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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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    D ie Espressomaschine hinter meinem Rücken zischte wie eine zornige Schlange. Das Geräusch klang unheimlich, um nicht zu sagen drohend in meinen Ohren, und ich dachte bei mir, dass fast alle unsere neuzeitlichen technischen Errungenschaften das gleiche Gefühl erwecken. Das bösartige Heulen eines Düsenflugzeugs, das dumpf-einschüchternde Dröhnen der Untergrundbahn, die schweren Lastzüge, die die Fundamente unserer Häuser erbeben lassen… selbst die gewöhnlichsten Haushaltsgeräte mahnen zur Vorsicht, so große Erleichterungen sie auch bieten mögen. Staubsauger, Waschmaschinen, Schnellkochtöpfe, Geschirrspüler und Eisschränke scheinen zu sagen: Vorsicht, ich bin zwar zu deiner Bequemlichkeit da, aber wehe, wenn du die Kontrolle über mich verlierst!
    Eine gefährliche Welt – ja, wahrhaftig gefährlich.
    Ich rührte in dem dampfenden Kaffee, der vor mir stand. Er duftete höchst angenehm.
    »Was möchten Sie sonst noch? Ein schönes Sandwich mit Schinken und Banane?«
    Das schien mir eine seltsame Kombination. Bananen erinnerten mich an meine Kindheit – oder höchstens noch an bananes flambées mit Zucker und Rum. Und Schinken war in meiner Vorstellung unweigerlich mit Eiern verbunden. Aber man muss mit den Wölfen heulen und da ich in Chelsea mit seinen vielen italienischen Restaurants lebte, musste ich mich eben den Gewohnheiten von Chelsea beugen. Also bestellte ich ein schönes Sandwich mit Schinken und Banane.
    Obwohl ich nun schon seit drei Monaten hier eine möblierte Wohnung hatte, fühlte ich mich in dieser Gegend von London immer noch als Fremdling. Ich schrieb an einem Buch über die Architektur der Moguln, doch dazu hätte ich mich genauso gut in jedem beliebigen anderen Stadtteil niederlassen können. Meine Umgebung war mir völlig gleichgültig, sofern sie nicht direkt meine Arbeit betraf – ich lebte völlig in meiner eigenen Welt.
    An diesem Abend jedoch hatte ich unter jenem Unlustgefühl gelitten, das jeden Schriftsteller von Zeit zu Zeit ergreift.
    Lebensweise und Architektur der Moguln und all die faszinierenden Probleme, die sich daraus ergaben, fand ich auf einmal tödlich langweilig. Was bedeuteten sie schon? Weshalb wollte ich eigentlich darüber schreiben?
    Ich blätterte zurück und überflog noch einmal, was ich bereits geschrieben hatte. Es schien mir alles gleich schlecht; erbärmlich geschrieben und unwahrscheinlich eintönig. Wer immer es auch gesagt hatte: »Geschichtliche Ereignisse sind nur Hindernisse auf unserm Weg« – vielleicht Henry Ford? –, der hatte vollkommen Recht gehabt.
    In dieser Stimmung stieß ich mein Manuskript hasserfüllt von mir, stand auf und schaute auf die Uhr. Es war kurz vor elf. Hatte ich eigentlich zu Abend gegessen? Nach dem leeren Gefühl in meinem Magen zu schließen, wohl nicht. Einen kleinen Lunch, ja – aber das war schon lange her.
    Ich ging in die Küche und guckte in den Eisschrank. Da war ein Rest getrockneter Zunge, der mich jedoch gar nicht lockte. So kam es denn, dass ich die King’s Road hinunterschlenderte und schließlich in einer Coffee Bar landete, die quer über dem Fenster in roten Neonbuchstaben den Namen »Luigi« trug, und jetzt tiefsinnig ein Sandwich mit Schinken und Banane betrachtete, während ich über die düsteren Aspekte des Lärms in unserem technischen Zeitalter und ihre atmosphärischen Auswirkungen nachgrübelte.
    Die Espressomaschine zischte mir wieder ins Ohr. Ich bestellte eine zweite Tasse und sah mich im Lokal um. Meine Schwester behauptete immer, ich würde überhaupt nichts sehen oder bemerken von dem, was um mich herum vorging. »Du lebst vollkommen in deiner eigenen Welt«, pflegte sie vorwurfsvoll zu sagen. Nun schaute ich mich also um in dem erhebenden Gefühl, eine besondere Leistung zu vollbringen. Man las doch fast jeden Tag etwas über diese italienischen Restaurants und ihre Besitzer in den Zeitungen und dies war meine Chance, mir mein eigenes Urteil über das Leben von heute zu bilden.
    Es war recht düster im Raum, sodass ich nicht allzu viel sehen konnte. Die Gäste waren fast alle jüngere Leute und, wie ich vage vermutete, das, was man die Off-Beatgeneration nennt. Die Mädchen sahen so aus, wie sie mir heutzutage alle vorkommen, nämlich schmuddelig. Auch schienen sie viel zu warm angezogen zu sein. Das hatte ich schon vor ein paar Wochen bemerkt, als ich mit einigen Bekannten dinierte. Die junge Frau am Nebentisch damals mochte etwa zwanzig gewesen sein; im Lokal war es

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