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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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respektvolle Paraphrasen, doch ohne Erfolg.
    »Nun jedenfalls«, sagte Garamond, »machen wir uns doch nichts vor. Dieser Herr hatte kaum fünf Worte gesagt, da wußte ich schon, daß er für uns kein Kunde ist. Er. Wohl aber die, von denen er gesprochen hat, Autoren und Leser.
    Dieser Bramanti hat Überlegungen in mir bestärkt, die ich schon seit einigen Tagen anstelle. Hier, sehen Sie, meine Herren!« Mit theatralischer Geste zog er drei Bücher aus seiner Schreibtischschublade.
    »Diese drei Bücher sind in den letzten Jahren erschienen und alle sehr erfolgreich gewesen. Das erste ist englisch, ich habe es nicht gelesen, aber der Autor ist ein berühmter Kritiker. Und was hat er geschrieben? Sehen Sie auf den Unterti-tel: ein gnostischer Roman. Und nun dies hier: anscheinend ein Kriminalroman, ein Bestseller. Und wovon spricht er?
    Von einer gnostischen Kirche in der Gegend von Turin. Sie werden wissen, was für Leute diese Gnostiker sind...« Er hob abwehrend die Hand: »Nein, lassen Sie, das spielt keine Rolle, mir genügt zu wissen, daß sie etwas Dämonisches sind...
    Ich weiß, ich weiß, ich gehe vielleicht zu rasch vor, aber ich will nicht wie Sie reden, ich will wie dieser Bramanti reden.
    Ich spreche jetzt als Verleger, nicht als Professor für verglei-chende Gnoseologie oder wie das heißt. Was habe ich in Bramantis Diskurs an Lichtvollem gesehen, an Verheißungs-vollem, an Einladendem, ich sage noch mehr, an Kuriosem?
    Diese außergewöhnliche Fähigkeit zur Zusammenschau, er hat nicht von den Gnostikern gesprochen, aber Sie haben’s gehört, er hätte es ohne weiteres tun können, zwischen Geo-311
    mantie, Gerovital und Radames mit Merkurium. Und warum insistiere ich so darauf? Weil ich hier noch ein anderes Buch habe, von einer berühmten Journalistin, die unglaubliche Dinge erzählt, die in Turin geschehen, in Turin sage ich, der Stadt des Automobils: Hexereien, schwarze Messen, Teufelsbeschwörungen, und das alles für zahlendes Publikum, nicht für die Veitstänzer aus dem Süden. Casaubon, Belbo hat mir gesagt, daß Sie in Brasilien waren und die Satansriten der Wilden da unten gesehen haben... Gutgut, Sie können mir später sagen, was genau das gewesen war, aber es kommt auf dasselbe raus. Brasilien ist hier, meine Herren. Vorgestern habe ich selbst in eigener Person eine von diesen Buchhandlungen aufgesucht, wie hieß sie doch gleich, na egal, es kommt auf dasselbe raus, es war eine Buchhandlung, die vor sechs oder sieben Jahren noch Texte von Anarchisten, Revolutionären, Tupamaros, Terroristen, ich sage noch mehr, Marxisten verkaufte. Und nun? Was verkauft sie jetzt? Die Sachen, von denen Bramanti gesprochen hat. Es ist wahr, wir befinden uns heute in einer Zeit der Konfusion, und wenn Sie in eine katholische Buchhandlung gehen, wo es früher nur den Katechismus zu kaufen gab, dann finden Sie heute da auch die Neubewertung Luthers, aber wenigstens verkaufen die noch keine Bücher, in denen steht, daß die ganze Religion eine einziger großer Schwindel ist. Doch in den Buchhandlungen, von denen ich spreche, da findet man den gläubigen Autor neben dem un-gläubigen, alles wild durcheinander. Hauptsache, das Thema ist irgendwie, wie soll ich sagen...«
    »Hermetisch«, suggerierte Diotallevi.
    »Genau, ich glaube, das ist das richtige Wort. Da standen mindestens zehn Bücher über Hermes. Und so will ich nun über ein Hermes-Projekt sprechen. Begeben wir uns in den gewerblichen Zweig.«
    »Den Goldenen Zweig«, sagte Belbo.
    »Genau«, sagte Garamond, ohne die literarische Anspielung zu verstehen. »Es handelt sich um eine Goldader. Mir ist klargeworden, daß diese Leute alles fressen, solange es nur hermetisch ist, wie Sie sagten, solange es nur das Gegenteil dessen besagt, was in den Schulbüchern steht. Und ich glaube, es handelt sich auch um eine kulturelle Pflicht. Ich bin zwar kein Wohltäter aus Berufung, aber in diesen so 312
    finsteren Zeiten jemandem einen Glauben anzubieten, einen Blick auf das Übernatürliche... Der Verlag Garamond hatte schon immer eine wissenschaftliche Mission...«
    Belbo erstarrte. »Ich dachte, Sie dächten an Manuzio.«
    »An beide. Hören Sie. Ich habe mich in jener Buchhandlung umgesehen, und dann bin ich in eine andere gegangen, eine höchst seriöse, die jedoch ebenfalls ein Regal mit okkulten Wissenschaften hatte. Zu diesen Themen gibt es Studien auf universitärem Niveau, und sie stehen neben Büchern von Leuten wie diesem Bramanti. Und nun überlegen

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