Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
ich und lächelte so charmant wie möglich. »Ich bin nur gekommen, um nach einem anderen Patienten zu sehen - das heißt -«
    »Sie will den Priester sehen«, unterbrach Anstruther.
    Goodwin kniff leicht verblüfft die Augen zu.
    »Priester? Es ist ein Priester hier?«
    »Ein Papist«, betonte Mr. Lillywhite, der dieses unreine Wort kaum über die Lippen brachte. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass sich hier in der Menge ein katholischer Priester verborgen hielt, der vorhatte, heute Abend während der Festlichkeiten eine Messe abzuhalten. Ich habe ihn natürlich durch Mr. Anstruther verhaften lassen.«
    »Vater Donahue ist ein Freund von mir«, warf ich so nachdrücklich wie möglich ein. »Und er hat sich nicht verborgen gehalten; er war ganz offen eingeladen, und zwar als Gast von Mrs. Cameron. Außerdem ist er mein Patient und bedarf der Behandlung. Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass er sie bekommt.«
    »Ein Freund von Euch? Seid Ihr denn etwa katholisch, Mrs. Fraser?« Mr. Goodwin sah erschrocken aus; offensichtlich war er nicht auf die Idee gekommen, dass ihn eine papistische Zahnärztin behandelte, und er fuhr sich betreten mit der Hand an seine geschwollene Wange.
    »Ja«, sagte ich in der Hoffnung, dass nicht schon die bloße Tatsache, dass man katholisch war, gegen Mr. Lillywhites Vorstellungen von Gesetzestreue verstieß.
    Offensichtlich nicht. Mr. Goodwin versetzte Mr. Lillywhite einen kleinen Stoß.
    »Ach, komm schon, Randall. Lass Mrs. Fraser den Mann besuchen, was kann es denn schaden? Und wenn er wirklich Jocasta Camerons Gast ist...«
    Mr. Lillywhite spitzte ein paar Sekunden nachdenklich die Lippen, dann trat er beiseite und hielt den Zelteingang für mich auf.
    »Es kann wohl nicht schaden, wenn Ihr nach Eurem... Freund seht«, sagte er langsam. »Tretet also ein, Madame.«
    Die Sonne ging jetzt unter, und das Innere des Zeltes war dunkel, obwohl eine der Leinenwände immer noch vom Glühen der sinkenden Sonne erleuchtet war. Ich schloss einen Moment die Augen, um sie an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen, dann sah ich mich blinzelnd um, um mich zu orientieren.
    Das Zelt machte einen vollgestopften, aber relativ luxuriösen Eindruck. Es war mit einem Feldbett und anderen Möbelstücken ausgerüstet, und die
Luft im Inneren roch nicht nur nach feuchtem Segeltuch und Wolle, sondern war auch mit den Aromen von Ceylontee, teurem Wein und Mandelplätzchen parfümiert.
    Vater Donahue war als Silhouette vor dem leuchtenden Zeltleinen zu sehen. Er saß auf einem Hocker hinter einem kleinen Klapptisch, auf dem sich einige Bögen Papier, ein Tintenfass und ein Federkiel befanden. Seiner militant aufrechten Haltung nach zu urteilen, die auf ein bevorstehendes Märtyrertum hinzudeuten schien, hätten es genauso gut Daumenschrauben, Zangen und ein glühendes Schüreisen sein können.
    Hinter mir ertönte das Klicken von Feuerstein und Zunder, dann glühte ein schwaches Licht auf. Es schwoll an, und ein schwarzer Junge - Mr. Lillywhites Bediensteter, vermutete ich - trat vor und stellte schweigend eine kleine Öllampe auf den Tisch.
    Jetzt, da ich den Priester deutlich sehen konnte, wurde der Eindruck des Märtyrertums noch deutlicher. Er sah aus wie Sankt Stephan nach der ersten Steinsalve, denn er hatte eine Prellung am Kinn und ein erstklassiges, blaues Auge, das von der Braue bis zum Wangenknochen lila verfärbt und komplett zugeschwollen war.
    Sein unverletztes Auge weitete sich bei meinem Anblick, und er fuhr mit einem überraschten Ausruf auf.
    »Vater Kenneth.« Ich ergriff seine Hand und drückte sie. Dabei lächelte ich breit, um unser Publikum zufrieden zu stellen, das möglicherweise durch den Zelteingang linste. »Ich bringe Euch Eure Medizin. Wie fühlt Ihr Euch?« Ich zog die Augenbrauen hoch und wackelte damit, um ihm zu bedeuten, dass er bei dem Betrug mitspielen sollte. Im ersten Moment starrte er mich fasziniert an, doch dann schien er zu begreifen. Er hustete, dann, durch mein Nicken ermuntert, noch einmal heftiger.
    »Es ist... sehr gütig von Euch... an mich zu denken, Mrs. Fraser«, keuchte er zwischen den Hustenstößen.
    Ich zog den Stopfen von der Flasche und schenkte ihm einen großzügigen Schluck Whisky ein.
    »Geht es Euch wirklich gut, Vater?«, fragte ich leise, als ich mich vorbeugte, um ihm den Whisky zu reichen.
    »Oh, es ist nichts, liebe Mrs. Fraser, ganz und gar nichts«, versicherte er mir. Unter dem Druck der Situation kam sein schwacher, irischer Akzent

Weitere Kostenlose Bücher