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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Daraufhin faßte sich Uranita, wischte sich die Tränen ab, richtete sich auf und sagte rasch und entschlossen, wenn auch ohne die richtige Betonung, »Mutter und Lehrerin, Erhabene Matrone« auf, ohne abzusetzen. Man applaudierte ihr. Mama Julia strich ihr über das Haar, und ihr von tausend Falten zerfurchtes Mündchen gab ihr einen Kuß. Endlich ändert sich das Licht. Urania setzt ihren Weg fort, vor der Sonne geschützt durch den Schatten der Bäume auf der Máximo Gómez. Seit einer Stunde läuft sie schon. Es ist angenehm, unter den Lorbeerbäumen zu gehen, die Sträucher voll kleiner roter Blüten mit goldenem Stempel zu entdecken, Pfefferstrauch oder Christusblut genannt, während sie in ihre Gedanken vertieft ist, eingelullt von der Anarchie der Stimmen und der Musik und doch auf der Hut vor den Unebenheiten, Schlaglöchern, Vertiefungen, Verwerfungen der Bürgersteige, über die sie ständig zu stolpern droht, oder vor den Abfallhaufen, an dem Straßenhunde schnüffeln. Warst du damals glücklich? Als du mit dieser Gruppe von Schülerinnen der SantoDomingo-Schule am Muttertag zur Erhabenen Matrone gingst, um ihr Blumen zu bringen und das Gedicht aufzusagen, warst du es. Obwohl seit dem Augenblick, da die wunderschöne Gestalt, die ihre Kindheit beschützt hatte, aus dem Haus in der César Nicolás Penson verschwunden war, vielleicht auch die Idee des Glücks sich aus Uranias Leben verflüchtigt hatte. Aber dein Vater und deine Onkel und Tanten – vor allem Tante Adelina und Onkel Aníbal und die Cousinen Lucindita und Manolita – und die alten Freunde taten alles Menschenmögliche, um das Fehlen deiner Mutter durch liebevolle Fürsorge auszugleichen, damit du dich nicht allein, zurückgesetzt fühltest. Dein Vater war dir in jenen Jahren Vater und Mutter gewesen. Deshalb hattest du ihn so geliebt. Deshalb hatte es dir so weh getan, Urania.
    Als sie zum Hintereingang des Hotels Jaragua kommt, einem breiten Gittertor, durch das die Autos, die Hoteldiener, die Köche, die Zimmermädchen, das Reinigungspersonal in das Gebäude gelangen, bleibt sie nicht stehen. Wohin gehst du? Sie hat keine Entscheidung getroffen. Keinen Moment lang denkt ihr Kopf, der auf ihre Kindheit, auf ihre Schule, auf die Sonntage konzentriert ist, an denen sie mit ihrer Tante Adelina und ihren Cousinen zur Kindervorstellung des Elite-Kinos ging, daran, am Hotel vorbeizugehen, nicht zu duschen und zu frühstücken. Ihre Füße haben beschlossen weiterzugehen. Sie läuft ohne zu zögern, mit sicherer Orientierung, zwischen Fußgängern und Autos, die ungeduldig an den Ampeln warten. Willst du wirklich dorthin, wo du hingehst, Urania? Jetzt weißt du, daß du es tust, auch wenn du es zu bereuen haben wirst. An der Calle Cervantes biegt sie nach links ab und geht weiter bis zur Bolívar, während sie wie im Traum die ein- oder zweistöckigen Einfamilienhäuser wiedererkennt, mit Mauern und Gärten, unbedeckten Terrassen und Garagen, die ein Gefühl von Vertrautheit in ihr wecken, gut erhaltene, beschädigte, leicht verblaßte, abgeblätterte Bilder, durch Anbauten und Zusätze entstellt, auf die Terrassendächer gesetzte, an die Seiten gefügte, inmitten der Gärten errichtete Bauten, um die Sprößlinge unterzubringen, die heiraten und nicht allein leben können, die sich den Familien anschließen und mehr Raum verlangen. Sie geht an Wäschereien, Apotheken, Blumengeschäften, Cafés, Schildern von Zahnärzten, Ärzten, Rechnungsprüfern und Anwälten vorbei. Auf der Avenida Bolívar beschleunigt sie, als versuchte sie, jemanden einzuholen, als würde sie gleich losrennen. Das Herz schlägt ihr bis zum Hals. Du wirst jeden Augenblick zusammenbrechen. Auf der Höhe von Rosa Duarte biegt sie nach links ab und rennt los. Aber die Anstrengung ist zu groß, und sie geht wieder im Schritt, jetzt langsamer, dicht an der weißlichen Mauer eines Hauses, für den Fall, daß der Schwindel wiederkommt und sie sich auf etwas stützen muß, um Atem zu holen. Außer einem lächerlichen, schmalen vierstöckigen Gebäude dort, wo das kleine Stacheldrahtbewehrte Haus von Doktor Estanislas stand, der sie einst an den Mandeln operierte, hat sich nichts verändert; sie würde sogar schwören, daß die Dienstmädchen, die die Gartenwege und vor den Fassaden fegen, sie gleich grüßen werden: »Hallo, Uranita. Wie geht’s dir, Mädchen. Wie du gewachsen bist. Wohin denn nur so eilig, heilige Mutter Gottes.« Das Haus hat sich auch nicht sehr verändert,

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