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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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hatte.
    Sehr gut, hatte er geschrieben, ich werde also aus denselben Gründen von der Polizei gesucht, aus denen Diotallevi jetzt Krebs hat. Armer Freund, du stirbst, aber ich, der ich keinen Krebs habe, was tue ich? Ich fahre nach Paris, um den Grund der Wucherung zu suchen.
    Er ergab sich nicht gleich. Er schloss sich vier Tage lang in seiner Wohnung ein und ordnete seine files um und um, Satz für Satz, um eine Erklärung zu finden. Dann schrieb er seinen Bericht, schrieb ihn wie ein Testament, schrieb ihn für sich, für Abulafia, für mich oder für wen immer, der ihn irgendwann würde lesen können. Und am Dienstag ist er dann schließlich gefahren.
    Ich glaube, Belbo ist nach Paris gefahren, um denen zu sagen, dass es keine Geheimnisse gibt, dass das wahre Geheimnis darin besteht, die Zellen ihrer instinktiven Weisheit folgen zu lassen, und dass man, wenn man Geheimnisse unter der Oberfläche sucht, die Welt zu einem schmutzigen Krebsgeschwür reduziert. Und dass der Schmutzigste und der Dümmste von allen er selber war, der nichts wusste und sich alles bloß ausgedacht hatte — und es muß ihn viel gekostet haben, das zu sagen, aber er hatte sich schon zu lange mit dem Gedanken abgefunden, dass er ein Feigling war, und wie De Angelis ihm ja gerade erst wieder bewiesen hatte, gibt es nur sehr wenige Helden.
    In Paris muß er dann gleich beim ersten Kontakt mit denen gemerkt haben, dass sie seinen Worten nicht glaubten. Seine Worte waren zu einfach. Diese Leute erwarteten nun eine Enthüllung, andernfalls würden sie ihn töten. Aber Belbo hatte keine Enthüllung zu machen, er hatte nur — letzte seiner Feigheiten — Angst zu sterben. Und da hatte er versucht, seine Spur zu verwischen, und hatte mich angerufen. Aber sie hatten ihn geschnappt.

111
    C’est une leçon par la suite. Quand votre ennemi se reproduira, car il n’est pas à son dernier masque, congédiez-le brusquement, et surtout n’allez pas le chercher dans les grottes.
    (Das ist eine Lehre für später. Wenn euer Feind wieder auftaucht, denn er ist noch nicht bei seiner letzten Maske, weist ihn schroff ab, und geht ihn vor allem nicht in den Höhlen suchen.)
    Jacques Cazotte, Le diable amoureux, > 1772, in den folgenden Ausgaben gestrichen
     
    Und was, fragte ich mich in Belbos Wohnung, als ich seine Bekenntnisse zu Ende gelesen hatte, was muß ich jetzt tun? Zu Garamond gehen hat keinen Sinn, De Angelis ist abgereist, Diotallevi hat alles gesagt, was er zu sagen hatte. Lia ist weit, an einem Ort ohne Telefon. Es ist sechs Uhr morgens, Samstag, der 23. Juni, und wenn etwas geschehen muß, wird es heute Nacht geschehen, im Conservatoire.
    Ich musste eine rasche Entscheidung treffen. Warum, fragte ich mich vorgestern Abend im Periskop, warum hast du nicht einfach so getan, als wenn nichts wäre? Du hattest den Text eines Verrückten vor dir, der über seine Gespräche mit anderen Verrückten berichtete und über sein letztes Gespräch mit einem überreizten oder überdeprimierten Sterbenden. Du warst nicht einmal sicher, ob Belbo dich überhaupt aus Paris angerufen hatte, vielleicht war er nur ein paar Kilometer von Mailand entfernt gewesen, vielleicht in der Kabine an der Ecke. Warum musstest du dich auf eine vielleicht imaginäre Geschichte einlassen, die dich nicht berührte?
    Aber das fragte ich mich vorgestern Abend im Periskop, während mir die Füße einschliefen und das Licht schwächer wurde und ich die unnatürliche und allernatürlichste Angst empfand, die jedes menschliche Wesen empfinden muß, wenn es nachts allein in einem leeren Museum ist. Frühmorgens am selben Tag hatte ich keine Angst empfunden. Nur Neugier. Und vielleicht ein Gefühl der Pflicht, oder der Freundschaft.
    Und so hatte ich mir gesagt, dass auch ich nach Paris fahren musste, ich wusste zwar nicht genau, was ich dort tun sollte, aber ich konnte Belbo nicht allein lassen. Vielleicht erwartete er das von mir, nur dies eine: dass ich nachts in die Höhle der Thugs eindrang und, während Suyodhana sich anschickte, ihm das Opfermesser ins Herz zu stoßen, ihn mit meinen Mannen befreite.
    Zum Glück hatte ich ein bisschen Geld dabei. In Paris nahm ich ein Taxi und ließ mich in die Rue de la Manticore fahren. Der Taxifahrer fluchte lange, denn er fand sie nicht mal auf seinem Taxifahrerstadtplan, und tatsächlich war sie dann ein Gässchen, etwa so breit wie der Gang eines Eisenbahnwaggons, in der Gegend der alten Bièvre hinter Saint-Julien-le-Pauvre. Das Taxi

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