Das Flammende Kreuz
dem kalten Regen vermischten. »Er hat es gewusst, nicht wahr? Er hat Blitz und Donner schon immer gehasst, immer.«
Jamie legte mir den Arm um die Schultern, drückte meinen Kopf an seine Brust und gab leise, beruhigende Laute von sich.
»Und Gideon?«, fragte ich schließlich. Ich hob den Kopf und bemühte mich, mir die Nase an einer Ecke meines durchnässten Umhangs abzuwischen. Jamie schüttelte mit einem kleinen, ungläubigen Lächeln den Kopf.
»Er lebt noch«, sagte er. »Er hat auf der linken Seite Verbrennungen an der Schulter und am Vorderbein, und seine Mähne ist vollständig abgesengt.« Er ergriff ebenfalls eine Ecke seines Umhangs und versuchte, mir das Gesicht abzuwischen, hatte jedoch auch nicht mehr Erfolg als ich. »Wird seinem Temperament nur gut tun«, versuchte er zu scherzen.
»Kann schon sein«, sagte ich. Ich war zu müde und erschüttert zum Lachen, doch ich brachte ein winziges Lächeln zustande, und das fühlte sich gut an. »Meinst du, du kannst ihn ins Tal führen? Ich - ich habe eine Salbe, die gut bei Verbrennungen ist.«
»Aye, ich glaube schon.« Er gab mir die Hand und half mir auf. Ich wandte mich ab, um meine zerknitterten Röcke glatt zu streichen, und dabei fiel mir etwas ins Auge.
»Sieh nur«, sagte ich, und meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Jamie - schau.«
Drei Meter über uns stand eine große Balsamfichte, deren Spitze sauber abrasiert war und deren verbleibende Äste zum Großteil verkohlt waren und qualmten. Zwischen dem Baumstumpf und einem Ast klemmte eine gewaltige, rundliche Masse. Sie war zur Hälfte schwarz, das Gewebe zu Kohle verbrannt - doch das Haar auf der anderen Seite stand in nassen, weißen Stacheln ab, sahnig-weiß wie Trilliumkraut.
Jamie stand mit halb geöffnetem Mund da und starrte zu der Bärenleiche hinauf. Dann drehte er sich zu mir um und blickte an mir vorbei zu den fernen Bergen, wo die Blitze auf ihrem Rückzug lautlos aufleuchteten.
»Man sagt«, sagte er leise, »dass ein großer Sturm den Tod eines Königs verkündet.«
Er berührte sanft mein Gesicht.
»Warte hier, Sassenach, und ich hole das Pferd. Und dann gehen wir heim.«
85
Kaminfeuer
Fraser’s Ridge
Oktober 1771
Die Jahreszeit wechselte von einer Stunde zur nächsten. Sie hatte sich in der angenehmen Kühle eines Altweibersommerabends schlafen gelegt und war mitten in der Nacht von beißender Herbstkälte erwacht. Ihre Füße froren unter der Quiltdecke. Obwohl sie schläfrig war, konnte sie ohne eine zusätzliche Decke nicht mehr einschlafen.
Sie kämpfte sich mit Schlitzaugen aus dem Bett und tapste über den eisigen Fußboden, um nach Jemmy zu sehen. Er war ganz warm, denn er lag tief versunken in seinem winzigen Federbett und hatte die Bettdecke bis zu seinen kleinen, rosafarbenen Ohren hochgezogen. Sie legte ihm sanft eine Hand auf den Rücken und wartete auf das beruhigende Heben und Senken seiner Brust. Einmal, zweimal, noch einmal.
Sie kramte nach einem zusätzlichen Quilt und breitete ihn über das Bett, griff nach einem Becher mit Wasser, um sich die trockene Kehle anzufeuchten und stellte mit einem verärgerten Brummen fest, dass er leer war. Sie dachte sehnsüchtig daran, wieder ins Bett zu kriechen und tief in den warmen Schlummer zu sinken - aber nicht, solange sie dem Verdursten nahe war.
An der Verandatreppe stand ein Eimer mit Brunnenwasser. Gähnend verzog sie das Gesicht, hob den Türriegel aus seinen Halterungen und legte ihn sanft ab - obwohl Jemmy nachts so fest schlief, dass die Gefahr, ihn zu wecken, nicht sehr groß war.
Dennoch öffnete sie die Tür sehr behutsam und trat ins Freie. Sie erschauerte sacht, als ihr die kalte Luft das Hemd um die Beine blies. Sie bückte sich und tastete sich in der Dunkelheit vor. Kein Eimer. Wo...
Aus dem Augenwinkel sah sie eine kurze Bewegung und fuhr herum. Im ersten Augenblick dachte sie, es sei Obadiah Henderson, der auf der Bank neben ihrer Tür saß, und ihr Herz krampfte sich zusammen wie eine Faust, als er aufstand. Dann begriff sie, und sie lag in Rogers Armen, noch bevor ihr Verstand bewusst registrieren konnte, wie er aussah.
Sprachlos an ihn gepresst, hatte sie dann Zeit, Details wahrzunehmen: sein geschwungenes Schlüsselbein an ihrem Gesicht, den Geruch zu lange getragener Kleider, die so lange nicht mehr gewaschen worden waren, dass sie nicht einmal mehr nach Schweiß rochen, sondern nach dem Wald, den er durchwandert hatte, der Erde, auf der er geschlafen hatte, und vor
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