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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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druckt, wenn es der Autor selbst finanziert. Er schien begeistert. Na, und vorhin erfahre ich, dass er gar nicht hingegangen ist. Dabei hatte er mir die Fotokopie der chiffrierten Botschaft hiergelassen, hier, sehen Sie. Er lässt das Geheimnis der Templer einfach so rumliegen, als wär's nichts! Diese Leute sind so.«
    In dem Augenblick klingelte das Telefon. Belbo nahm ab. »Ja? Am Apparat, ja, Verlag Garamond. Guten Tag. Bitte ... Ja, er ist gestern Nachmittag hergekommen, um mir ein Buch anzubieten ... Entschuldigen Sie, über Verlagsangelegenheiten kann ich prinzipiell nicht sprechen, wenn Sie mir bitte sagen würden ...«
    Er hörte ein paar Sekunden zu, dann sah er mich plötzlich kreideweiß an und sagte: »Der Oberst ist umgebracht worden oder so was in der Art.« Dann wieder in den Apparat: »Entschuldigen Sie, ich sprach gerade mit Casaubon, einem Mitarbeiter, der gestern bei dem Gespräch mit dabei war ... Ja, Oberst Ardenti ist hergekommen, um uns von einem Projekt zu erzählen, das er im Auge hat, eine Geschichte, die ich für reine Fantasterei halte, über einen angeblichen Schatz der Templer. Das waren Ordensritter im Mittelalter ...«
    Instinktiv legte er eine Hand über den Hörer, als wollte er das Gespräch abschirmen, dann sah er, dass ich ihn beobachtete, nahm die Hand weg und sagte zögernd: »Nein, Doktor De Angelis, dieser Herr hat von einem Buch gesprochen, das er schreiben wollte, aber nur ganz vage ... Wie? Alle beide? Jetzt gleich? Geben Sie mir die Adresse.«
    Er legte auf. Blieb ein paar Sekunden lang schweigend sitzen, nervös mit den Fingern auf den Schreibtisch trommelnd. »Tja, Casaubon, entschuldigen Sie bitte, ich hab Sie ganz unbedacht in die Sache mit reingezogen. Die Nachricht hat mich so überrascht. Es war ein Kommissar, ein gewisser De Angelis. Scheint, dass der Oberst in einer Pension gewohnt hat, und jemand sagt, er hätte ihn heute Nacht dort tot aufgefunden ...«
    »Sagt? Und dieser Kommissar weiß nicht, ob es stimmt?«
    »Ja, klingt komisch, aber der Kommissar weiß es nicht. Scheint, dass sie meinen Namen und die Verabredung gestern mit mir in einem Notizbuch gefunden haben. Ich glaube, wir sind ihre einzige Spur. Was soll ich Ihnen sagen? Kommen Sie, fahren wir hin.«
    Wir riefen ein Taxi. Unterwegs nahm mich Belbo am Arm. »Casaubon, vielleicht ist es ja nur ein Zufall. Jedenfalls mein Gott, vielleicht denke ich ja verquer, aber bei uns zu Hause sagte man immer ›besser keine Namen nennen‹ ... Es gab da so ein Krippenspiel, im Dialekt, das ich als Kind gesehen habe, so eine fromme Farce mit Hirten, bei denen man nicht recht wusste, ob sie aus Bethlehem waren oder aus den Hügeln von Asti ... Die drei Könige aus dem Morgenland kamen und fragten den Hirtenjungen, wie sein Padrone heißt, und er sagte: Gelindo. Als Gelindo das hörte, nahm er seinen Stock und gab dem Jungen eine Tracht Prügel, weil man, wie er sagte, keine Namen vor irgendwelchen Dahergelaufenen nennt.. Also jedenfalls, wenn Sie einverstanden sind: der Oberst hat uns nichts von Ingolf und von der Botschaft aus Provins erzählt.«
    »Wir wollen ja nicht wie Ingolf enden«, sagte ich und versuchte zu lächeln.
    »Ich wiederhole, es ist sicher bloß eine Dummheit. Aber aus gewissen Sachen hält man sich lieber raus.«
    Ich erklärte mich einverstanden, blieb aber beunruhigt. Schließlich war ich ein Student, der an Demonstrationen teilnahm, und eine Begegnung mit der Polizei machte mir Unbehagen. Wir gelangten zu der Pension. Keine der besseren, ziemlich weit draußen. Vor dem Haus Polizisten. Sie dirigierten uns sofort zu dem Appartement — wie sie es nannten — des Oberst Ardenti. Auf der Treppe weitere Polizisten. Sie führten uns in Nummer 27 (sieben und zwei macht neun, dachte ich). Zimmer mit Bett, Vorraum mit Tischchen, Küchenecke, Bad mit Dusche, ohne Vorhang, durch die halb offene Tür war nicht zu sehen, ob es auch ein Bidet gab, aber in einer Pension wie dieser war das wahrscheinlich der erste und einzige Komfort, den die Gäste verlangten. Fade Möblierung, nicht viel persönliches Zeug, aber alles wüst durcheinander, jemand musste in großer Eile Schränke und Koffer durchwühlt haben. Vielleicht die Polizei, mit den Beamten in Zivil und denen in Uniform zählte ich insgesamt zehn Personen.
    Ein noch ziemlich junger Typ mit ziemlich langen Haaren kam uns entgegen. »Ich bin De Angelis. Doktor Belbo? Doktor Casaubon?«
    »Ich bin nicht Doktor, ich studiere noch.«
    »Studieren Sie,

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