Das Finale
bissig.
Der Notarzt
antwortete nicht, sondern erteilte den drei Rettungsassistenten Anweisungen.
»Ist noch jemand im
Haus?«, fragte der erste Uniformierte.
»Nein«, sagte
Frauke, aber der Beamte wollte sich selbst davon überzeugen. Mit seinem
Kollegen trat er in die geräumige Diele, immer noch die Waffe in beiden Händen
haltend. Mittlerweile war ein weiterer Streifenwagen eingetroffen, dessen
Beamte die Schaulustigen fernhielten. Der Notarzt und die Rettungsassistenten
bemühten sich immer noch um Özden, der in einer großen Blutlache auf der
Zuwegung zum Haus lag.
»Wo ist der Herr,
der die Erstversorgung vorgenommen hat?«, fragte Frauke den Notarzt, nachdem
sie Georg nirgends entdecken konnte.
»Ich bin
beschäftigt«, schnauzte sie der Mann an.
»Der ist da runter«,
half ein Rettungsassistent aus und zeigte in Richtung Garage. »Ich glaube, er
ist mit einem Motorrad weg.«
Frauke wandte sich
ab. Sie unterdrückte einen Fluch. Für eine die Ermittlungen leitende Beamtin
verbot sich so etwas.
»Was auch immer mit
ihm geschieht«, sagte Frauke zu dem stämmigen Polizisten und zeigte auf Özden,
»das ist ein gefährlicher Mörder. Lassen Sie sich nicht durch die Rotjacken
irritieren. Passen Sie auf den Typen auf.«
»Was heißt hier
›Rotjacken‹?«, empörte sich der Notarzt. »Sind Sie hier eine Art weiblicher
Wyatt Earp?«
»Schlimmer«,
erwiderte Frauke. »Passen Sie lieber auf, dass wir den Killer heil vor ein
Gericht stellen können. Er soll uns nicht entwischen. Weder so noch so.«
»Dass er nicht ins
Jenseits entwischt … Das ist mein Job«, sagte der Arzt eine Spur versöhnlicher.
»Und dass er uns
nicht auf Erden entfleucht, ist meiner.« Sie wartete die Antwort nicht ab. Es
war ein nutzloses Geplänkel. Stattdessen ging sie ins Haus und sah sich um. Es
war wie bei ihrem ersten Besuch. Alles war penibel aufgeräumt. Nirgendwo schien
ein Staubkorn zu liegen. Auch das Gästeapartment, in dem sie übernachtet hatte,
war hergerichtet.
Im Geschirrspüler
war grob abgespültes Geschirr eingeräumt: ein Weinglas, ein Teller, Besteck,
eine Espressotasse und das Frühstücksgeschirr. Es sah nicht so aus, als hätte
Georg am Vorabend Besuch gehabt. Im Kühlschrank fand sie Lebensmittel, die zu
einem gehobenen Junggesellenhaushalt passten. Auch die angebrochene
Rotweinflasche, aus der Georg vermutlich am Vorabend getrunken hatte, stand in
der Bibliothek, in die er sie bei ihrem ersten Besuch geführt hatte. Neu war
für sie der private Bereich, in dem Georg geschlafen hatte. Das Schlafzimmer
war großzügig. Ein breites Bett, das eher einer Spielwiese glich, jedoch nur
mit einer übergroßen Bettdecke ausgestattet war, die akkurat ausgerichtet auf
dem Bett lag. Das Kopfkissen war glatt gestrichen. Auf dem Nachttisch lagen
mehrere Bücher. Frauke schmunzelte, als sie darunter einen Kriminalroman von P.D. James in der Originalsprache entdeckte.
Sie griff unter die
Bettdecke und ertastete einen seidenen Schlafanzug. Vorsichtig hielt sie ihn
unter die Nase und hatte für einen kurzen Moment die Illusion, als könne sie
Georg erschnuppern.
Die Kleiderschränke
hingegen waren eine Enttäuschung. Obwohl sie Platz für eine umfangreiche
Wäscheausstattung geboten hätten, fand Frauke nur ein sauber gelegtes Hemd,
einen Kaschmirpullover, Socken und eine Garnitur Unterwäsche. Es sah aus, als
wäre Georg, sofern es sich um seine Kleidung handelte, nur zu Besuch hier
gewesen.
Wieso hat jemand
mehrere Bücher auf dem Nachttisch liegen, für deren Lektüre er auch als geübter
Leser eine längere Zeit benötigt, aber nur für einen Tag Wäsche im Haus?,
überlegte Frauke.
Im Badezimmer fand
sie alle Utensilien, die ein Mann für die Körperpflege braucht. In einem aus
Peddigrohr geknüpften Korb lagen zwei flauschige Handtücher. Sie wollte das Bad
bereits wieder verlassen, als ihr auffiel, dass Georg keinen Rasierapparat
besaß. Dafür fand sie alle Mittel, die für eine Nassrasur benötigt wurden.
Frauke suchte
gezielt nach einer Tageszeitung oder einem Fernsehprogramm. Nichts. Ebenso
wenig fand sich ein Schriftstück. Weder ein Brief, ein Foto noch sonst ein
persönliches Dokument. Außergewöhnlich war auch, dass es weder einen
Telefonanschluss noch einen Computer gab. Die Rätsel um Georg wurden immer
größer.
»Hallo?«, rief eine
männliche Stimme aus der Diele. Als sie dorthin zurückkehrte, traf sie auf die
drei Beamten der Spurensicherung.
»Vor der Tür wurde
auf mich geschossen«,
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