Das Foucaultsche Pendel
Science, Tetra-Gnosis of Chicago, Frères Anciens de la Rose-Croix de Saint-Cyr-sur-Mer, Fraternité Internationale d’Isis in Grenoble, Ancient Bavarian Illuminates in San Francisco, Johanniter-Bruderschaft für die Auferstehung der Templer in Kassel, The Sanctuary of the Gnosis in Sherman Oaks, Grail Foundation of America, Socieda-de do Graal do Brazil, Hermetic Brotherhood of Luxor, Lectorium Rosicrucianum in Holland, Mouvement du Graal in Straßburg, Order of Anubis in New York, Temple of the Black Pentacle in Manchester, Odinist Fellowship in Florida, Orden vom Hosenband (da müßte sogar die Queen drin sein), Orden vom Vril (neonazistische Freimaurer, keine Adresse), Militia Templi in Montpellier, Souveräner Orden des Sonnentempels in Monte Carlo, Rosenkreuzer von Har-lem (schau, schau, jetzt auch die Neger), Wicca (luziferische Assoziation keltischer Observanz, rufen die 72 Genien der Kabbala an)... nun, Sie sehen, soll ich fortfahren?«
»Existieren die alle wirklich?« fragte Belbo.
»Die und noch mehr. An die Arbeit, stellen Sie die definitive Liste zusammen, und dann versenden wir den Prospekt.
Auch ins Ausland, unter diesen Leuten zirkulieren die Nachrichten schnell. Nun bleibt nur noch eins zu tun: in die richtigen Buchläden gehen und nicht nur mit den Buchhändlern 317
sprechen, sondern auch mit den Kunden. Und gesprächsweise fallenlassen, daß es diese Reihe Soundso gibt.«
Diotallevi gab zu bedenken, daß wir Verlagsangehörigen uns nicht so exportieren könnten, es müßten unverdächtige Propagandisten gesucht werden, worauf Garamond sagte, gut, dann sollten wir welche suchen. »Vorausgesetzt, sie sind gratis.«
Schöner Auftrag, kommentierte Belbo, kaum daß wir wieder in seinem Büro waren. Aber die Götter des Untergrunds schätzten uns. Genau in diesem Moment kam Lorenza Pellegrini herein, sonniger denn je, Belbo erglühte, sie sah die Prospekte und wurde neugierig.
Als sie von dem Projekt im Haus nebenan erfuhr, leuchteten ihre Augen auf. »Wie schön, ich hab einen unheimlich sympathischen Freund, einen Ex-Tupamaro aus Uruguay, der bei einer Zeitschrift namens Picatrix arbeitet, er nimmt mich immer zu den spiritistischen Séancen mit. Ich hab Freundschaft mit einem fabelhaften Hektoplasma geschlossen, jetzt fragt es immer gleich nach mir, wenn es sich mate-rialisiert!«
Belbo sah Lorenza an, als wollte er sie etwas fragen, ließ es dann aber bleiben. Ich glaube, er hatte sich daran gewöhnt, sie von den beunruhigendsten Bekanntschaften reden zu hö-
ren, und hatte beschlossen, sich nur noch über diejenigen zu beunruhigen, die einen Schatten auf seine Liebe zu ihr werfen konnten (liebte er sie?). Und in ihrem Hinweis auf Picatrix hatte er vermutlich weniger das Gespenst des Oberst Ardenti als das des allzu sympathischen Uruguayers gesehen. Doch Lorenza sprach schon von etwas anderem und enthüllte uns, daß sie oft in jene kleinen Buchhandlungen gehe, wo die Sorte Bücher verkauft würden, die in der Entschleierten Isis erscheinen sollten.
»Die sind nämlich eine Show, diese Läden«, sagte sie. »Da gibt’s nicht nur Bücher, da gibt’s auch Heilkräuter, und da gibt’s Anweisungen, wie man sich einen Homunkulus macht, so wie der Faust mit der Helena, ach Jacopo, machen wir uns doch mal einen, ich hätte so gern einen Homunkulus von dir, den halten wir uns dann wie einen Dackel. Es geht ganz leicht, heißt es in dem Buch, man braucht bloß ein bißchen männlichen Samen in einem Reagenzglas aufzufan-318
gen, das wird dir doch nicht schwerfallen, hoffe ich, he, nicht rot werden, Blödmann! Dann vermischt man’s mit Hippomene, das ist scheint’s so ‘ne Flüssigkeit, die wird sezerniert, sezessiert... wie sagt man?«
»Sekretiert«, sagte Diotallevi.
»Ach wirklich? Also ein Sekret von schwangeren Stuten, naja, das ist wahrscheinlich das Schwierigste an der Sache, wenn ich ‘ne schwangere Stute wäre, ich würd ja nicht wollen, daß jemand hergeht, um mir meine Hippomene abzu-zapfen, besonders wenn‘s jemand ist, den ich nicht kenne, aber ich glaube, das Zeug kriegt man auch zu kaufen, wie Räucherstäbchen. Dann tut man alles in einen Glaskolben und läßt es vierzig Tage gären, und langsam siehst du, wie sich so ‘ne kleine Figur bildet, ein kleiner Fötus, und nach weiteren zwei Monaten wird er ein süßer kleiner Homunkulus und kommt raus und ist dir zu Diensten — ich glaube, die sterben nie, stell dir vor, Jacopo, er bringt dir sogar noch die Blumen aufs Grab,
Weitere Kostenlose Bücher