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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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oder zerrissen war oder sich im labyrinthischen Körper der Frauen verloren hatte.
    Sie bedachten sie mit Segenswünschen, wenn ihre Arzneitränke die Schmerzen der Wehen linderten. Oder wenn ihre Hände ein schreiendes Neugeborenes hochhielten. Sie schickten sie mit Scheiben gedörrten Specks nach Hause oder mit Barchent, aus dem Johns Mutter seine Kleidung nähte. Doch sie bekreuzigten sich auch, das wusste er. Hinter ihrem Rücken gaben sie ihr andere Namen. Ihren Kindern erzählten sie, sie streife nachts mit ihrem zugedeckten Korb im Dorf umher. Mit ihrem dicken schwarzen Haar würde sie eine Schlinge um ihre Eingeweide ziehen. Mutter Susan bringe sie auf die Welt, sagten sie. Aber die unholde Sue könne sie aus ihr entfernen. Auch sie sei eine Art Hexe.
    John tauchte den Krug in den Trog hinter der Hütte und eilte zurück. Seine Mutter trank. Als der Hustenanfall sich legte, griff sie nach ihrer Tasche. John sah zu, wie sie eine Handvoll dicker grüner Stengel herausholte und sie mit beiden Händen zerbrach. Der kräftige Geruch frischen Holunders drang durch den Rauch. Frischgeschnittene Holunderzweige hielten die Fliegen fern, wusste John. Der abgekochte Sud regte den Darm an. Judas hatte sich an einem Holunderstrauch erhängt, hatte der alte Holy ihnen in einer seiner sonntäglichen Bibelstunden gesagt. Und aus den Zweigen konnte man Blasrohre machen. Man musste nur das Mark herauskratzen.
    John Mutter warf Sprossen in den kleinen Kessel im großen Kessel, nahm einen Schöpflöffel und rührte, wobei der Löffel langsame Achter in der dampfenden Flüssigkeit beschrieb. Ein Quantum Wasser wurde hinzugefügt und ein wenig Arzneilösung aus einem ihrer Töpfe.
    Eine Arznei konnte man im Handumdrehen verderben, hatte sie ihm erklärt. Etwa wenn man eine Wurzel zu kurz kappt oder sie zu lange kocht; wenn man eine Spur zu wenig oder einen Hauch zu viel hineingibt; wenn man Zwiebeln bei abnehmendem Mond oder an den falschen Tages des Jahres sammelt. Die Flüssigkeit in ihrem Kessel würde abgeseiht und abgekühlt und gemischt werden oder belassen, wie sie
war. Und dann würde sie sie abfüllen und zu den verschlossenen Gefäßen stellen, die in ordentlichen Reihen neben der Truhe standen: ihre Absude, Arzneien, Medizintränke und Heilmittel.
    Das Mondlicht leuchtete durch die Tücher an den Fenstern herein, als seine Mutter die letzten Tropfen vom Schöpflöffel schüttelte und nach dem Kochgeschirr für das Nachtessen griff. Von der Hütte der Starlings weiter unten drangen die Töne von Jakes und Mercys letztem Gezänk herauf. Der Holzklotz hinten im Herd bewegte sich, und Funken stoben den Kamin hinauf. John saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt und wartete darauf, dass der Hauch aus Gerüchen aus dem Topf aufstieg. Als seine Mutter den Deckel anhob, quoll ein Dampfwölkchen heraus und stieg bis zur rauen Unterseite des Strohdachs. Sie sah lächelnd zu ihm herüber. Es war ihr Spiel.
    »Hammel«, sagte er. »Gerste. Ein Apfel. Etwas Zitronenthymian. Lorbeer ...«
    Er musste nur einatmen, um die Namen zu wissen. Als er fertig war, beugte sie sich zu ihm und zauste ihm liebevoll die Haare. Er zuckte zusammen, als ihre Finger die Beule berührten. Sie runzelte die Stirn, zog ihn dann an sich und betastete behutsam die Schwellung.
    »John«, tröstete sie ihn. »Mein Junge. Das ist nur ihr Zeitvertreib. Sie meinen es nicht böse ...«
    Das war, was sie immer sagte, während sie seinen Kopf streichelte oder ihm mit den Fingern die Haare kämmte.
    Ihre geflüsterten Worte umwanden seine Ohren wie Rätselsprüche. Wie die Dampfspiralen, die sich von ihrem Kessel emporringelten, sich dehnten und zu Luft zerflossen. Doch John erinnerte sich an den Gestank in dem Sack, an Dandos Tritt. Abel Starling konnte ihm Felsbrocken an den Kopf werfen, bis er graue Haare hätte, und seine Mutter würde ihm noch immer ins Ohr flüstern. Unversehens wandelte sein Missmut sich in flammenden Zorn. Er schüttelte ihre Hand ab.
    »Wir gehören nicht hierher«, sagte er.
    »Gehören?«
    »Wir hätten nie zurückkommen sollen, oder?«

    Die Augen seiner Mutter verengten sich zu Schlitzen. »Wer hat das zu dir gesagt?«
    »Ephraim Clough.«
    »Was will der schon wissen?«, gab seine Mutter zurück. »Das hier ist unser Zuhause. Alles, was wir haben, ist hier.«
    »Und was ist das?«, fragte er und ließ den Blick über die kargen Wände der Hütte wandern. »Was haben wir denn?«
    Ein vorwurfsvoller Blick würde die Antwort sein, das

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