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Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Titel: Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Willmann
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brüllte ihn dabei die ganze Zeit an, dass der Preis fatal sei für den kurzen Aufschub, dem ihm diese wenigen Meter Entfernung zu dem rasenden Hünen brachten. Denn Greider hatte dafür das letzte Stück Ausweichmöglichkeit aufgegeben, er saß in dieser Ecke fraglos in der Falle.
    Und schon musste seine Panik ihre Kurzsichtigkeit eingestehen: Der Riese kam am anderen Ende der Schmiede umden Amboss herumgestapft. Und hatte einen Vorschlaghammer in den Händen, der Stiel fast mannslang, mit einem Kopf so groß wie ein Schädel. Es hätte des roten Scheins aus der Esse nicht bedurft, um die Wut in seinem Gesicht dämonisch zu machen. Zuvor hatte sein Vernichtungswillen etwas Unpersönliches, jetzt aber ging es um Rache, um heiße, rauschhafte Rache, die jeden Blutstropfen, jeden Schmerz hundertfach vergolten haben wollte.
    Und es waren höchstens ein halbes Dutzend Schritte bis zu dem in der Ecke kauernden Greider.
    Der verstand zum ersten Mal, weshalb Kaninchen beim Anblick einer Schlange erstarren, anstatt das Weite zu suchen. Es kostete ihn fast übermenschliche Anstrengung, seinen Blick abzuwenden von dem herannahenden Hünen, es war in ihm ein großes Verlangen, einfach dem herbeischreitenden Tod verwundert ins Auge zu sehen. Aber diesmal vereinten sich die Rufe seines Verstandes mit der Kraft des schieren, weltalten Überlebenswillens, und er schaffte es, seine Augen von der Gestalt loszureißen, die auf ihn zukam wie ein lebender Berg.
    Der Riese hatte sich auf höchstens vier Schritte genähert, da entdeckte Greider inmitten der alten Bretter rechts von sich etwas an der Wand lehnen: es war eine alte Egge. Nicht mehr als eine primitive Raute aus Latten eigentlich, in denen in regelmäßigen Abständen lange Eisenstifte steckten. Offenbar befand sich das Gerät zum Ausbessern in der Schmiede, um die Zinken fürs Frühjahr wieder gerade, hart und scharf zu machen.
    Greiders Hände waren schneller als sein Verstand, waren schneller als die Füße des Schmieds, dessen Nahen den Boden unter Greider schon spürbar erzittern ließ. Sie hatten das lose Ende der Kette zu seinen Füßen gepackt und es über die unterste Latte der Egge geschleudert.
    Dem Schmied fehlten kaum noch drei Armlängen, bis er Greider erreicht hatte. Er hatte den Vorschlaghammer schon ausholend hinter den Rücken gehoben, um dem Fremden ein, zwei Atemzüge später die Glieder zu zerschmettern.
    Greider zog an der Kette. Die ersten ihrer Glieder ratterten haltlos von dem Holz. Aber dann verfing sich eines in einem der Zinken und blieb hängen. Greiders Ruck ließ die Egge erst unendlich langsam, dann wie eine Lawine beschleunigend zu Boden rutschen, direkt zwischen ihm und dem Schmied, die Zinken spitz aufragend.
    Womöglich hätte der Riese noch einhalten können – obwohl ihn seine Wut fast blind vorwärtspeitschte und er erst viel zu spät erkannte, was da plötzlich in seinem Weg lag; obwohl er schon zum Hammerhieb angesetzt hatte und der Schwung ihn zog. Aber mit der Egge waren auch einige der an die Wand gelehnten Bretter ins Rutschen und Fallen gekommen, und eines davon geriet ihm zwischen die Beine.
    Vielleicht hätte er sich noch einigermaßen fangen können, obwohl er nach vorn stürzte. Aber zu spät hatten ihn seine Augen wissen lassen, auf was er da gerade zufiel. Zu spät hatten sich seine Hände entschlossen, den Hammer fallen zu lassen – der auf seiner Bahn gerade halb über seinem Kopf war und ihm nun mit dumpfem Klatschen auf den Rücken krachte, was ihm einen Vorwärtsstoß versetzte. Und zu schnell war sein rechtes Knie schon auf den Boden gesunken – was ihm hätte eine erste Stütze bieten können, wäre es nicht genau über einem der Eggenzinken herabgekommen.
    Das Eisen fuhr unter der Kniescheibe ins Fleisch, und der Schmied brüllte auf, dass Greider glaubte, es würde ihm die Trommelfelle zerreißen. Der Schmerz aber ließ auch die Hände des Schmieds unwillkürlich hochzucken, und so verlor er vollends jede Kontrolle über seinen Fall.
    Der Koloss stürzte vornüber auf das nagelbewehrteLattengerüst. Das Holz barst unter einigen der Eisenstifte weg, andere – vor allem jene, die vergeblich durch die Lederschürze zu dringen suchten – verbogen sich tatsächlich unter dem Gewicht. Aber es gab genug, die sich durch die Haut bohrten, in Fleisch und Weiches gruben. Der linke Arm des Hünen wurde gleich an drei Stellen aufgespießt, ein Zinken riss ihm die rechte Wange auf.
    Der Schmied brüllte und bebte, wobei sich

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