Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
höchstens gestattet, sich selbst zu täuschen.»
    «Ja, aber warum?»
    «Oh, das lässt sich nur schwer erklären. Sehen Sie, mein Freund, Sie sind von Natur aus ehrlich und in Ihrem Verhalten so durchschaubar – enfin, Sie können Ihre Gefühle einfach nicht verbergen! Hätte ich Ihnen von meinem Verdacht erzählt, dann hätte Ihr Verhalten beim Anblick von Mr. Alfred Inglethorp diesem aufmerksamen Herrn gezeigt, dass da jemand Lunte gerochen hatte. Und dann adieu zu unseren Chancen, ihn zu überführen!»
    «Ich finde, ich bin diplomatischer, als Sie mir zutrauen.»
    «Mein Freund», bat Poirot, «ich bitte Sie inständigst, beruhigen Sie sich! Ihre Hilfe war höchst wertvoll. Es liegt nur an Ihrem offenherzigen, ehrlichen Charakter, dass ich mich zurückhielt.»
    «Na ja», knurrte ich etwas besänftigt, «ich finde aber immer noch, Sie hätten mir einen Hinweis geben können.»
    «Aber das habe ich doch, mein Freund. Sogar mehrere Hinweise. Sie wollten aber nicht zuhören. Denken Sie einmal nach, habe ich jemals zu Ihnen gesagt, dass ich John für schuldig hielt? Sagte ich Ihnen nicht ganz im Gegenteil, dass er bestimmt freigesprochen würde?»
    «Ja, aber…»
    «Und sagte ich nicht direkt danach, dass es sehr schwierig wäre, den Mörder zu überführen? War Ihnen denn da nicht klar, dass ich von zwei völlig verschiedenen Personen sprach?»
    «Nein, das war mir nicht klar!»
    Poirot fuhr fort: «Habe ich Ihnen nicht gleich zu Anfang mehrere Male gesagt, ich wollte nicht, dass Mr. Inglethorp jetzt verhaftet werden sollte? Das hätte Ihnen doch etwas sagen müssen.»
    «Wollen Sie damit sagen, dass Sie ihn schon so lange im Verdacht hatten?»
    «Ja. Denn es stand fest, dass er vom Tod seiner Frau am meisten profitieren würde. Das war völlig klar. Als ich am ersten Tag mit Ihnen nach Styles ging, wusste ich noch nicht, wie das Verbrechen durchgeführt worden war, aber nach dem, was ich über Mr. Inglethorp erfahren hatte, dachte ich mir schon, dass es sehr schwer werden würde, ihm etwas nachzuweisen. Als ich in Styles ankam, war mir sofort klar, dass Mrs. Inglethorp das Testament selbst verbrannt hatte. Und genau da dürften Sie sich eigentlich nicht beschweren, denn ich gab mir große Mühe, um Sie auf die Bedeutung eines Kaminfeuers im Hochsommer hinzuweisen.»
    «Ja, ja», sagte ich ungeduldig. «Machen Sie weiter.»
    «Was die Schuld von Mr. Inglethorp betraf, so wurde meine Überzeugung zunächst sehr erschüttert. Denn es gab so viele Beweise gegen ihn, dass ich zu dem Glauben neigte, er hätte es nicht getan.»
    «Wann haben Sie Ihre Meinung geändert?»
    «Als ich merkte, dass er sich immer mehr anstrengte, verhaftet zu werden, je mehr ich mich bemühte, ihn zu entlasten. Als ich dann herausbekam, dass nicht Mr. Inglethorp mit Mrs. Raikes zu tun hatte, sondern dass dies eher John Cavendishs Sache war, da war ich mir ganz sicher.»
    «Aber warum?»
    «Ganz einfach. Wenn Mr. Inglethorp ein Verhältnis mit Mrs. Raikes gehabt hätte, wäre sein Schweigen völlig verständlich gewesen. Aber als ich dann herausbekam, dass das ganze Dorf von der Liebelei zwischen John und der hübschen Bäuerin wusste, musste ich Mr. Inglethorps Schweigen ganz anders interpretieren. Es war nämlich Unsinn, dass er Angst vor einem Skandal hatte, da ihm kein Skandal angehängt werden konnte. Das gab mir furchtbar zu denken und ich kam langsam zu der Überzeugung, dass Alfred Inglethorp verhaftet werden wollte. Eh bien! Von diesem Augenblick an war ich ebenso entschlossen, dass er nicht verhaftet werden sollte.»
    «Einen Augenblick, bitte. Ich begreife nicht, warum er verhaftet werden wollte.»
    «Weil es in Ihrem Land, mein Freund, von Gesetzes wegen so ist, dass jemand, der einmal freigesprochen wurde, für dieses Verbrechens nie wieder angeklagt werden kann. Ah! Das war sehr schlau gedacht! Ganz gewiss ist er ein sehr methodischer Mensch. Wissen Sie, er wusste, dass er als Ehemann unter Verdacht geraten musste, deshalb kam er auf den ausgesprochen schlauen Einfall, eine Menge Beweise gegen sich selbst zu fabrizieren. Er wollte unter Verdacht geraten. Er wollte verhaftet werden. Dann würde er sein lückenloses Alibi vorlegen – und ab sofort war er für den Rest seines Lebens sicher!»
    «Aber ich begreife immer noch nicht, wie er einerseits ein Alibi hatte und andererseits zur Apotheke gehen konnte.»
    Poirot sah mich überrascht an.
    «Ist das denn die Möglichkeit? Mein armer Freund! Haben Sie immer noch nicht

Weitere Kostenlose Bücher