Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
Nachfahren der Templer von Provins, ans Ziel ihres Planes gelangt und nunmehr vereint, die von den sechs Siegeln verhüllten Geheimnisse miteinander vergleichen können, um endlich herauszufinden, wie sich die ungeheure Macht ausnutzen lässt, die der Besitz des Heiligen Grals verleiht? In England natürlich, es ist der magische Kreis von Stonehenge! Was sonst?«
    »O basta la« , sagte Belbo. Nur ein Piemontese kann die Gemütslage verstehen, in der man diesen Ausdruck höflichen Staunens vorbringt Keines seiner Äquivalente in anderen Sprachen oder Dialekten (Was Sie nicht sagen! Dis donc! Are you kidding?) kann das souveräne Desinteresse wiedergeben, den Fatalismus, mit dem er die unerschütterliche Überzeugung bekräftigt, dass die andern allesamt, und rettungslos, Kinder einer unbeholfenen Gottheit sind.
    Aber der Oberst war kein Piemontese und schien geschmeichelt von Belbos Reaktion.
    »Ja, sehen Sie? Das ist der Plan, das ist die Ordonation in ihrer wunderbaren Schlichtheit und Kohärenz. Und beachten Sie Folgendes: Nehmen Sie eine Karte von Europa und Asien, ziehen Sie die Linie, der die Etappen des Planes folgen, vom Norden, wo die Burg steht, nach Jerusalem, von Jerusalem nach Agarttha, von Agarttha nach Chartres, von Chartres an die Küsten des Mittelmeers und von da nach Stonehenge. Heraus kommt eine Zeichnung, eine Rune etwa in dieser Form.«

    The Seal of Focalor
    aus A. E. Waite, The Book of Black Magic, London 1898
     
    »Und was ist das?«, fragte Belbo.
    »Das ist dieselbe Rune, die einige der wichtigsten Zentren der templerischen Esoterik idealiter miteinander verbindet: Amiens, Troyes, das Reich des heiligen Bernhard an den Rändern des Forèt d'Orient, Reims, Chartres, Rennes-le-Château und den Mont Saint-Michel, eine weitere uralte druidische Kultstätte. Und dieselbe Zeichnung erinnert auch an das Sternbild der Jungfrau.«
    »Ich bin zwar nur Dilettant in Astronomie«, sagte Diotallevi schüchtern, »aber soweit ich mich erinnere, sieht die Jungfrau ganz anders aus und hat elf Sterne... «
    Der Oberst lächelte nachsichtig: »Meine Herren, meine Herren, Sie wissen besser als ich, dass alles davon abhängt, wie man die Linien zieht, und dass man sie dann als Wagen oder als Bär betrachten kann, ganz nach Belieben, und wie schwer es zu entscheiden ist, ob ein Stern noch zu einer Konstellation gehört oder nicht mehr. Sehen Sie sich die Jungfrau noch einmal an, betrachten Sie Spika als unteren Punkt, entsprechend der provencalischen Küste, nehmen Sie insgesamt nur fünf Sterne, und die Ähnlichkeit wird sie frappieren.«
    »Man muss nur entscheiden, welche Sterne man weglässt«, sagte Belbo.
    »Genau«, bestätigte der Oberst.
    »Hören Sie«, sagte Belbo, »wie können Sie ausschließen, dass die Treffen planmäßig stattgefunden haben und die Ritter bereits an der Arbeit sind, ohne dass wir es wissen?« »Ich sehe nirgendwo die Symptome, und erlauben Sie mir zu sagen: leider. Der Plan ist unterbrochen worden, vielleicht sind diejenigen, die ihn zu Ende fuhren sollten, nicht mehr da, vielleicht haben die Gruppen der Sechsunddreißig sich im Zuge einer weltweiten Katastrophe aufgelöst. Doch eine Handvoll Beherzter, die die richtigen Informationen hätte, könnte die Fäden wieder aufnehmen. Jenes Etwas ist noch da. Und ich suche nach den richtigen Männern. Deshalb will ich das Buch veröffentlichen: um Reaktionen hervorzurufen. Und gleichzeitig versuche ich mich in Kontakt mit Leuten zu setzen, die mir helfen können, die Antwort in den Mäandern des traditionellen Wissens zu suchen. Gerade heute wollte ich den größten Experten in diesen Dingen treffen. Doch leider, obwohl eine Leuchte, hat er mir nichts sagen können, auch wenn er sich sehr für meine Geschichte interessierte und mir ein Vorwort versprochen hat... «
    »Entschuldigen Sie«, sagte Belbo, »aber war es nicht ein bisschen unklug, Ihr Geheimnis jenem Herrn anzuvertrauen? Sie selbst haben doch von Ingolfs Fehler gesprochen... «
    »Ich bitte Sie«, antwortete der Oberst, »Ingolf war ein armer Tropf. Ich habe mich mit einem über jeden Verdacht erhabenen Gelehrten in Verbindung gesetzt. Einem Mann, der keine voreiligen Hypothesen wagt. Was Sie schon daran ersehen können, dass er mich gebeten hat, mit der Präsentation meines Werkes in einem Verlag lieber noch zu warten, bis er alle strittigen Punkte geklärt habe... Nun, ich wollte mir seine Sympathie nicht verscherzen und habe ihm nicht gesagt, dass ich zu Ihnen gehen

Weitere Kostenlose Bücher