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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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von autophagen Kometen, wie der Fressfisch in Yellow Submarine, du hältst eine Taste gedrückt, und die irreparablen Lettern flitzen rückwärts zu einem gefräßigen Wort und verschwinden in seinem Rachen, es saugt sie auf, und schlwrrldiwupp hat es sie verschlungen, und wenn du nicht aufhörst, verschlingt es sich selber, um sich an seinem eigenen Nichts zu mästen, ein Schwarzes Loch von Cheshire.
    Und wenn du etwas geschrieben hast, was die Scham nicht erlaubt, dann speicherst du's einfach auf der Diskette und gibst der Diskette ein Passwort, und niemand kann dich mehr lesen. Wunderbar für Geheimagenten, du schreibst die Nachricht, sicherst sie und verschließt sie, steckst dir die Diskette in die Tasche und gehst spazieren, und nicht einmal Torquemada wird je erfahren, was du geschrieben hast, nur du weißt es und der andere (der Andere?). Selbst angenommen, du wirst gefoltert: du tust einfach so, als wolltest du gestehen und das Passwort eingeben, statt dessen drückst du auf eine verborgene Taste, und die Nachricht ist nicht mehr da.
    O je, ich hatte etwas geschrieben, mein Daumen hat eine falsche Bewegung gemacht, und jetzt ist alles verschwunden. Was es war? Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur, ich habe kein Geheimnis enthüllt. Vielleicht beim nächsten Mal.
     

4
    Wer in den Rosengarten der Philosophen einzudringen versucht, ohne den Schlüssel zu haben, ist wie ein Mann, der ohne die Füße gehen will.
    Michael Maier, Atalanta Fugiens, Oppenheim, De Bry, 1618, Emblem XXVII
     
    Sonst gab es nichts Ausgedrucktes. Ich musste die Disketten am Bildschirm lesen. Sie waren durchnummeriert, und so beschloss ich, es mit der ersten zu probieren. Aber Belbo hatte von einem Passwort gesprochen. Er hatte Abulafias Geheimnisse immer sehr eifersüchtig gehütet.
    Tatsächlich erschien auf dem Bildschirm, kaum hatte ich den Computer eingeschaltet, eine Schrift, die mich fragte: »Hast du das Passwort?« Keine Befehlsformel, Belbo war ein höflicher Mensch,
    Eine Maschine kollaboriert nicht, sie weiß, dass sie das Wort bekommen muss, und wenn sie es nicht bekommt, schweigt sie. Allerdings so, als wollte sie sagen: »Hör zu, alles, was du wissen willst, habe ich hier in meinem Bauch, aber grab nur, grab, alter Maulwurf, du wirst es nie finden.« Nun, das werden wir ja sehen, sagte ich mir, du hast immer so gerne Permutationen mit Diotallevi gespielt, du warst der Sam Spade des Verlagswesens, wie Jacopo Belbo gesagt hätte, also finde den Falken!
    Bei Abulafia konnte das Passwort sieben Buchstaben haben. Wie viele Permutationen von sieben Buchstaben lassen sich mit den fünfundzwanzig Buchstaben des Alphabets bilden, einschließlich der Wiederholungen, denn das Passwort konnte ja sehr gut auch zum Beispiel »Kadabra« sein? Irgendwo gibt es die Formel dafür, und das Ergebnis müsste so um die sechs Milliarden sein. Selbst wenn ich einen riesigen Rechner gehabt hätte, der imstande gewesen wäre, mir sechs Milliarden Permutationen im Tempo von einer Million pro Sekunde zu liefern, hätte ich Abulafia eine nach der anderen eingeben müssen, um sie auszuprobieren, und ich wusste, dass Abulafia ungefähr zehn Sekunden brauchte, um nach dem Passwort zu fragen und es zu prüfen. Ich brauchte also sechzig Milliarden Sekunden. Da ein Jahr etwas mehr als einunddreißig Millionen Sekunden hat, sagen wir abgerundet dreißig, würde ich für die Arbeit etwa zweitausend Jahre brauchen. Nicht schlecht.
    Ich musste also mit Hypothesen arbeiten. An was für ein Wort konnte Belbo gedacht haben? Vor allem: war es ein Wort, das er gleich zu Anfang gefunden hatte, als er am Computer zu schreiben begann, oder eines, das er sich erst in den letzten Tagen ausgedacht hatte, als ihm bewusst wurde, dass die Disketten explosives Material enthielten und das Spiel, zumindest für ihn, nun kein Spiel mehr war? Dann hätte er ein ganz anderes Wort genommen.
    Die zweite Hypothese schien mir plausibler: Belbo fühlt sich verfolgt, er nimmt den Großen Plan ernst (so jedenfalls schien es am Telefon), also denkt er an etwas, das irgendwie mit unserer Geschichte zusammenhängt.
    Oder nein, gerade nicht: ein Begriff im Zusammenhang mit der Überlieferung hätte auch denen in den Sinn kommen können. Einen Moment lang dachte ich, vielleicht waren sie schon in diese Wohnung gekommen, hatten sich die Disketten kopiert und probierten jetzt gerade alle möglichen Kombinationen durch, irgendwo an einem fernen Ort. Am Supercomputer auf einem Schloss in den

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