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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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beiseite ließ, ergaben die Tatsachen, dass Mrs. Inglethorp an einer Strychninvergiftung gestorben war. In Anbetracht der gefundenen Mengen musste sie mindestens drei Viertel Gran Strychnin eingenommen haben, wahrscheinlich aber ein Gran oder sogar mehr.
    «Ist es möglich, dass sie das Gift aus Versehen geschluckt hat?», fragte der Untersuchungsrichter.
    «Das halte ich für höchst unwahrscheinlich. Strychnin wird nicht für Haushaltszwecke verwendet wie andere Gifte, und man kann es nur mit besonderer Genehmigung kaufen.»
    «Haben Ihre Untersuchungen darüber Aufschluss gebracht, wie das Gift verabreicht wurde?»
    «Nein.»
    «Soweit ich weiß, sind Sie vor Dr. Wilkins in Styles angekommen?»
    «Das stimmt. Das Auto begegnete mir vor dem Parktor und ich eilte dann so schnell zum Haus, wie ich konnte.»
    «Wären Sie so freundlich und berichten uns, was anschließend geschah?»
    «Ich betrat Mrs. Inglethorps Zimmer. Sie befand sich gerade in einem starrkrampfähnlichen Zustand. Sie drehte sich zu mir um und keuchte: ‹Alfred… Alfred…›»
    «Hätte sich das Strychnin in dem Kaffee befinden können, der ihr von ihrem Mann gebracht wurde?»
    «Möglicherweise, aber Strychnin wirkt ziemlich schnell. Die Wirkung zeigt sich ein bis zwei Stunden nach der Einnahme. Unter bestimmten Bedingungen setzt sie erst später ein, doch in diesem Fall trifft keine davon zu. Ich nehme an, dass Mrs. Inglethorp ihren Kaffee nach dem Essen so gegen acht Uhr trank. Doch die Symptome zeigten sich erst in den frühen Morgenstunden, das weist darauf hin, dass das Gift erst sehr viel später am Abend eingenommen wurde.»
    «Mrs. Inglethorp hatte die Angewohnheit, um Mitternacht eine Tasse Kakao zu trinken. Könnte er das Strychnin enthalten haben?»
    «Nein, ich habe selbst eine Probe des Kakaorests in dem Topf untersucht. Er enthielt kein Strychnin.»
    Ich hörte Poirot neben mir leise lachen.
    «Woher wussten Sie das?», flüsterte ich.
    «Hören Sie zu.»
    «Ich würde sagen», fuhr der Arzt fort, «dass jedes andere Ergebnis mich auch sehr überrascht hätte.»
    «Warum?»
    «Einfach deshalb, weil Strychnin einen außergewöhnlich bitteren Geschmack hat. Man kann es noch in einer Lösung von eins zu siebzigtausend herausschmecken, und es kann nur durch einen sehr starken Geschmack überdeckt werden. Kakao würde dazu nicht ausreichen.»
    Einer der Geschworenen wollte wissen, ob das Gleiche auch für Kaffee zuträfe.
    «Nein. Kaffee hat selbst einen sehr bitteren Geschmack, der den von Strychnin wahrscheinlich überdecken würde.»
    «Dann halten Sie es für wahrscheinlicher, dass das Gift im Kaffee war, die Wirkung sich aber aus irgendeinem unbekannten Grund verzögerte?»
    «Ja. Da die Tasse jedoch völlig zertrümmert wurde, konnten wir den Inhalt nicht mehr analysieren.»
    Damit war Dr. Bauersteins Aussage beendet. Dr. Wilkins stimmte ihm in allen wesentlichen Punkten zu. Als er zu der Möglichkeit eines Selbstmords befragt wurde, wies er das gänzlich von sich. Die Verstorbene litt zwar an einem schwachen Herzen, aber ansonsten erfreute sie sich bester Gesundheit und befand sich in einer heiteren, ausgeglichenen Gemütsverfassung. Sie wäre die Letzte gewesen, die sich das Leben genommen hätte.
    Lawrence Cavendish wurde als Nächster aufgerufen. Seine Aussage war ziemlich unwichtig, es handelte sich eigentlich nur um eine Wiederholung dessen, was sein Bruder gesagt hatte. Als er gerade den Zeugenstand verlassen wollte, hielt er inne und fragte: «Dürfte ich vielleicht einen Vorschlag machen?»
    Er sah bittend zu dem Untersuchungsrichter hinüber, der schnell erwiderte: «Gewiss, Mr. Cavendish, wir sind ja hier, um die Wahrheit herauszufinden, und begrüßen alles, das uns hierbei weiterhilft.»
    «Ich hatte da nur so eine Idee», erklärte Lawrence. «Natürlich kann ich mich total irren, aber mir scheint, als könnte der Tod meiner Mutter auch eine natürliche Ursache haben.»
    «Was meinen Sie damit, Mr. Cavendish?»
    «Meine Mutter nahm zum Zeitpunkt ihres Todes und schon einige Zeit vorher ein Tonikum ein, das Strychnin enthielt.»
    «Aha!», sagte der Untersuchungsrichter.
    Die Geschworenen sahen interessiert auf.
    «Ich glaube, es gab schon Fälle, wo die kumulative Wirkung der Droge nach einiger Zeit zum Tod geführt hat. Wäre es denn nicht auch möglich, dass sie aus Versehen eine Überdosis ihrer Medizin genommen hat?»
    «Wir hören zum ersten Mal, dass die Verstorbene zur Zeit ihres Todes ein Medikament einnahm,

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