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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Offen gesagt, ich würde nicht dramatisieren, auch wenn es, gestatten Sie mir das zu sagen, für den Verlag Garamond unangenehm wäre, wenn einer seiner Angestellten, der beste, in eine trübe Geschichte verwickelt wäre. Sie sagen, dass jemand Sie in Paris haben will. Nun, ich will gar nicht in die Einzelheiten gehen, ich glaube Ihnen ganz einfach. Na und? Warum fahren Sie nicht einfach hin, ist es nicht besser, die Dinge sofort klarzustellen? Sie sagen, dass Sie mit einem Gentleman wie Doktor Agliè in — wie sagt man — Konflikt geraten sind. Ich will gar nicht wissen, was genau zwischen Ihnen beiden passiert ist, und ich würde nicht allzu viel nachgrübeln über diese zufällige Namensgleichheit, von der Sie mir gesprochen haben. Wie viele Leute auf dieser Welt mögen wohl Germain heißen oder so ähnlich, meinen Sie nicht? Wenn Agliè Ihnen sagen lässt, fahren Sie nach Paris, damit alles geklärt werden kann, nun, so fahren Sie doch nach Paris, es wird nicht der Weltuntergang sein. In den zwischenmenschlichen Beziehungen bedarf es der Klarheit. Fahren Sie nach Paris, und wenn Ihnen etwas auf dem Magen liegt, haben Sie keine Hemmungen, sagen Sie's. Was man im Herzen hat, soll man auch im Munde haben. Was sind denn das schon groß für Geheimnisse! Doktor Agliè grämt sich, wenn ich recht verstanden habe, weil Sie ihm nicht sagen wollen, wo sich eine bestimmte Landkarte befindet, ein Stück Papier, eine Botschaft, was weiß ich, etwas, das Sie haben und das Ihnen nichts nützt, während Agliè es womöglich zu Studienzwecken braucht. Wir alle stehen doch im Dienst der Kultur, oder täusche ich mich? Also geben Sie ihm diese Landkarte, diese Weltkarte, diese topografische Skizze, ich will gar nicht wissen, was es ist. Wenn ihm so viel daran liegt, wird er schon einen Grund dafür haben, sicher einen respektablen, ein Gentleman ist ein Gentleman. Fahren Sie nach Paris, ein kräftiger Händedruck, und alles ist gut. D'accord? Und quälen Sie sich nicht mehr als nötig. Sie wissen, ich bin immer hier.« Er betätigte die Sprechanlage: »Signora Grazia... Da sehen Sie, wieder nicht da, nie ist sie da, wenn man sie braucht! Mein lieber Belbo, Sie haben Ihren Ärger, aber wenn Sie wüssten, wie viel Ärger ich habe! Arrivederci, wenn Sie die Signora Grazia draußen sehen, schicken Sie sie zu mir rein. Und ruhen Sie sich ein bisschen aus, das rate ich Ihnen.«
    Belbo war hinausgegangen. Signora Grazia war nicht im Sekretariat, und er sah das rote Licht der Privatleitung von Signor Garamond aufleuchten, ein Zeichen, dass dieser gerade jemanden anrief. Belbo konnte der Versuchung nicht widerstehen (ich glaube, es war das erste Mal in seinem Leben, dass er eine solche Indiskretion beging). Er nahm den Hörer ab und horchte. Garamond sagte gerade: »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich glaube, ich habe ihn überzeugt. Er wird nach Paris kommen... War doch meine Pflicht. Wir gehören doch nicht umsonst zur selben spirituellen Ritterschaft.«
    Also gehörte auch Garamond zu dem Geheimnis. Zu welchem Geheimnis? Zu dem, das jetzt nur er, Belbo, enthüllen konnte. Und das nicht existierte.
    Es war Abend geworden. Er war zu Pilade gegangen, hatte ein paar Worte mit wer weiß wem gewechselt und hatte zu viel getrunken. Dann, am nächsten Morgen, ging er zu dem einzigen Freund, der ihm noch geblieben war. Er ging zu Diotallevi. Er ging sich Hilfe holen von einem Mann, der im Sterben lag.
    Und von diesem ihrem letzten Gespräch hat er in Abulafia einen fieberhaften Bericht hinterlassen, bei dem ich nicht sagen kann, was daran von Diotallevi und was von Belbo war, denn in beiden Fällen war es wie das Murmeln dessen, der die Wahrheit sagt, weil er weiß, dass es nicht mehr der Augenblick ist, sich etwas vorzumachen.

110
    Und so geschah es Rabbi Ismael ben Elischa mit seinen Schülern, die das Buch Jezirah studierten. Sie machten falsche Bewegungen und gingen rückwärts, bis sie selbst in der Erde versanken bis zum Nabel wegen der Kraft der Lettern.
    Pseudo-Saadja, Kommentar zum Sefer Jezirah
     
    Er war ihm noch nie so albinohaft erschienen, obwohl er fast keine Haare mehr hatte, auch weder Augenbrauen noch Wimpern. Sein Kopf sah aus wie eine Billardkugel.
    »Entschuldige«, hatte Belbo gesagt, »darf ich dir mit meinen Nöten kommen?«
    »Komm nur. Ich hab keine Nöte mehr. Nur noch Notwendigkeiten. Unabwendbare.«
    »Ich habe gehört, es gibt da jetzt eine neue Therapie. Diese Sachen fressen dich auf, wenn du zwanzig bist, aber

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