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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Rollen im Atelier waren klein,
die Wartezeiten um so länger — und der Freund hatte sich mit dem
verständnisvollen und kupplerischen Eigner des Bettes geschickt arrangiert. In
den Drehtagen drehte man keine Däumchen, sondern harte Runden — »es ging alles
vom Krieg ab«, wie man damals sagte. Und bei den Luftangriffen, die von Tag zu
Tag, von Nacht zu Nacht zahlreicher wurden, war es besser vorzugeben, man
gehöre zum freiwilligen Luftschutz, statt im Bunker zu dösen — und dann
verdrückte man sich und wühlte in den Kissen und in frischem Fleisch, während
über Berlin die Weihnachtsbäume niedersanken und der Himmel rot wurde. Das
Leben war schön, so lange man es noch hatte und es sich gegenseitig auf so
herrliche Weise bestätigen konnte. —
    Renate war des Requisiteures
Lieblingskundin. »Die ist richtig«, meinte der geriebene Kuppler. »Goldrichtig —
ein geborener Profi, die weiß, wie es lang geht. Die bumst aus
Leidenschaft — aber nicht mit jedem, Gott bewahr’. Zielstrebig, ja, das ist
sie: zielstrebig!«
    Renate sagte von sich selbst, daß
sie »sich auf ihre Möse verlassen könne«. Sie habe da unten irgendwo einen
geheimen Geigerzähler eingebaut, der ticke, wenn der richtige Mann in der Nähe
sei, einer, bei dem es sich lohne. Nicht materiell natürlich, sie sei ja keine
Nutte. Einer, von dem sie etwas lernen könne, bei dem sie weiterkäme. »Und
meine beiden Titten da kribbeln von ganz allein, wenn so einer einfliegt — das
sind zwei unfehlbare Radarschirme, die zeigen auch unbekannte Fickobjekte an«,
lachte sie fröhlich.
    »Wissen Sie«, sagte der
Requisiteur, »Renate, die ist aus dem Stoff, aus dem Karrieren gemacht werden.
Das kleine Luder ist begabt und klug, die hat Verstand nicht nur im
Kopf, sondern auch zwischen den Beinen. Das gibt’s heutzutage selten. Ein
munteres, fleißiges Lieschen, der fallen die richtigen Männerhosen, die sie
weiterbringen, einfach in den Schoß.« Er kicherte. »Und dann hat sie einen
Trick. Die redet nicht drum rum, die kennt das einschlägige Vokabular aus dem
ff. Der Goldschatz hat einen Wortschatz, der dazu gehört, und den gebraucht sie
auch ausgiebig. Da bleibt Ihnen direkt die Spucke weg. Und das hat sie von
ihrem Vorbild, sagt sie, von der Vivian Leigh, der First Lady des englischen
Films, der Scarlett O’Hara aus ›Vom Winde verweht‹ — Sie wissen schon. Dieser
großen Dame würden auch die tollsten Schweinereien aus dem Munde sprudeln, wenn
sie im Atelier arbeitete, sagt sie, das reagiere ihre Hemmungen ab, sagt sie,
es entspanne sie. — Und Renate braucht das auch. Wenn Sie hören würden, was die
so auf der Latte hat, würden Sie mit den Ohren schlackern, ein Müllkutscher ist
ein Waisenknabe dagegen, das können Sie mir glauben. Und dabei wirkt es bei ihr
gar nicht ordinär, sie ist ein prima Mädchen. Ungelogen. Da hatte sie unlängst
einen Herrn aus der Dramaturgie eingefangen, so einen richtigen Intellektuellen
mit Hornbrille und so. Der mochte das gar nicht gerne. Der gab ihr jedesmal
einen tüchtigen Klaps hinten drauf, wenn sie so in Fahrt war, damit sie aufhört
zu schweinigeln beim Pimpern. Sie war ihm wohl nicht vornehm genug. Da kam er
aber an die Richtige. Die haben die Klapse nur noch mehr angefeuert. Die
machten sie erst recht geil. Ein saftiges Hörspiel wurde das — und so laut, daß
ich an die Tür klopfen mußte und gebeten habe, ihr Radio doch auf
Zimmerlautstärke zu stellen, bevor das ganze Filmgelände zusammenläuft. Aber
die lachte nur und drehte den alten Volksempfänger da drin ganz auf, so daß man
sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Da kriegte der Wehrmachtsbericht erst
seine Würze. — So eine ist das, die Renate. Ich sage Ihnen, aus der wird noch
was!« —
    Dann war plötzlich mit dem Krieg auch
der Film am Ende und das Bett der Bernhardt hatte Pause. Es langweilte sich
sichtlich und wurde älter und älter. Bis ein Kulturoffizier der Besatzungsmacht
es in dem stillgelegten Atelierbetrieb wiederentdeckte und sozusagen
reaktivierte.
    Es diente auch jetzt wieder
künstlerischen Karrieren, auf ihm wurde eifrig entnazifiziert und der alliierte
Fragebogen mit seinen unzähligen Items auf handgreifliche Weise ausgefüllt.
Beglückt fühlte die junge Schauspielerin das vertraute Möbel wieder unter sich.
    Sie war der russischen Besetzung
Berlins durch Landverschickung im letzten Augenblick entgangen. Sie war auch
nicht da, als es zum Statussymbol für junge Mädchen gehörte, mindestens ein
paarmal

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