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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich davon zu trennen.« Er hob seine blutverschmierte Handfläche und betrachtete das Metallfragment darauf mit großem Interesse.
    »Wie lange ist es denn her, dass es passiert ist?«, fragte ich neugierig. Ich glaubte nicht, dass das Schrapnellstückchen tatsächlich seinen Körper durchdrungen hatte, obwohl man diesen Eindruck bekommen konnte. Ich hielt es für wahrscheinlicher, dass es in der Nähe der ursprünglichen Wunde an der Oberfläche verblieben und dann langsam um seinen Oberkörper gewandert war, durch Hayes’ Bewegungen zwischen Haut und Muskel weiter getragen, bis es seine endgültige Position erreichte.
    »Oh, über zwanzig Jahre, Mistress«, sagte er. Er berührte den verhärteten, weißen Fleck, der einmal eine seiner empfindlichsten Körperstellen gewesen war. »Das ist in Culloden geschehen.«
    Sein Tonfall war beiläufig, doch ich spürte, wie mir beim Klang dieses Wortes eine Gänsehaut über die Arme lief. Über zwanzig Jahre... wohl eher fünfundzwanzig. Und damals...
    »Da könnt Ihr ja kaum älter als zwölf gewesen sein!«, sagte ich.
    »Nein«, erwiderte er und zog eine Augenbraue hoch. »Elf. Aber am Tag danach hatte ich Geburtstag.«
    Ich schluckte herunter, was auch immer meine Antwort gewesen wäre. Ich hatte gedacht, inzwischen könnten mich die Geschehnisse der Vergangenheit
nicht mehr schockieren, doch offensichtlich stimmte das nicht. Jemand hatte aus nächster Nähe auf ihn geschossen - auf einen elfjährigen Jungen. Das konnte kein Versehen gewesen sein, kein verirrter Schuss in der Hitze des Gefechtes. Der Mann, der auf ihn geschossen hatte, hatte gewusst, dass er im Begriff war, ein Kind zu töten - und er hatte dennoch Feuer gegeben.
    Meine Lippen waren fest zusammengepresst, als ich meinen Schnitt untersuchte. Nicht länger als drei Zentimeter und nicht tief; das Kugelfragment hatte sich direkt unter der Haut befunden. Gut, ich brauchte ihn nicht zu nähen. Ich drückte einen Lappen auf die Wunde und stellte mich dann vor ihn, um den Leinenstreifen zu verknoten, mit dem ich das Läppchen festband.
    »Ein Wunder, dass Ihr überlebt habt«, sagte ich.
    »So war es«, pflichtete er mir bei. »Ich lag am Boden, und Murchisons Gesicht war über mir, und ich -«
    »Murchison!« Das Wort entfuhr mir als Ausruf, und ich sah, wie ein Ausdruck der Genugtuung über Hayes’ Gesicht flackerte. Mich überkam eine dunkle Vorahnung, denn ich erinnerte mich an das, was Jamie am Abend zuvor über Hayes gesagt hatte. Er denkt mehr, als er redet, der gute Archie - und er redet ziemlich viel. Nimm dich vor ihm in Acht, Sassenach. Nun, dazu war es jetzt ein wenig spät - doch ich bezweifelte, dass es wichtig war, selbst wenn es derselbe Murchison gewesen war ...
    »Der Name ist Euch bekannt, wie ich sehe«, stellte Hayes freundlich fest. »Ich habe in England davon gehört, dass ein Sergeant Murchison vom Sechsundzwanzigsten nach North Carolina versetzt worden war. Aber die Garnisonsgebäude in Cross Creek standen nicht mehr, als wir den Ort erreichten - ein Brand, nicht wahr?«
    »Äh, ja«, sagte ich, gereizt, weil er das erwähnte. Ich war froh, dass Brianna nicht mehr da war; es gab nur zwei Menschen, die wussten, was wirklich geschehen war, als das Lagerhaus der Krone in Cross Creek abgebrannt war, und sie war einer davon. Was den anderen anging - nun, es war nicht sehr wahrscheinlich, dass Stephen Bonnet dem Leutnant in nächster Zeit über den Weg laufen würde - falls Bonnet überhaupt noch lebte.
    »Und die Besatzung der Garnison«, hakte Hayes nach. »Murchison und der Rest - wo sind sie hin, wisst Ihr das?«
    »Sergeant Murchison ist tot«, sagte eine tiefe, sanfte Stimme hinter mir. »Leider.«
    Hayes sah an mir vorbei und lächelte.
    »Seaumais ruaidh«, sagte er. »Dachte ich mir doch, dass Ihr Euch früher oder später bei Eurer Frau einfinden würdet. Ich suche Euch schon den ganzen Morgen.«
    Der Name ließ mich zusammenfahren, und Jamie erging es ebenso; ein Ausdruck der Überraschung blitzte in seinem Gesicht auf, verschwand dann wieder, und Argwohn trat an seine Stelle. Seit den Tagen des Aufstandes hatte ihn niemand mehr den »Roten Jamie« genannt.

    »Ich habe es gehört«, sagte er trocken. Er setzte sich Hayes gegenüber auf meinen zweiten Hocker. »Dann nur heraus damit. Was gibt es denn?«
    Hayes fischte nach dem Sporran, der zwischen seinen Knien baumelte, kramte kurz darin herum und brachte ein zusammengefaltetes Papierquadrat zum Vorschein, das mit rotem Wachs

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