Das Finale
erklärte sie dem Leiter des Teams. »Wir müssen die
Geschosse und die Spuren sichern, sehen, wie der Täter hierhergekommen ist, wie –«
»Danke. Sie müssen
uns nicht unsere Arbeit erklären«, unterbrach sie der Beamte. »Sonst noch was?«
»Ja.« Sie zeigte mit
dem Daumen über die Schulter ins Haus. »Ich möchte, dass Sie dort Spuren
aufnehmen. Fingerabdrücke und DNA .«
Der Spurensicherer
seufzte. »Geht es ein wenig präziser? Das ist sonst eine Jahresarbeit.«
Sie maß den Mann vom
Scheitel bis zur Sohle. »Ich denke, Sie wissen, wie Sie Ihre Arbeit zu
erledigen haben«, sagte sie in spitzem Ton und ließ den Polizisten stehen. Was
hätte sie ihm sagen können? Sie wusste es selbst nicht. Und den Auftrag »Such
nach Spuren von Georg« hätte niemand verstanden.
Kurz darauf trafen
Madsack und Putensenf ein, zwei Mitarbeiter aus Fraukes Team. Der
schwergewichtige Hauptkommissar schnaufte, als hätte ihn der kurze Weg vom
Fahrzeug zum Einsatzort überanstrengt, während Kriminalhauptmeister Jakob
Putensenf einen kurzen Blick auf Necmi Özden warf, der vom Arzt und von den
Rettungsassistenten so weit stabilisiert worden war, dass er in den
Rettungswagen geladen wurde.
»Ist das Rossis
Mörder?«, fragte Putensenf und musterte Frauke, als könne er aus ihrem Äußeren
den Ablauf der Geschehnisse herauslesen.
»Vermutlich«, sagte
Frauke.
Putensenf sah
Madsack an. »Ist eine heiße Mutti, unsere Vorturnerin. Wo die auftritt, da knallt
es. Ich habe immer gesagt, wenn Frauen sich mit Bohnen beschäftigen, dann
sollen es weiße oder grüne sein, aber keine blauen.«
»Sind Sie hier als
Dummschwätzer oder als Polizeibeamter engagiert?«, fuhr Frauke Putensenf an.
Der schob
demonstrativ seine Hände in die Hosentaschen und baute sich vor Frauke auf.
»Schön. Dann erzählen Sie mal, was sich hier abgespielt hat.«
Das war der
Augenblick, dem Frauke mit Unbehagen entgegengesehen hatte. »Özden muss mich
verfolgt haben«, erklärte sie.
»Und Sie haben das
nicht bemerkt?«, unterbrach sie Putensenf und schüttelte missbilligend den
Kopf.
»Warum sollte ich?«
Putensenf grinste.
»Männer drehen sich öfter um, insbesondere wenn ihnen eine attraktive Frau
begegnet. Frauen scheinen in der Fahrschule hingegen gelernt zu haben, dass der
Rückspiegel ausschließlich zur Kontrolle von Lippenstift und Make-up dient.«
»Sie scheinen auf
der Evolutionsstufe von Adam stehen geblieben zu sein, Putensenf«, erwiderte
Frauke. »Sie haben offenbar bis heute nicht begriffen, dass Frauen mehr als
eine Rippe sind. Oder ist Ihnen entgangen, dass Gott noch übte, als sie den Mann erschuf.«
Nachdem Putensenf
keine Reaktion zeigte, ergänzte Frauke: »Das ist einer zum Nachdenken. Lassen
Sie die Zahnräder, die Sie in Ihrem mechanisch betriebenen Hirn haben, aber
nicht zu sehr rotieren.«
Das hatte gesessen.
Putensenf stieg die Zornesröte ins Gesicht. Seine Miene spiegelte deutlich
wider, dass er beleidigt war. Frauke störte es nicht. Wer sich so oft wie
Putensenf im Ton vergriff, musste auch einstecken können.
»Darf ich fragen,
was Sie hierhergeführt hat?«, versuchte Madsack die Situation zu überspielen.
»Ein vager
Verdacht«, wiegelte Frauke ab.
»Das ist mir zu
wenig«, legte Putensenf den Finger in die Wunde und zeigte auf das Haus. »Wer
wohnt hier? Sie sind nicht zufällig hier aufgekreuzt. War die Tür offen, als
Özden den Anschlag auf Sie verübte? Wieso verfolgte er Sie bis an diesen Ort?«
Putensenf sah sich um. »Ich habe nur Özden gesehen. Gibt es ein weiteres Opfer?
Wer war noch an dem Schusswechsel beteiligt?«
»Es gibt kein
weiteres Opfer. Özden hat auf mich geschossen, und ich habe zur
Selbstverteidigung zurückgeschossen.«
Putensenf spitzte
die Lippen. »Das ist wie in einem guten Western. Der Böse zieht als Erster
seinen Colt, und der Sheriff schießt zurück. Mit einer Kugel – Blattschuss.
Gratulation.«
»Es waren zwei
Schüsse, die ich abgegeben habe. Zuvor einen Warnschuss«, antwortete Frauke.
Putensenf zog die
Stirn kraus. Trotz seiner gewöhnungsbedürftigen Umgangsformen war er ein guter
Polizist. »Das wird in die Annalen als Wunder von Isernhagen eingehen. Das
müssen Sie mir noch einmal genauer erklären. Den Trick würde ich auch gern
beherrschen.«
Madsack blickte zum
Haus hinüber. »Wen haben Sie hier aufgesucht?«, fragte er fast beiläufig.
»Einen Informanten.«
»Und wie heißt
der?«, hakte Putensenf nach.
»Das ist noch
vertraulich«, sagte
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