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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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geheimnisvollen Kräften. Oftmals erscheint der Gral als gleitendes Licht ... Er ist ein Symbol, das für eine immense Kraft steht, für eine ungeheure Energiequelle. Er gibt Nahrung, heilt Wunden, blendet, streckt nieder ... Ein Laserstrahl? Mancher hat an den Stein der Weisen gedacht, den die Alchimisten suchten, doch selbst wenn es so wäre, was war der Stein der Weisen anderes als das Symbol einer kosmischen Energie? Die Literatur darüber ist endlos, aber es lassen sich unschwer einige unbestreitbare Merkmale ausmachen. Wenn Sie den Parzival des Wolfram von Eschenbach lesen, werden Sie sehen, dass der Gral darin so erscheint, als würde er in einer Burg der Templer gehütet! War Wolfram ein Eingeweihter? Ein Unvorsichtiger, der etwas ausgeplaudert hat, was er besser verschwiegen hätte? Doch nicht genug damit. Definiert wird dieser von den Templern gehütete Gral wie ein vom Himmel gefallener Stein: lapis exillis. Man weiß nicht recht, ob das ›Stein vom Himmel‹ (ex coelis) heißen soll, oder ob es von ›Exil‹ kommt. In jedem Fall ist es etwas, das von weither kommt, und manche haben gemeint, es könnte ein Meteorit gewesen sein. Was uns betrifft, ist die Sache klar: ein Stein. Was immer der Gral auch gewesen sein mag, für die Templer symbolisiert er den Gegenstand oder das Ziel des Plans.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, »aber nach der Logik des Dokuments müssten die Ritter sich doch zum sechsten Treffen bei oder auf einem Stein einfinden, nicht einen Stein finden.«
    »Auch dies wieder eine höchst subtile Ambivalenz, eine weitere leuchtende mystische Analogie! Gewiss ist das sechste Treffen auf einem Stein geplant, und wir werden noch sehen, auf welchem, aber auf diesem Stein, wenn die Weitergabe des Plans und die Öffnung der sechs Siegel vollendet ist, werden die Ritter erfahren, wo sie den wahren Stein finden können! Was im Übrigen ja das Wortspiel Christi ist: Du bist Petrus, und auf diesem Stein... Auf dem Stein werdet ihr den STEIN finden.«
    »So muss es sein«, sagte Belbo. »Bitte, fahren Sie fort. Casaubon, unterbrechen Sie nicht immerzu. Wir sind begierig, den Rest zu hören.«
    »Also«, sagte der Oberst. »Die evidente Bezugnahme auf den Gral hat mich lange glauben lassen, dass der Schatz ein immenses Lager an radioaktivem Material sei, womöglich von einem andern Planeten gefallen. Nehmen Sie nur zum Beispiel, in der Sage, die mysteriöse Wunde des Amfortas... Als wäre er ein Radiologe, der sich zu lange den Strahlungen ausgesetzt hat.. Und tatsächlich darf man sie nicht berühren. Warum nicht? Bedenken Sie, welche Erregung die Templer empfunden haben müssen, als sie ans Tote Meer gelangten — teeriges, schweres Wasser, auf dem man wie ein Korken schwimmt, und es hat heilende Kräfte... Sie könnten in Palästina ein Uranlager entdeckt haben, sie könnten begriffen haben, dass es sich nicht sofort ausbeuten ließ. Die Beziehungen zwischen dem Gral, den Templern und den Katharern sind von einem verdienstvollen deutschen Offizier wissenschaftlich erforscht worden, ich spreche von Otto Rahn, einem Obersturmbannführer der SS, der sein Leben damit verbracht hat, in großer Strenge über die europäische und arische Natur des Grals nachzudenken — ich will nicht sagen, wie und warum er sein Leben 1939 verlor, aber es gibt Leute, die versichern... eh bien, kann ich vergessen, was Ingolf widerfahren ist? Rahn zeigt uns die Beziehungen zwischen dem Goldenen Vlies der Argonautensage und dem Gral... kurzum, es ist evident, dass eine Verbindung zwischen dem mystischen Gral der Sage, dem Stein der Weisen (lapis!) und jener immensen Kraftquelle besteht, auf welche die Getreuen Hitlers an der Schwelle des Krieges und noch bis zum letzten Atemzug hofften. Beachten Sie auch, dass in einer Version der Sage die Argonauten eine Schale erblicken, eine Schale, sage ich, die über dem Weltenberg mit dem Lichterbaum schwebt! Die Argonauten finden das Goldene Vlies, und ihr Schiff wird in die strahlende Milchstraße des südlichen Sternhimmels verzaubert, wo sie mit dem Kreuz, dem Triangel und dem Altar Zeugnis von der Lichtnatur des Ewigen Gottes ablegen. Das Triangel versinnbildlicht die göttliche Trinität, das Kreuz das göttliche Liebesopfer, und der Altar ist der Tisch des Abendmahles, auf dem der Kelch der Wiedergeburt stand. Kein Zweifel, der keltisch-arische Ursprung all dieser Symbole ist unverkennbar!«
    Der Oberst schien von derselben heroischen Exaltation ergriffen, die seinen

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