Das Fest der Köpfe
Mit dem Rücken prallte er gegen den rechten hohen Kotflügel des Feuerwehrwagens. Er bäumte sich noch einmal kurz auf, drehte sich im Fallen und blieb schließlich bewegungslos auf dem Bauch liegen.
Suko senkte seine Waffe. Im Gesicht des Inspektors regte sich nichts. Wie geschliffen wirkten seine Züge, als er den Platz verließ und sich dorthin wandte, wo die Schüsse gefallen waren. Er hatte den Klang der Beretta genau herausgehört und rechnete damit, seinen Freund John Sinclair zu treffen.
Der Lichtstrahl seiner Taschenlampe erfaßte einige Feuerwehruniformen, die an Haken hingen, tanzte über glitzernde Helme hinweg und verlor sich in der Dunkelheit, weil er durch eine offenstehende Tür ins Freie gedrungen war.
John hatte diesen Weg genommen, und Suko sah auch nichts von einem Gegner. Der Geisterjäger mußte ihn verfolgt haben. Natürlich wollte auch er in den Ort. Zunächst aber mußte er sich um Angela kümmern.
Er hörte sie reden und unterbrach sie nicht, weil sie dabei war, dem Küster mit abgehackten Worten ihre Geschichte zu erzählen. Suko hörte zu und verstand plötzlich so einiges. Stepanic hatte die Fäden gezogen, er hatte das Netz aufgebaut, in dem sich bereits einige Personen verfangen hatten.
Jetzt war es zerrissen, dafür hatte nicht zuletzt auch der Chinese Suko gesorgt.
Als er neben Angela stehenblieb, verstummte sie. Zusammen mit Neil hob sie den Blick.
»Es gibt Sie also tatsächlich. Jerome hat von Ihnen gesprochen. Ich glaube, er hatte Angst vor Ihnen.«
Suko deutete auf den Bewußtlosen. »Nicht zu Unrecht, wie sich herausgestellt hat.«
»Ja, ja, das stimmt.«
»Sind Sie denn okay?«
»Mein Gesicht…«
Suko lachte beruhigend. »Das sind nur Schrammen, Miß. In zwei Wochen sehen Sie davon nichts mehr.«
»Ich weiß. Nur der andere Schaden, der seelische, der ist schlimm. Ich werde wohl nicht in Kimberly bleiben.«
»Wobei wir beim Thema wären. Ich muß das leider sagen, aber Stepanic ist verschwunden. Können Sie sich vorstellen, Miß, wohin er gegangen ist?«
»Ich bin Angela.«
»Okay, Angela, aber…«
»Ja, ich weiß, was Sie wollen. Vielleicht ist er in sein Haus gelaufen. Dort wurde auch John Sinclair gefangengehalten. Da hat er einen Zombie vernichtet.«
»Wen?« rief der Küster.
»Es war Orson Kyle.«
Neill nickte Suko zu. »So hat es kommen müssen, Inspektor. Zwei leere Gräber…«
»Stimmt genau.«
Neill stand auf. »Ich will mich ja nicht einmischen. Wahrscheinlich ist dein Kollege hinter Stepanic her.«
»Das nehme ich an.«
»Ich sage dir, Suko, dann kommt er nicht bis zu seinem Haus. Der wird vorher abgefangen. Seine Praxis liegt auf der anderen Seite. Es ist von hier relativ weit.«
»Gut gedacht, Neill«, lobte Suko. »Wenn du recht hast, würde es bedeuten, daß ich ihn noch im Ort erwischen kann.«
»Ja, Suko, beim großen Fest der Köpfe…«
Die letzten Worte hörte Suko schon nicht mehr. Da war er bereits unterwegs…
***
Wo versteckte sich Stepanic? Wo war er hingelaufen? Den freien Platz vor dem Spritzenhaus hatte er verlassen, und für ihn gab es nur eine Alternative.
Er mußte in die Ortsmitte. Er mußte dorthin, wo sich zahlreiche Menschen versammelt hatten, die ihm genügend Deckung gaben. Nur da war er sicher. Typen wie er nutzten andere aus, er würde auch weiterhin Menschen vor seinen Karren spannen. Das wollte ich verhindern.
Über die Geschehnisse innerhalb des Hauses konnte ich den Mantel des Vergessens breiten. Da brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn ich hatte die Stimme meines Freundes Sukos gehört. Das war keine Einbildung gewesen. Da ich nicht dazu gekommen war, mich in London zu melden, so wie wir es vorher ausgemacht hatten, war Sir James nichts anderes übriggeblieben, Suko auf die Reise zu schicken, damit er nach mir sah.
Ich fand alles okay. Dieses Wissen gab mir Kraft und vertrieb den verdammten Druck in meinem Nacken, der sich bis in den Kopf ausgebreitet hatte. Bei jedem zu harten Schritt zuckten Schmerzpfeile durch meinen Schädel.
Ich hatte die schmale Durchfahrt erreicht und blieb für einen Moment stehen.
Der ausgehöhlte Kopf hing noch immer ein Stück von der Wand ab und glotzte in die Dunkelheit. Die Gasse wirkte wie ein Schalltrichter. Von der Straße her hörte ich den Geräuschpegel. Das Singen, die lauten Stimmen und die Musik hatten nicht nachgelassen. Sie kamen mir jetzt sogar lauter vor als sonst.
Ich lief in die Gasse hinein und hielt mich dabei dicht an der Wand. Ich dachte
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