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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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alle Fälle packte ich schon einmal den Kragen seines Kittelchens. Dann spürte ich, wie ich sanft angestoßen wurde und Brianna ihr Gewicht gegen mich lehnte.
    »Schon gut, Mama«, flüsterte sie. »Es sind Roger und Fergus.« Sie nickte in die Dunkelheit und wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder Jemmy zu.
    Sie waren es, erkannte ich, und meine Schläfen prickelten vor Erleichterung. Jetzt, da ich es wusste, konnte ich den herrischen Tonfall von Fergus’ Stimme erkennen, die sich zu einem längeren Vortrag erhoben hatte, und ein tiefes, schottisches Brummen, das wohl zu Roger gehören musste. Ein schrilleres Gekicher, das ich als Mr. Goodwins erkannte, driftete durch die Nacht, gefolgt von einer Bemerkung in Mr. Lillywhites gedehnter Aristokratenstimme.
    Diesmal sah ich Jamie an. Er hatte nach wie vor den Dolch in der Hand, doch dieser war an seine Seite gesunken, und seine Schultern hatten ein wenig von ihrer Anspannung verloren. Er lächelte mir erneut zu, und diesmal erwiderte ich es.
    Jemmy war wach, aber schläfrig. Er legte keinen Protest gegen das Öl ein, fuhr aber zusammen, als ihn der kalte Whisky an der Stirn berührte. Er riss die Augen auf und öffnete abrupt die Arme. Dann gab er ein schrilles »Jiep!« von sich, und als Brianna ihn hastig in seine Decke schlug und ihn an ihre
Schulter hob, verzog er das Gesicht und versuchte zu entscheiden, ob er sich hinreichend gestört fühlte, um loszuweinen.
    Brianna klopfte ihm auf den Rücken wie auf eine Bongotrommel und lenkte ihn mit leisen Zischelgeräuschen ab. Er begnügte sich damit, sich den Daumen in den Mund zu stecken und die Versammlung argwöhnisch anzufunkeln, doch zu diesem Zeitpunkt goss Vater Kenneth bereits der schlafenden Joan, die Marsali vor ihn hinhielt, Whisky auf die Stirn.
    »Ich taufe dich, Joan Laoghaire Claire Fräser«, sprach er Marsali nach und ich sah Marsali erschrocken an. Ich wusste, dass sie nach Marsalis jüngerer Schwester Joan hieß, aber ich hatte nicht gewusst, wie die anderen Namen des Babys lauten würden. Ich spürte einen kleinen Kloß im Hals, als ich sah, wie Marsali ihren in ein Schultertuch gehüllten Kopf über das Kind beugte. Sowohl ihre Schwester als auch ihre Mutter Laoghaire waren in Schottland; die Chance, dass auch nur eine von ihnen das Kind jemals zu Gesicht bekam, war verschwindend gering.
    Plötzlich riss Joan ihre schrägen Augen weit auf, und ihr Mund folgte. Sie gab einen durchdringenden Schrei von sich, und wir alle fuhren zusammen, als sei eine Bombe in unserer Mitte explodiert.
    »Gehet in Frieden und dienet dem Herrn! Und geht schnell!«, sagte Vater Kenneth, während er bereits mit flinken Fingern seine Glasflasche und die Whiskyflasche verkorkte und in größter Eile alle Spuren der Zeremonie verwischte. Ich konnte hören, wie sich die Stimmen draußen auf dem Pfad verwirrt und fragend erhoben.
    Marsali schoss wie der Blitz zum Zelteingang hinaus, die schreiende Joan an der Brust, den protestierenden Germain fest an der Hand. Brianna hielt gerade lange genug inne, um Vater Kenneth die Hand auf den Hinterkopf zu legen und ihn auf die Stirn zu küssen.
    »Danke, Vater«, flüsterte sie und verschwand mit wehenden Röcken.
    Jamie hatte meinen Arm ergriffen und schob mich ebenfalls aus dem Zelt, hielt aber am Eingang eine halbe Sekunde inne und wandte sich zurück. »Vater?«, flüsterte er. » Pax vobiscum !«
    Vater Kenneth hatte sich bereits hinter dem Tisch niedergesetzt, die Hände gefaltet, die anklagenden, leeren Papierbögen erneut vor sich ausgebreitet. Er blickte mit einem kleinen Lächeln auf, und im Schein der Lampe war sein Gesicht trotz des blauen Auges ganz von Frieden erfüllt.
    » Et cum spiritu tuo , Mann«, sagte er und hob drei Finger zu einem segnenden Abschiedsgruß.
     
    »Warum in aller Welt hast du das getan?« Briannas Flüstern driftete hörbar verärgert zu mir zurück. Sie und Marsali waren nur knapp vor uns. Wegen der Kinder gingen sie langsam, doch obwohl sie so nah waren, waren die dick eingemummten Gestalten der Mädchen kaum von den Büschen zu unterscheiden, die den Pfad überwucherten.

    »Habe ich was getan? Lass das, Germain; komm, wir suchen Papa, ja? Nein, steck das nicht in den Mund!«
    »Du hast Joanie gekniffen - ich habe es genau gesehen. Deinetwegen hätten sie uns alle schnappen können!«
    »Aber das musste ich doch!« Marsali klang überrascht über Briannas Vorwurf. »Und es hätte doch sowieso nicht mehr viel ausgemacht - da war die Taufe ja

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