Das Flüstern der Albträume

aus dem Ofen.
    »King. Wir müssen reden«, sagte Garrison.
    Der Ältere sah hoch, seine Miene eine Mischung aus Ärger und Erleichterung.
    »Wo zum Teufel ist Eva?«, fragte Garrison.
    »Ich weiß es nicht. Ich dachte, Sie wüssten es.« King stellte die Pfanne auf den Herd und ging zur Hintertür. »Ich muss in die Schule. Bobbys Lehrerin kann den Jungen nicht finden. Er ist vom Musikunterricht nicht zurück in die Klasse gekommen.«
    »Ist er mit Eva zusammen?«
    »Ich weiß es nicht!«, rief King.
    »King, ich möchte Ihnen ja helfen, aber Sie müssen mir sagen, was zum Teufel hier vorgeht.«
    Der alte Mann wirkte erschöpft und zum ersten Mal beinahe gebrechlich. »Ich weiß auch nicht, was los ist.«
    »Sie wissen eine ganze Menge. Woher wussten Sie zum Beispiel, dass Louise Cross noch am Leben ist?«
    King blieb an der Hintertür stehen. »Eva hat es Ihnen gesagt.«
    »Ja. Was haben Sie getan, verdammt noch mal?«
    »Ich habe versucht, einen Teil der Schweinerei in Ordnung zu bringen, die die Familie Cross angerichtet hat. Diese Blutsauger hinterlassen eine Schneise der Verwüstung, wohin sie auch gehen.«
    »Ist das der Grund, weshalb Sie Eva hierher geholt haben?«
    »Ja.«
    »Warum den Jungen?«
    »Seine Mutter hat am Price gearbeitet. Als Putzhilfe. Josiah hat sie geschwängert und dann gedroht, sie fertigzumachen, falls sie es irgendjemandem erzählt.«
    »Josiah Cross ist der Vater des Jungen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Aber wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, er ist es.«
    Garrison krampfte die Finger um seinen Autoschlüssel. »Wann haben Sie Eva zum letzten Mal gesehen?«
    »Ich weiß nicht genau. Vor einer Stunde. Ich habe sogar bei ihrer Schwester angerufen, aber sie weiß auch nicht, wo Eva ist. Irgendetwas ist faul. Ich habe Angst.«
    »Was ist mit Sally? War sie mal hier?«
    »Sally? Wieso? Was hat sie damit zu tun?«
    »Ich glaube, sie ist Louise Cross.«
    »Was? Das kann nicht sein! Das Gesicht dieser Frau hat sich mir ins Gedächtnis eingebrannt.«
    »Neunzehn Jahre verändern eine Menge.«
    King sog die Luft ein, als hätte ihn jemand geschlagen. »Niemals. Auf keinen Fall war dieses Miststück in meinem Lokal, ohne dass ich es wusste. Sie hat meine Familie umgebracht.«
    »Ich wette, sie sieht ganz anders aus als beim letzten Mal, als Sie sie gesehen haben.«
    »Aber ich würde sie erkennen.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Wenn sie Louise Cross ist, müssen Sie sie finden. Das Weibsstück ist bösartig. Josiah hatte alle Bosheit von ihr. Sie hat meinen Jungen und Eva. Bitte finden Sie sie.«
    »Das werde ich.« Garrison wartete nicht erst, bis er beim Wagen war, ehe er Angie Carlsons Nummer wählte. Sie nahm sofort ab.
    »Wie ist die Nummer des Handys, das Sie Eva gegeben haben?«
    Ohne Zögern ratterte Angie die Ziffern herunter. »Werden Sie das Handy orten lassen?«
    »Worauf Sie sich verlassen können.«
    Als Garrison ins Büro kam, traf er auf Malcolm. »Ich habe Neuigkeiten für dich.«
    »Worüber?« Garrison blieb gar nicht erst stehen, sondern stürmte weiter, um sich die richterliche Verfügung zu holen, die er für die Ortung von Evas Handy brauchte.
    »Über die Familie Cross. Das ist die reinste Addams Family, falls du weißt, was ich meine.«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    »Der alte Darius war früher so eine Art Rebell. Hat etliche Male das Gesetz gebeugt. Er heiratete Louise Winters, als sie noch in der Highschool war. Zwei Jahre später bekam sie Zwillinge.«
    »Josiah und Micah.«
    »Bingo. Aber von da an ging es mit der Ehe bergab. Darius hatte viele Freundinnen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Rokov hat den Chauffeur aufgespürt, der mehr als dreißig Jahre für die Familie gearbeitet hat.«
    Ungeduld schnürte Garrison die Brust zusammen. »Okay. Schlechte Ehe. Worauf willst du hinaus?«
    »King hatte recht. Louise ist bei dem Autounfall nicht umgekommen, wie Darius seinen Söhnen und allen anderen weisgemacht hat. Der alte Cross hat seine Frau oben in West-Maryland in eine psychiatrische Anstalt einweisen lassen. Und jetzt kommt der Hammer. Sechs Monate vor seinem Tod hat er die Entlassung seiner Frau aus dem Krankenhaus veranlasst.«
    »Lisa erzählt ihm von dem Geheimnis. Er weiß, dass er sterben wird, also lässt er Louise frei und verschafft ihr eine neue Identität, damit sie loszieht und das tut, was er nicht tun konnte.«
    »Genau. Und hier ist noch ein Leckerbissen. Darius hat Louise ein Haus gekauft.«
    Als Eva erwachte und die Augen öffnete, dachte sie