Das fahle Pferd
aufhören… Sie werden…«
Pater Gorman antwortete zuversichtlich. »Ich werde bestimmt das Nötige veranlassen. Sie können mir vertrauen…«
Ein Arzt und eine Ambulanz erschienen ein paar Minuten später. Mrs Coppins empfing sie mit düsterem Triumph.
»Zu spät – wie üblich«, erklärte sie. »Sie ist tot.«
4
P ater Gorman schritt durch die hereinbrechende Dämmerung. Heute Abend würde es Nebel geben, er breitete sich bereits in dichten Schwaden aus. Pater Gorman blieb nachdenklich stehen und überlegte. Eine fantastische Geschichte, die er da gehört hatte! Wie viel davon mochte Wahrheit sein – wie viel Fieberdelirium? Ein Teil jedenfalls stimmte, so viel stand fest. Er musste unbedingt einige Namen aufschreiben, solange sie noch frisch in seiner Erinnerung hafteten. Aber die St. Francis Guild würde bereits versammelt sein, wenn er zurückkehrte. Rasch wandte sich der Priester um und trat in ein kleines Kaffeehaus, wo er sich an einen Cafétisch setzte und eine Tasse des braunen Getränks bestellte. Er griff in die Tasche seiner Soutane. Ach, Mrs Gerahty! Er hatte sie doch gebeten, die Tasche zu flicken – aber wie üblich war es nicht geschehen. Sein Notizbuch, der Bleistift und ein paar lose Münzen waren durch das Futter geschlüpft. Mühsam kramte er die Münzen und den Bleistift hervor, aber das Notizbuch konnte er nicht zu fassen kriegen. Der bestellte Kaffee kam und er bat die Kellnerin um einen Zettel.
»Genügt Ihnen das?«
Es war eine zerrissene Papiertüte. Pater Gorman nickte und begann zu schreiben. Die Namen – diese Namen, die er auf keinen Fall vergessen durfte.
Die Tür des Cafés öffnete sich; drei junge geschniegelte Burschen traten ein und setzten sich lärmend.
Pater Gorman schrieb alles nieder, was ihm wichtig schien. Dann faltete er den Zettel und war im Begriff, ihn in die Tasche seiner Soutane zu stecken, als ihm das Loch darin einfiel. Da schob er, wie schon so oft, das zusammengefaltete Papier in seinen Stiefel.
Ein Mann kam herein und setzte sich ruhig in eine entfernte Ecke. Pater Gorman trank aus Höflichkeit einen Schluck von dem faden Gebräu, verlangte seine Rechnung und zahlte. Dann erhob er sich und ging hinaus.
Der Mann, der eben erst hereingekommen war, schien seine Absicht zu ändern. Er zog seine Uhr heraus und sprang erschrocken auf, als ob er sich in der Zeit geirrt hätte. Gleich darauf eilte auch er davon.
Der Nebel wurde immer dichter und Pater Gorman beschleunigte seine Schritte. Er kannte seinen Distrikt genau und nahm daher eine Abkürzung – einen schmalen Seitenpfad, der dicht am Bahngleis entlangführte. Vielleicht hörte er den Mann, der hinter ihm herkam, dachte sich jedoch nichts dabei. Weshalb sollte er auch?
Der Schlag mit dem Knüppel traf ihn völlig unerwartet. Er stolperte vorwärts und fiel zu Boden…
5
D r. Corrigan schlenderte pfeifend in das Büro von Inspektor Lejeune. Er schien bester Laune und sehr gesprächig.
»Ich habe mir Ihren padre angesehen«, bemerkte er.
»Und das Resultat?«
»Wir wollen die technischen Ausdrücke dem Leichenbeschauer überlassen. Tatsache ist, dass er mit einem Knüppel niedergeschlagen wurde. Wahrscheinlich hat ihn schon der erste Hieb getötet, aber der Angreifer wollte sichergehen. Sieht hässlich aus, die ganze Sache.«
»Das kann man wohl sagen«, knurrte Lejeune.
Er war ein kräftiger Mann mit dunklem Haar und grauen Augen. Sein ruhiges Gehabe trog, denn manchmal wurden seine Hände überraschend beweglich und ausdrucksvoll und verrieten seine Abstammung von französischen Hugenotten.
Nachdenklich meinte er: »Hässlicher als nötig für einen einfachen Raubmord, hm?«
»Handelte es sich denn um Raub?«, wollte der Arzt wissen.
»Man vermutet es.« Lejeune zuckte die Achseln. »Seine Taschen waren nach außen gekehrt, und das Futter seiner Soutane ist zerrissen.«
»Da war doch keine große Ausbeute zu erwarten. Die meisten dieser Distriktspriester sind doch so arm wie die Kirchenmäuse.«
»Der Kopf wurde ihm völlig zerschmettert… um sicherzugehen, dass er auch wirklich tot war«, grübelte der Inspektor. »Das muss doch einen Grund haben.«
»Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder handelt es sich um einen dieser brutalen jungen Burschen, die Gewalt einfach um der Gewalt willen ausüben – es gibt deren heutzutage leider genug.«
»Und das zweite Motiv?«
»Ein besonderer Hass auf den armen Pater. Ist das denkbar?«
Lejeune schüttelte den Kopf.
»Sehr
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