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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Obersturmunddrang oder wie zum Teufel das hieß in den Opfertod getrieben hatte. Man musste ihn auf den Boden der Realität zurückholen.
    »Was schließen Sie daraus?«, fragte ich.
    »Junger Mann, sehen Sie's nicht mit eigenen Augen? Man hat vom Gral als einem Luziferischen Stein gesprochen und ihn in Zusammenhang mit der Figur des Baphomet gebracht. Der Gral ist eine Energiequelle, die Templer sind die Hüter eines energetischen Geheimnisses, und nun entwerfen sie ihren Plan. Wo werden sie ihre geheimen Sitze einrichten? Hier, meine Herren« — der Oberst sah uns mit komplizenhafter Miene an, als säßen wir in einer Verschwörerrunde —, »ich hatte eine Spur, eine falsche, aber nützliche. Ein Autor, der irgendwo ein Geheimnis aufgeschnappt haben musste, Charles-Louis Cadet-Gassicourt (und wie sich's trifft, stand sein Opus in Ingolfs Bibliothek), schreibt 1797 ein Buch, Le tombeau de Jacques Molay ou le secret des conspirateurs a ceux qui veulent tout savoir, in dem er behauptet, Molay habe, ehe er starb, vier geheime Logen gegründet, in Paris, in Schottland, in Stockholm und in Neapel. Diese vier Logen hätten sämtliche Monarchen vernichten und die Macht des Papstes zerstören sollen. Kein Zweifel, Gassicourt war ein exaltierter Träumer, aber ich bin von seiner Idee ausgegangen, um herauszufinden, wo die Templer wirklich ihre geheimen Sitze etablieren konnten. Ich hätte die Rätsel der Botschaft nicht lösen können, wenn ich nicht eine Leitidee gehabt hätte, das ist klar. Aber ich hatte eine, nämlich die auf zahllosen Evidenzen begründete Überzeugung, dass der templerische Geist seiner Inspiration nach keltisch war, druidisch, er war der Geist des nordischen Ariertums, das die Tradition mit der Insel Avalon identifiziert, dem Sitz der wahren hyperboreischen Kultur. Sie werden wissen, dass diverse Autoren die Insel Avalon mit dem Garten der Hesperiden gleichgesetzt haben, mit der Ultima Thule und dem Kolchis des Goldenen Vlieses. Nicht zufällig war der größte Ritterorden in der Geschichte der Orden vom Goldenen Vlies. Womit klar wird, was sich in dem Wort ›Donjon‹ verbirgt. Es ist die Nordische Burg, in der die Templer den Gral hüteten, vermutlich der sagenhafte Montsalvat.«
    Er hielt einen Augenblick inne. Er wollte, dass wir ihm an den Lippen hingen. Wir hingen.
    »Kommen wir zum zweiten Befehl: die Siegelbewahrer sollen dahin gehen, wo sich der oder diejenigen befinden, die etwas mit Broten machen. An sich ist die Angabe klar: der Gral ist der Kelch mit dem Blute Christi, das Brot ist der Leib Christi, der Ort, wo das Brot gegessen wurde, ist der Ort des Letzten Abendmahls, also Jerusalem. Undenkbar, dass die Templer sich dort unten, auch nach der Rückeroberung durch die Sarazenen, nicht eine geheime Basis gesichert hatten. Offen gestanden, zu Anfang hatte mich dieses jüdische Element in einem Plan, der ganz unter dem Zeichen der arischen Mythologie steht, einigermaßen verwirrt. Dann habe ich darüber nachgedacht und mir gesagt: Wir sind es, die Jesus noch immer als einen Ausdruck der jüdischen Religiosität betrachten, weil die römische Kirche es uns so lehrt. Die Templer wussten sehr wohl, dass Jesus ein keltischer Mythos ist. Der ganze Bericht der Evangelien ist eine hermetische Allegorie — Wiederauferstehung nach Verwesung in den Eingeweiden der Erde undsoweiter undsofort. Christus ist nichts anderes als das Elixier der Alchimisten. Andererseits wissen alle, dass die Trinität ein arischer Begriff ist — und sehen Sie, deswegen steht die ganze Templerregel, diktiert von einem Druiden wie Bernhard von Clairvaux, unter dem Zeichen der Dreizahl.«
    Der Oberst trank einen weiteren Schluck Wasser. Seine Stimme war heiser. »Kommen wir nun zu der dritten Etappe: das Refugium. Es ist Tibet.«
    »Und wieso Tibet?«
    »Nun, vor allem, weil Wolfram von Eschenbach am Ende erzählt, dass die Templer Europa verließen und den Gral nach Indien verbrachten. Zur Wiege des arischen Geschlechts. Das Refugium ist Agarttha. Sie werden doch sicher schon von Agarttha gehört haben, dem Sitz des Königs der Welt, der unterirdischen Stadt, von der aus die Herren der Welt den Gang der Menschheitsgeschichte beherrschen und lenken. Die Templer haben sich eins ihrer Zentren direkt an den Wurzeln ihrer Spiritualität geschaffen. Kennen Sie die Beziehungen zwischen dem Reich von Agarttha und der Synarchie?«
    »Ehrlich gesagt, nein... «
    »Na, ist auch besser so, es gibt Geheimnisse, die tödlich sein

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