Das Foucaultsche Pendel
war schon in Sorge.«
Wir formten und feilten weiter an dem Großen Plan, der sich wie weicher Ton unserer Fabulierlust fügte. Die Templer hatten das Geheimnis während jener schlaflosen Nächte entdeckt, die sie, Arm in Arm mit ihren Sattelgefährten, in der Wüste verbrachten, wo unerbittlich der Samum blies. Sie hatten es Stück für Stück denen entrissen, die das kosmische Konzentrationsvermögen des Schwarzen Steins von Mekka kannten, der ein Vermächtnis der babylonischen Magier war — denn nun war auch klar, daß der Turmbau zu Babel nichts anderes gewesen war als der Versuch, leider übereilt und zu Recht an der Hybris seiner Planer gescheitert, den größten Menhir aller Zeiten zu errichten, nur daß die babylonischen Architekten sich mit der Statik verrechnet hatten, denn hätte der Turm die geplante Höhe erreicht, so hätte sich wegen seines enormen Gewichts, wie Athanasius Kircher gezeigt hat, die Erdachse um neunzig Grad oder vielleicht noch mehr gedreht, und unser armer Planet wäre, statt aufrecht mit einer zum Himmel ragenden ithyphallischen Krone, gebeugt mit einem sterilen Appendix dagestanden, mit einer welken Mentula, einem pendelnden Affenschwanz, einer Schechinah, die sich in den schwindelnden Abgründen einer antarktischen Malchuth verlor, als schlaffe Hieroglyphe für Pinguine.
»Gut, aber worin besteht nun das von den Templern entdeckte Geheimnis?«
»Geduld, das finden wir auch noch heraus. Es hat sieben Tage gedauert, die Welt zu erschaffen. Suchen wir weiter.«
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The earth is a magnetic body; in fact, as some scientists have found, it is one vast magnet, as Paracelsus affirmed some 300 years ago.
(Die Erde ist ein magnetischer Körper; tatsächlich, wie einige Wissenschaftler entdeckt haben, ist sie ein einziger großer Magnet, wie es Paracelsus schon vor 300 Jahren behauptet hatte.)
Helene Petrovna Blavatsky, Isis Unveiled, New York, Bouton, 1877, I, p. XXIII
Wir suchten und fanden. Die Erde ist ein großer Magnet. Die Kraft und Richtung ihrer inneren Ströme werden unter anderem auch durch den Einfluß der Himmelskörper bestimmt, durch den Wechsel der Jahreszeiten, den Druck der Äquinoktien, die kosmischen Zyklen. Deshalb ist das System der Ströme veränderlich. Aber es muß sich mit ihm wie mit den Haaren auf dem menschlichen Kopf verhalten, die zwar auf der ganzen Schädeldecke wachsen, aber in Spiralen aus einem bestimmten Punkt am Hinterkopf zu kommen scheinen, aus dem Wirbel, wo sie am widerspenstigsten gegen den Kamm sind. Hat man den entsprechenden Punkt auf der Erde einmal identifiziert und die mächtigste Energiestation an ihm errichtet, so müsste man in der Lage sein, sämtliche unter-und innerirdischen Strömungen des Planeten zu kontrollieren, sie zu lenken und zu beherrschen. Die Templer hatten begriffen, daß es bei dem Geheimnis nicht nur darum ging, den globalen Plan der Erdstrahlen zu besitzen, sondern auch den kritischen Punkt zu kennen, den Omphalos, den Umbilicus Telluris oder Nabel der Welt, den Zentralen Befehlsstand.
Die ganze alchimistische Mythologie, der chthonische Abstieg des Schwarzen Werkes, die elektrische Entladung des Weißen Werkes, das alles waren nur Symbole, den Eingeweihten verständlich, für diese jahrhundertelange Auskultation des Erdballs, deren Endergebnis das Rote Werk sein müsste, die globale Erkenntnis, die strahlende Herrschaft über das planetarische Strömungssystem. Das Geheimnis, das wahre alchimistische und templerische Geheimnis bestand darin, den Quell und Ursprung jenes leisen inneren Bebens zu finden, das — sanft, erschreckend und regelmäßig vibrierend wie das Beben der Schlange Kundalini, in vielen Aspekten noch unbekannt, aber gewiss präzise wie ein Uhrwerk — den einzigen, wahren Stein kennzeichnet, der je vom Himmel ins Exil gefallen ist: die Große Mutter Erde.
Dies war es im übrigen, was Philipp der Schöne herausfinden wollte. Daher das boshafte Insistieren seiner Inquisitoren auf dem mysteriösen Kuss in posteriore parte spine dorsi. Sie wollten das Geheimnis der Kundalini. Von wegen Sodomie.
»Perfekt«, sagte Diotallevi. »Aber wenn man die tellurischen Strömungen lenken kann, was macht man dann mit ihnen? Einen Jux?«
»Na hören Sie«, sagte ich, »begreifen Sie nicht, was das heißt? Steck die größte und stärkste Akupunkturnadel in den Nabel der Welt, und du bist in der Lage, Regen-und Trockenzeiten vorauszubestimmen, Orkane zu entfesseln, Hurrikane, Erdbeben, Meeresbeben
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