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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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auszulösen, Kontinente zu spalten, Inseln versinken zu lassen (sicher ist Atlantis durch ein fehlgeschlagenes Experiment dieser Art versunken), Urwälder und Gebirge wachsen zu lassen... Stellen Sie sich das mal vor! Das ist was anderes als die Atombombe, die auch dem schadet, der sie abwirft. Aus der Kommandozentrale telefonieren Sie mit, was weiß ich, dem Präsidenten der USA und sagen: Mister President, bis morgen will ich eine Phantastillion Dollar, oder die Unabhängigkeit Lateinamerikas, oder Hawaii, oder die Vernichtung aller Atomwaffen, sonst bricht der San-Andreas-Graben in Kalifornien auf und Las Vegas wird eine schwimmende Spielhölle... «
    »Aber Las Vegas liegt in Nevada... «
    »Na wenn schon. Wer die Erdstrahlen kontrolliert, kann auch Nevada abbrechen lassen, auch Colorado. Und dann telefonieren Sie mit dem Obersten Sowjet und sagen, he, Freunde, bis Montag will ich den ganzen Kaviar von der Wolga, und dazu Sibirien als Lager für Tiefkühlware, sonst sauge ich euch den Ural weg, lasse das Kaspische Meer austrocknen, lasse Litauen und Estland abdriften und im Philippinengraben versinken... «
    »Wahrhaftig«, sagte Diotallevi. »Eine ungeheure Macht. Die Erde neu schreiben wie die Torah. Japan in die Karibik verlegen... «
    »Panik in Wall Street.«
    »Vergesst SDI. Vergesst die Umwandlung der Metalle in Gold. Mit der richtigen Ladung treibt man das Erdinnere zum Orgasmus, lässt man die Erde in zehn Sekunden vollbringen, was sie in Milliarden von Jahren vollbracht hat, und das ganze Ruhrgebiet wird eine Diamantmine. Eliphas Levi hat gesagt, die Kenntnis der Gezeiten und Ströme des Universums sei das Geheimnis der menschlichen Omnipotenz.«
    »So muß es sein«, sagte Belbo. »Es ist als verwandelte man die ganze Welt in eine Orgonkammer. Kein Zweifel, auch Wilhelm Reich war ein Templer.«
    »Alle waren es, außer uns. Zum Glück haben wir's gemerkt. Jetzt kommen wir ihnen zuvor.«
    Was mochte die Templer gehindert haben, ihr Wissen zu nutzen, nachdem sie das Geheimnis einmal entdeckt hatten? Sie mussten es ausbeuten, sicher. Aber vom Wissen zum Können ist es ein weiter Weg. Zuerst einmal, instruiert von dem diabolischen heiligen Bernhard, ersetzten sie überall die Menhire, diese dürftigen keltischen Akupunkturnadeln, durch die viel sensibleren und potenteren gotischen Kathedralen mit ihren unterirdischen Krypten, bewohnt von Schwarzen Jungfrauen in direktem Kontakt zu den radioaktiven Schichten, um so Europa mit einem Netz von Sende-Empfangsstationen zu überziehen, die einander die Stärken und Richtungen der unterirdischen Flüsse, die Launen und Spannungen der tellurischen Ströme mitteilten.
    »Ich sage Ihnen, sie haben die Gold-und Silberminen in der Neuen Welt entdeckt, haben dort Eruptionen provoziert und dann, durch entsprechende Lenkung des Golfstroms, die Bodenschätze an die portugiesische Küste abfließen lassen. Tomar war das Steuer-und Verteilungszentrum, der Fôret d’Orient das Hauptmagazin. So kam ihr ganzer Reichtum zustande. Aber das waren alles nur winzige Häppchen. Die Templer hatten begriffen, daß sie, um ihr Geheimnis voll auszubeuten, erst eine technische Entwicklung abwarten mussten, die mindestens sechshundert Jahre dauern würde.«
    Also hatten die Templer den Großen Plan so eingerichtet, daß erst ihre Nachfolger zu einer Zeit, wenn sie in der Lage sein würden, ihr Wissen gut zu gebrauchen, herausfinden könnten, wo sich der Umbilicus Telluris befand. Aber wie hatten sie die Fragmente der Enthüllung auf die in alle Welt verstreuten Sechsunddreißig verteilt? Waren es lauter Teile ein und derselben Botschaft? Wieso bedurfte es einer so komplexen Botschaft, um mitzuteilen, daß der Nabel der Welt zum Beispiel in Baden-Baden ist, oder in Cuneo, in Chattanooga?
    War es eine Karte? Aber eine Karte hätte ein Zeichen auf dem gesuchten Punkt, und wer das Fragment mit dem Zeichen besäße, wüsste schon alles und bräuchte die anderen Fragmente nicht mehr. Nein, die Sache musste komplizierter sein. Wir zerbrachen uns ein paar Tage den Kopf, bis Belbo beschloss, Abulafia zu fragen. Und der Orakelspruch lautete:
    Guillaume Postel stirbt 1581.
Bacon ist Viscount of Saint Albans.
Im Conservatoire ist das Foucaultsche Pendel.
    Es wurde Zeit, eine Funktion für das Pendel zu finden.
    Schon nach wenigen Tagen konnte ich eine ziemlich elegante Lösung vorschlagen. Ein Diaboliker hatte uns einen Text über das hermetische Geheimnis der Kathedralen vorgelegt. Dem Autor zufolge

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