Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
prüfend an.
    «Bisher kennen wir den Fall nur von außen. Wenn sich erst bei der gerichtlichen Untersuchung herausstellt, dass es um einen Mord geht, ist der Yard natürlich im Nachteil. Es hängt viel davon ab, dass man gleich von Anfang an dabei ist, und hier ist Mr. Poirot uns gegenüber im Vorteil. Wir wären ja noch nicht mal jetzt da gewesen, wenn nicht dieser schlaue Arzt uns durch den Untersuchungsrichter einen Tipp hätte zukommen lassen. Aber Sie waren von Anfang an dabei und vielleicht haben Sie ein paar kleine Hinweise aufgeschnappt. Nach den Zeugenaussagen von eben zu urteilen, hat Mr. Inglethorp seine Frau ermordet, so wahr, wie ich hier stehe, und ich würde jedem, der das Gegenteil behauptet, ins Gesicht lachen. Ich muss gestehen, es erstaunte mich, dass die Geschworenen ihn nicht gleich des vorsätzlichen Mordes angeklagt haben. Ich denke, sie hätten es auch getan, wenn der Untersuchungsrichter nicht gewesen wäre – er schien sie davon zurückzuhalten.»
    «Vielleicht, obwohl Sie ja jetzt einen Haftbefehl für ihn in der Tasche haben», warf Poirot ein.
    Ober Japps ausdrucksvolle Miene legte sich eine Art starre Beamtenmaske.
    «Vielleicht habe ich einen, vielleicht auch nicht», erwiderte er trocken.
    Poirot sah ihn nachdenklich an.
    «Es läge mir viel daran, Messieurs, wenn er nicht verhaftet würde.»
    «Das glaube ich gern», bemerkte Summerhaye ironisch.
    Japp betrachtete Poirot mit verblüffter Belustigung.
    «Wollen Sie uns nicht etwas mehr darüber verraten, Mr. Poirot? Ein Augenzwinkern von Ihnen ist so gut wie ein Nicken. Sie waren von Anfang an dabei – und der Yard möchte nicht gern Fehler machen, wie Sie wissen.»
    Poirot nickte ernst.
    «Genau das habe ich mir gedacht. Nun gut, ich werde Ihnen etwas sagen: Nehmen Sie Ihren Haftbefehl und verhaften Sie Mr. Inglethorp. Aber das wird Ihnen keine Belobigung einbringen – die Anklage gegen ihn wird sofort fallen gelassen werden. Comme ca!» Und er schnippte vielsagend mit den Fingern.
    Japp machte ein sehr ernstes Gesicht, aber Summerhaye schnaubte ungläubig.
    Ich hingegen war buchstäblich geplättet vor Staunen. Ich konnte aus all dem nur noch schließen, dass Poirot verrückt geworden war.
    Japp hatte ein Taschentuch herausgezogen und betupfte seine Stirn.
    «Das wage ich nicht, Monsieur Poirot. Ich würde Sie gern beim Wort nehmen, aber da gibt es auch noch meine Vorgesetzten, die mich fragen werden, was zum Teufel das soll. Können Sie mir nicht ein bisschen mehr verraten?»
    Poirot dachte kurz nach.
    «Ich gebe zu, ich mache das ungern. Das zwingt mich, meine Karten aufzudecken. Ich hätte gern noch eine Weile unbemerkt weitergearbeitet, aber was Sie da sagen, ist berechtigt – das Wort eines pensionierten belgischen Polizisten genügt nicht! Und Alfred Inglethorp darf nicht verhaftet werden. Das habe ich geschworen, wie mein Freund Hastings hier weiß. Sagen Sie, mein guter Japp, fahren Sie jetzt gleich nach Styles?»
    «Nein, erst in einer halben Stunde. Wir wollen zuerst mit dem Arzt und dem Untersuchungsrichter sprechen.»
    «Gut. Sie können mich ja dann mitnehmen – ich wohne im letzten Haus im Dorf. Ich werde Sie begleiten. In Styles wird Mr. Inglethorp Ihnen solche Beweise vorlegen – und wenn er es nicht tut, was wahrscheinlich ist, werde ich das tun –, dass man die Anklage gegen ihn unmöglich aufrechterhalten kann. Ist das ein Angebot?»
    «Das ist ein Angebot», bestätigte Japp herzlich. «Und im Namen des Yard bin ich Ihnen sehr verpflichtet, obwohl ich Ihnen gestehen muss, dass ich momentan nicht das kleinste Schlupfloch in der Beweiskette sehen kann, aber Sie waren schon immer ein Zauberer! Also, bis dann, Mussjöh.»
    Die zwei Detektive schlenderten davon, Summerhaye mit einem ungläubigen Grinsen im Gesicht.
    «Na, mein Freund», rief Poirot, bevor ich den Mund aufmachen konnte, «was sagen Sie dazu? Mir wurde bei dem Verhör einige Mal sehr warm: ich hätte nicht geglaubt, dass der Mann so dickköpfig sein und überhaupt nichts sagen würde. Es war wirklich ein absolut idiotisches Verhalten.»
    «Hm. Es gibt noch andere Erklärungen für sein Verhalten als Idiotie», bemerkte ich. «Wenn er schuldig ist, wie sollte er sich dann anders als durch Schweigen verteidigen?»
    «Na, durch tausend verschiedene Möglichkeiten», rief Poirot. «Sehen Sie, wenn ich zum Beispiel den Mord begangen hätte, könnte ich mindestens sieben höchst überzeugende Geschichten auftischen! Viel überzeugender als Mr.

Weitere Kostenlose Bücher