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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Karpaten...
    Quatsch, sagte ich mir, solche Leute arbeiten nicht mit Computern, sie würden es mit dem Notarikon versuchen, mit der Gematrie, mit der Temurah, sie würden die Disketten wie die Torah behandeln. Und sie würden dafür so viel Zeit brauchen, wie seit der Abfassung des Sefer Jezirah vergangen ist. Dennoch war der Gedanke nicht unnütz: Sie hätten sich, wenn sie existierten, an eine kabbalistische Inspiration gehalten, und wenn Belbo von ihrer Existenz überzeugt war, könnte er denselben Weg gegangen sein.
    Um einen Anfang zu machen, probierte ich es mit den zehn Sefiroth: Kether, Chochmah, Binah, Chessed, Geburah, Tifereth, Nezach, Hod, Jessod, Malchuth, und zur Sicherheit nahm ich auch noch die Schechinah hinzu... Nichts, natürlich, es war die erste Idee, die jedem x-beliebigen hätte einfallen können.
    Immerhin, das Passwort musste etwas Naheliegendes sein, etwas, das einem ganz zwangsläufig einfällt, denn wer über einem Text arbeitet, und das so obsessiv, wie Belbo es in den letzten Tagen getan haben musste, kann sich dem Sprachuniversum, in dem er lebt, nicht entziehen. Es wäre unmenschlich, etwa zu meinen, Belbo hätte, während er über dem Großen Plan brütete, ein Wort wie, was weiß ich, Lincoln oder Mombasa gewählt. Es musste etwas sein, das irgendwie mit dem Großen Plan zusammenhing. Aber was?
    Ich versuchte mich in die mentalen Prozesse Belbos hineinzuversetzen. Er hatte beim Schreiben nervös geraucht und getrunken und sich umgeschaut. Ich ging in die Küche, goss mir den letzten Tropfen Whisky in das einzige saubere Glas, das ich fand, setzte mich wieder vor den Computer, lehnte mich zurück, legte die Füße auf den Tisch, trank mit kleinen Schlückchen (war das nicht die Art, wie Sam Spade es machte — oder war's eher Marlowe gewesen?) und ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Die Bücher waren zu weit entfernt, als dass ich die Titel auf den Rücken hätte lesen können.
    Ich trank den letzten Schluck Whisky, schloss die Augen, machte sie wieder auf. Vor mir an der Wand hing der barocke Stich. Es war eine typische RosenkreuzerAllegorie der Epoche, vollgepackt mit verschlüsselten Botschaften, auf der Suche nach den Mitgliedern jener Brüderschaft. Offensichtlich stellte sie den Tempel der Rosenkreuzer dar, in Form eines Turmbaus mit einer Kuppel, gemäß dem ikonographischen Modell der Renaissance, dem christlich jüdischen, in welchem der Tempel zu Jerusalem nach dem Muster der Omar-Moschee rekonstruiert wurde.
    Die Landschaft rings um den Turm war inkongruent und auf inkongruente Weise bevölkert, wie bei jenen Rebus-Bildern, auf denen man in der Mitte einen Palast sieht, im Vordergrund eine Kröte, daneben ein mit Säcken beladenes Maultier sowie einen König, der Geschenke von einem Pagen empfängt. Hier stieg links unten aus einem Brunnen ein Edelmann, an einen Flaschenzug geklammert, der über absurde Hebewinden, die durch ein rundes Fenster gingen, im Innern des Turms verankert war. In der Mitte unten ein Reiter und ein Wanderer, rechts ein kniender Pilger, der als Pilgerstab einen großen Anker trug. Am rechten Bildrand, dicht vor dem Turm, ein steiler Felsen, von dem ein Mann mit einem Schwert herabstürzte, und links gegenüber, perspektivisch verkleinert, in der Ferne der Berg Ararat mit der Arche darauf. Oben in den Ecken zwei Sterne, jeder in einer Wolke, die schräge Strahlen auf den Turm herabsandten, auf denen zwei Figuren schwebten, ein Nackter, umwunden von einer Schlange, und ein Schwan. In der Mitte über dem Turm ein geflügelter Strahlenkranz, gekrönt von dem Wort »Oriens« und mit hebräischen Lettern beschriftet, aus dem die Hand Gottes nach unten ragte, die den Turm an einem Faden hielt.
    Der Turm stand auf Rädern, er hatte einen quadratischen Hauptteil mit Fenstern, einem Tor und einer Zugbrücke auf der rechten Seite, darüber eine Art Brüstung mit vier kleinen Wachtürmen, jeder besetzt mit einem Bewaffneten, der einen Schild trug (beschriftet mit hebräischen Lettern) und einen Palmwedel schwenkte. Zu sehen waren jedoch nur drei Bewaffnete, den vierten verdeckte die Masse der achteckigen Kuppel, auf der sich ein gleichfalls achteckiger Aufbau erhob, aus welchem zwei große Flügel ragten. Darüber eine weitere, etwas kleinere Kuppel mit einem viereckigen Türmchen darauf, in dem durch hohe Bogenfenster mit schmalen Säulen eine Glocke zu sehen war. Schließlich noch eine kleine vierschalige Kuppel, auf welcher der Faden verankert war, den

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