Moment lang stumm auf das Foto, dann verzog sich ihr Gesichtchen, und sie brach in Tränen aus. Sofort nahm ich sie in die Arme, drückte sie an mich und streichelte ihr Haar. Eigentlich ist Angel keine Heulsuse. Als ich spürte, wie sie vor Schluchzen bebte, zerriss es mir fast das Herz. Was für ein Moment. Jetzt ein Foto.
»Auf diesen Seiten steht aber auch ein Haufen Unsinn«, sagte Fang und brachte mich ins Jetzt zurück. »Zahlen und so.«
Ich sah es auch. »Warum haben sie nur einen Teil der Informationen verschlüsselt? Das ergibt keinen Sinn.«
»Ist doch total egal!«, schrie der Gasman glücklich. »Ich habe meine Mom und meinen Dad gefunden! J-U-U-H-U! Ich nehme zurück, dass ich wütend auf sie war.«
Fang, der Gasman und Angel hatten den Jackpot gewonnen, aber Iggy bis jetzt noch nicht. Auch Nudge war nicht sicher, ob ihre Eltern im Westen waren oder nicht.
»Iggy! Iggy! Deine Mom! Oh – hier steht, dein Dad ist gestorben«, meldete der Gasman. »Tut mir leid wegen deinem Dad. Aber deine Mom sieht super aus.« Er beschrieb sie laut.
Ja, da blieb von uns allen nur ein Kind ohne Mom und Dad, ohne Unterlagen im Institut. Du hast es erraten: moi! Ich gehörte immer noch niemandem und nirgendwohin.
Ich würde gern behaupten, dass ich ein so guter Mensch war, ein so guter Mannschaftsspieler, dass ich mich nicht total ausgeschlossen fühlte, es mir das Herz nicht zerriss, ich nicht am Boden zerstört war – aber ich bemühe mich, nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher